MotoGP: KTM denkt über neues Motorkonzept nach

Hervé Poncharal: «10 bis 12 WM-Rennen würden reichen»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal

Hervé Poncharal

Niemand kann beurteilen, wann die MotoGP-Saison losgehen kann. Hervé Poncharal, Tech3-Teamchef und Präsident der Teamvereinigung IRTA, rechnet mit einem Rumpfprogramm.

Aller Voraussicht nach werden erst Ende März oder zu Ostern profunde Vorhersagen zur Eindämmung der Coronavirus-Krise möglich sein. Dann wird sich besser abschätzen lassen, ob im Juni wieder Großveranstaltungen möglich sein werden. Als sehr groß sollte man die Chancen für so eine Szenario nicht einschätzen.

Deshalb könnten alle Notfallpläne der WM-Promoter wie Dorna, Liberty Media und Infront Moto Racing bald Makulatur sein. Die Funktionäre der namhaften Rennserien mussten schon in den letzten Tagen ihre Ansichten fast stündlich revidieren. Die Formel 1 wollte gestern vor einer Woche noch in Melbourne fahren, in der folgenden Nacht wurde der Australien-GP aus dem Programm geklippt, inzwischen ist mehr als ein halbes Dutzend Formel-1-Rennen verschoben worden – bisher alle ohne neue Termine.

In der Formel 1 kann man sich Veranstaltungen ohne Zuschauer vorstellen, in der MotoGP mag sich damit bisher niemand wirklich anfreunden. In der Formel 1 wird auch diskutiert, ob man die Events notfalls auf zwei Tage beschränken soll, um buchstäblich jedes Wochenende fahren zu können, auch während des üblichen «shut down» in der Sommerpause.

Im MotoGP-Sport muss man sich wie in anderen Serien darauf vorbereiten, dass die Saison erst im August neu gestartet werden kann. So ein Szenario muss man nicht einmal als «worst case»-Szenario betrachten, obwohl zum Beispiel für Le Mans (normal am 17. Mai) vorläufig ein Ausweichtermin am 14. Juni vorliegt.

Die Krisenstäbe bei Dorna, IRTA und FIM tagen unaufhörlich rund um die Uhr, es werden dauernd neue Szenarien ausgeklügekt und wieder verworfen, zumal neben Italien auch Spanien und Frankreich extrem stark von Covid-19 betroffen sind.

Es erhebt sich längst auch die Frage, mit wie vielen Grand Prix man würdige Weltmeister küren könnte. «Mit zehn Rennen könnte man notfalls eine anständige Weltmeisterschaft durchziehen», meint KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer.

Im Vertrag zwischen Dorna und FIM sind mindestens 13 Grand Prix festgeschrieben, aber er betrifft nur die kommerzielle Vereinbarung zwischen den beiden Partnern. Er hat nichts mit der Frage zu tun: Was ist die Mindestanzahl Rennen für einen WM-Titel? Bisher hat noch niemand einen FIM-Paragraphen dazu entdeckt.

In der Cross Country Rallye-WM waren 2020 zum Beispiel nur fünf Events geplant, einer wurde schon abgesagt, der Titel kann trotzdem vergeben werden.

Die verschiedenen Notfallprogramme von FIM, Dorna und IRTA sehen vor, dass die WM notfalls bis Weihnachten oder sogar bis Januar 2021 ausgedehnt wird.

Es existieren auch in anderen Disziplinen saisonübergreifende Weltmeisterschaften, zum Beispiel in der Endurance-WM.

«Im Moment haben wir keine Ahnung, wie viele Grand Prix in dieser Saison stattfinden können», räumt Hervé Poncharal ein, der Red Bull-KTM-Tech3-Teambesitzer und IRTA-Präsident. «Am Ende gebe ich Pit Beirer recht. Vielleicht können wir von Glück reden, wenn wir zehn oder zwölf Rennen über die Bühne bringen können. Denn bisher weiß niemand, wann wir wieder loslegen können. Das kann im Juni sein oder im Juli. Wir dürfen nicht vergessen: Es ist noch nicht lange her, da bestand die Weltmeisterschaft nur aus zwölf Rennen. Das war zu den Zeiten von Rainey, Doohan, Schwantz und Gardner.»

«In besonderen Situationen wie heute müssen außergewöhnliche Entscheidungen getroffen und andere Maßstäbe angelegt werden», sagt der Franzose. «Selbst wenn es eine vorgeschriebene Mindestanzahl an Rennen gibt, können wir diesen Paragraph modifizieren, denn wir befinden uns in einer Krisensituation. Und wir müssen entsprechend handeln. Die Anzahl der Rennen macht mir für dieses Jahr kein Kopfzerbrechen. Denn das Wichtigste ist, dass wir in unserem Alltagsleben bald wieder einen Hauch von Normalität herstellen können.»

Es gibt viele Beispiele von Sportarten wie Ski, Radsport und Leichtathletik, in denen der WM-Titel in einem Event entschieden wird.

«Nur mit einem Rennen, ich glaube, das ist nicht Bestandteil unserer Geschichte und unserer DNA», meint Poncharal. «Ich glaube nicht, dass so ein Vorgehen fair wäre. Alles von zehn Rennen aufwärts wäre unter den heutigen Umständen eine richtige Meisterschaft. Ganz sicher.»

Poncharal hat aber in den letzten Tagen auch schon mehrmals betont: «Alles ist möglich. Momentan kann man nichts ausschließen.»

Bei der Frage, ob man im «worst case » die Weltmeisterschaft für ein Jahr aussetzen könnte, stutzt Poncharal für ein paar Sekunden.

Dann entgegnet er: «Ich ziehe es vor, nicht darüber zu spekulieren. Am Ende sind nicht wir diejenigen, die das entscheiden. Wir sind von den Regierungen und Behörden rund um die Welt abhängig. Wir sollten die Zuversicht nicht verlieren. Wir sollten uns vor Augen halten, was in China, Südkorea und Singapur passiert ist. Auch in Europa verringern sich die prozentuellen Zuwächse. Deshalb sage ich: Nur ein Rennen will ich mir nicht vorstellen. Eine Reduktion auf zehn oder zwölf Events, damit muss man sich in so einer Krise eventuell anfreunden. Lass‘ uns abwarten, wie es in drei Wochen aussieht. Es war absolut notwendig, überall Ausgangsbeschränkungen zu errichten. Jetzt müssen wir abwarten, wie rasch diese Maßnahmen Wirkung zeigen.»

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