MotoGP: KTM denkt über neues Motorkonzept nach

Erstes Mai-Wochenende 1994: Kein Grund zum Feiern

Kolumne von Friedbert Holz
Marc Surer und Friedbert Holz

Marc Surer und Friedbert Holz

Das schwarze Wochenende von Imola erschütterte die ganze Motorsport-Gemeinde. Nicht nur im Formel-1-Fahrerlager herrschte nach den schlimmen Ereignissen eine ungewohnte Stille.

Es gibt Wochenenden, die bleiben einem für immer im Gedächtnis. Sie haben sich tief mental eingegraben, bleiben wohl ewig haften. Auch deshalb, weil sie in ihrer Brutalität den Beweis dafür erbracht haben, dass Motorsport – trotz aller Sicherheitsvorkehrungen – eine sehr gefährliche Art von Wettbewerb ist und bleibt.

Wir von BMW Motorsport waren am Wochenende des 30. April und 1. Mai 1994, vor jetzt 30 Jahren, in Berlin. Dort, auf der Avus, einer zweckentfremdeten Autobahnstrecke, sollte nach einer internen «Denkpause» – wir hatten uns nach dem Ende unseres DTM-Engagements 1992 vom Werkssport in Deutschland zurückgezogen – eine ganz neue Serie des ADAC starten: der Supertourenwagen-Cup mit Autos der Zweiliter-Vierzylinder-Klasse. Unser Kampfgerät dafür war der BMW 318is, dessen Silhouette bis auf ein etwas tiefer gelegtes Fahrwerk fast dem braven Serienauto glich.

So wollten es die Strategen aus der Marketing-Abteilung, gegen den Rat unserer Motorsport-Leute. Diese Experten hatten berechnet, dass ein Heckflügel deutlich mehr Abtrieb schaffen und damit das Auto schneller und vor allem für die Fahrer berechenbarer machen könnte. Ein solcher Spoiler aber verschreckte erst einmal die Freunde schöner Formen, also fuhren wir das erste Rennen ohne ihn.

Die Strafe folgte auf dem Fuße: Auf der schnellen Avus fuhr uns fast die gesamte Konkurrenz um die Ohren, vor allem unsere Wettbewerber aus Ingolstadt. Und prompt standen die drei Audi-Fahrer Frank Biela, Emanuele Pirro und Rinaldo Capello am Schluss auf dem Treppchen, unser bester Fahrer war der tapfere Belgier Thierry Tassin als Fünfter auf seinem privat gemeldeten BMW.

Dass die Stimmung bei uns aber schon am Samstag auf dem Tiefpunkt war, lag an jenem bösen Crash des parallel laufenden Formel-1-Qualifyings in Imola. Hier war Roland Ratzenberger, 1987 bei uns noch als Pilot in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft aktiv, mit seinem Simtek-Renner bei 300 km/h in eine Streckenbegrenzung geflogen – der sympathische Österreicher war sofort tot.

Die Kette schlechter Nachrichten aber sollte nicht abreißen. Denn nach dem Avus-Rennen, dem Frust am Sonntag, setzte ich mich zusammen mit unserem Rennleiter Marc Surer in den schicken Hospitality-Bus unseres Sponsors, um das Formel-1-Rennen im Fernsehen zu verfolgen. Ich hatte Zeit, denn erst am Abend sollte ich noch zu einem Lauf der Britischen Tourenwagen-Meisterschaft nach Snetterton fliegen. Marc war trotz des Ratzenberger-Unfalls gut drauf, weil seine damalige Frau Yolanda im Isert-BMW Platz zehn und so den ersten Championatspunkt eingefahren hatte.

Traurige Gewissheit

Aber die gute Laune sollte sich buchstäblich mit einem Schlag dramatisch ändern. Denn wir beide konnten vor dem Fernseh-Bildschirm nur fassungslos mitansehen, wie Formel-1-Star Ayrton Senna in seinem Williams in die Mauer gerast war, wie überall Trümmer herumflogen. Ich war sprachlos, doch Marc analysierte sofort und schonungslos: «Das hier geht nicht gut aus.»

Noch wollte ich nicht daran glauben, dass unser Sport schon wieder ein Opfer gefordert haben könnte. Da aus Imola keine wirklich seriösen Informationen kamen, machte ich mich auf den Weg zum Berliner Flughafen, immer noch mit den schrecklichen Unfall-Bildern im Kopf. Aus einem Fernsehgerät am Airport erfuhr ich dann schließlich das bislang nur Vermutete: Senna ist tot.

In Stansted bei London gelandet, nahm ich mir einen Mietwagen und fuhr Richtung Osten, etwa eine Stunde, kam im kleinen Ort Snetterton an. Normalerweise treffen sich in England die Fahrer vor dem Rennen in einer Kneipe, unabhängig von Marke und Herkunft. Das war auch diesmal so, aber als ich das Gasthaus betrat, war kein lautes Stimmengewirr zu hören, es herrschte eine fast unheimliche Stille im Raum. Die meisten Fahrer stierten nur stumm vor sich hin, nippten kurz an ihrem Pint Lagerbier und verdrückten sich dann wortlos auf ihre Zimmer.

Auch am Renntag, ich kam ins Fahrerlager – unglaubliche, ungewohnte Stille. Alle Fahnen waren auf Halbmast, kein gewohntes, hektisches Treiben. Über allem schien eine lähmende Glocke zu hängen, unter der die Protagonisten wie stumme Figuren vor sich hin tappten. Niemand schien sprechen zu wollen, schon gar nicht laut. Einzig die heiser kreischenden Vierzylinder-Motoren der Renntourenwagen gaben akustische Lebenszeichen, erschienen an diesem Morgen aber völlig nichtssagend, ja unwichtig.

So ging ein relativ undramatischer Lauf auf jenem ehemaligen Luftwaffenstützpunkt sehr still zu Ende, zudem mit einem Ergebnis, das für uns zum Vergessen war: Gabriele Tarquini gewann mit seinem Alfa Romeo 155, dessen teils Schwarz eingefärbte Motorhaube mit den Namen Ayrton und Roland versehen war, Steve Soper rettete mit einem achten Platz gerade noch die BMW-Ehre.

Wenigstens wurde Ayrton Senna nach diesem bösen Wochenende eine kleine Ehre zuteil. Viele der Kurven auf dem Snetterton-Kurs tragen – neben so martialischen Bezeichnungen wie Bomb Hole (Bombentrichter) – die Namen einiger berühmter Rennfahrer. Nach Senna aber ist mittlerweile die Start-Ziel-Gerade dort benannt.

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