24h Le Mans: Unglaubliche Rekordrunde von Toyota
Es war gegen 20:15 Uhr am Donnerstagabend, als in Le Mans Motorsport-Geschichte geschrieben wurde. Gerade hatte der gnadenlose Sonnenschein des Tages etwas nachgelassen und ein Hauch von Ruhe lag in der noch erhitzten Luft. Im Bereich der langen Hunaudières-Gerade stelle sich leichter Rückenwind ein, wohingegen bei den Porsche-Kurven (also genau dort wo Abtrieb gefragt ist) sich etwas Gegenwind breit machte. Und da die zweite Trainingssitzung zur diesjährigen Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans nach einer langen Unterbrechung gerade wieder freigegeben wurde, waren auch nur wenige Fahrzeuge auf der 13,629 Kilometer langen Strecke unterwegs. In der Toyota-Box erkannte man die vorherrschenden optimalen Bedingungen und schickte Kamui Kobayashi für einen Rekordversuch hinaus.
Der Japaner warf alles in die Waagschale und enttäuschte am Ende tatsächlich nicht. Als bei 3:14,791 Minuten die Stoppuhr zum halten kam, brach in der Toyota-Box unsagbarer Jubel aus. Kobayashi hatte den 'Circuit de la Sarthe' in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 251,882 km/h umrundet. Damit überbot er jenen Wert von Hans-Joachim Stuck aus dem Jahre 1985, der bei 251,815 km/h lag.
Jedoch als Stuck seine Bestmarke aufstellte, hatte der Kurs in Le Mans an einigen Stellen noch ein anderes Layout: Hinter dem Dunlop-Bogen ging es beispielsweise geradeaus in Richtung der 'Esses de la Forêt'. Bei Mulsanne gab es noch keinen Kreisverkehr – und vor allem war die lange Hunaudières natürlich noch nicht durch die beiden 1990 errichteten Bremsschikanen zerstückelt worden. Eigentlich dachte man somit, dass Stucks Marke aufgrund dessen ein Rekord für die Ewigkeit darstellen würde. Bis eben Kamui Kobayashi am Mittwochabend die Geschichtsbücher umzuschreiben wusste.
Der Richtigkeit halber sei an dieser Stelle jedoch noch erwähnt, dass der Toyota-Pilot die schnellste Durchschnittsgeschwindigkeit erzielte und es tatsächlich eine Le-Mans-Rundenzeit gab, die noch schneller als seine 3:14,791 Minuten war. Diese fuhr Jackie Olivier im Porsche 917LH im Jahre 1971 mit 3:13,6 Minuten. Doch damals war die Strecke auch nur 13,469 Kilometer lang und führte noch am 'Maison Blanche' vorbei.
Insgesamt gab es in der zweiten Qualifikationssitzung zur diesjährigen Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans sogar noch weitere Rekorde. So hatten es nun tatsächlich alle 60 teilnehmenden Fahrzeuge geschafft, unter der Marke von vier Minuten zu bleiben. Auch dies stellt einen großen Meilenstein in der Geschichte des so legendären Langstrecken-Klassikers dar. Außerdem fuhr Vitaly Petrov im Oreca 07 von Manor mit 3:25,549 Minuten gleichzeitig noch einen neuen LMP2-Rekord.
Auch sonst ging es während der Session ordentlich zur Sache. Die beiden Porsche 919 Hybrid haben sich mit Zeiten von 3:17,259 Minuten (Neel Jani) und 3:18,067 Minuten (Timo Bernhard) auf die Startplätze zwei und drei vorgeschoben. Nicht an der Zeitenjagd teilnehmen konnte der Toyota #8 von Sébastien Buemi, Anthony Davidson und Kazuki Nakajima, der gleich zum Anfang der Session schlagartig langsam wurde. Aufgrund eines Problems bei der Öl-Versorgung entschied sich die Toyota-Box sogar zu einem Motorwechsel.
In der GTE-Klasse hatte sich der Aston Martin von Darren Turner, Jonathan Adam und Daniel Serra zwischenzeitig auf den ersten Rang geschoben. Adam schaffte eine Runde von 3:51,860 Minuten und schob sich damit genauso wie der Ferrari 488 GTE von James Calado, Alessandro Pier Guidi und Michele Rugolo am bislang führenden Aston Martin von Nicki Thiim, Marco Sørensen und Richie Stanaway vorbei.
Am späten Abend folgt noch die dritte Qualifikation zu den 24 Stunden von Le Mans, nach der dann endgültig feststehen wird, in welcher Reihenfolge die 60 teilnehmenden Fahrzeuge am Samstag um 15:00 Uhr auf die Reise geschickt werden.