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KTM: Stefan Pierer erzählt die ganze Erfolgsstory

Von Günther Wiesinger
Stefan Pierer übernahm KTM nach dem Bankrott 1992. Er machte das größte Motorradwerk Europas und einen Global Player daraus. Gestern zog er die Bilanz von 27 Jahren.

Bei der Eröffnung der imposanten «KTM Motohall» in Mattighofen ließ der Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer gestern 66 Jahre Firmengeschichte Revue passieren. Der Steirer hat KTM nach einem Bankrott im Winter 1991/1992 auf Drängen von Motocross-Weltmeister Heinz Kinigadner übernommen. 160 Beschäftigte waren beim Neustart am 8. Januar 1992 noch im Werk, die Abnahme der geplanten Jahresproduktion von 6700 Stück wurde von den Importeuren in den USA (der 94-jährige John Penton war gestern dabei), in Italien (Farioli), von Royal Moto in Frankreich und Toni Stöcklmeier in Deutschland garantiert.

Der damalige Firmenchef Erich Trunkenpolz wollte das Familienunternehmen in den Jahren zuvor auf zusätzliche Standbeine stellen, er begann mit der Fahrraderzeugung und Kühlererfertigung.  Dadurch ging beim Kerngeschäft das Geld aus. Der Ex-ÖVP-Politiker Josef Taus sorgte mit seiner GIT Trust Holding für eine Art feindliche Übernahme und gab dem Werk durch lieblose Management-Aktionen und rätselhaften Personalentscheidungen den Rest.

Vor der Übernahme durch Taus habe KTM 1 Milliarde Schiling Umsatz und 500 Millionen Schilling Schulden gehabt, zum Zeitpunkt der Pleite sei es umgekehrt gewesen, berichten Zeitzeugen.

Übrigens: Gestern liefen sich Josef Taus und Erichs Witwe Erika wieder einmal über den Weg.

Schon im August 1991 sah Italien-KTM-Importeur Farioli den unausweichlichen Bankrott kommen. Tatsächlich legte Taus mit KTM im Dezember die größte Firmenpleite des Jahres in Österreich hin – die Schulden lagen bei 73 Millionen Euro. Hunderte Arbeitsplätze gingen verloren.

Pierer: «Ich bin damals im sogenannten Restrukturierungsgeschäft tätig gewesen. Ich wollte KTM damals restrukturieren und weitergeben. Aber zwei Personen haben mich dazu gebracht, mein unternehmerisches Leben im Innviertel zu verbringen, das waren Heinz Kinigadner und Gerald Kiska.»

Was in den 27 Jahren seither passiert ist, gilt als Paradebeispiel für unternehmerisches Geschick, Mut zum geschäftlichen Risiko, Leidenschaft für den Motorsport, Mitarbeiter-Motivation, den richtigen Riecher und viele weitere positive Eigenschaften des Konzernchefs Pierer, der inzwischen auch WP Suspension und Husqvarna gekauft oder übernommen hat und auch diese Firmen wieder zum Erfolg geführt hat.

261.500 Motorräder wurden 2018 von KTM/Husqvarna verkauft, mehr als 4300 Mitarbeiter sind weltweit bei KTM inzwischen beschäftigt, der Umsatz liegt jenseits von 1,5 Milliarden, und das Wachstum geht ungebremst weiter.

Stefan Pierer kam mit 34 Jahren zu KTM, damals galt er als Sanierer, der bankrotte Firmen übernahm, die gewinnbringenden Geschäftsbereiche aufteilte und dann in Einzelstücken mit Gewinn verkaufte.

Dieses Sanierer-Geschick kam Pierer 2008 und 2009 zugute, als bei KTM in der Weltwirtschaftskrise arg gebeutelt wurde und 25.000 unverkaufte Motorräder auf Halde standen. Pierer senkte rigoros die Kosten, zog sich aus der 125er- und 250er-Straßen-WM zurück – und rettete KTM nicht zuletzt dank einer Ausfallhaftung des Landes Oberösterreich in der Höhe von 33,6 Millionen Euro.

Ursprünglich wollte Pierer auch KTM nach der gelungenen Sanierung wieder verkaufen, wie er gestern erwähnte. Er brachte das Unternehmen 1996 erstmals an die Börse. Harley Davidson schwamm damals in Geld und trat als ernsthafter Kaufinteressent auf. Doch dann investierten die Amerikaner lieber in ein neues Werk in Manaus/Brasilien – und verzichteten auf die Übernahme des Konkurrenten in Österreich.

Mit bewegter Stimme, die manchmal zu versagen drohte, blickte Stefan Pierer gestern mit Stolz auf sein Lebenswerk.

Mattighofens Bürgermeister Friedrich Schwarzenhofer ist vor fünf Jahren mit der Idee eines KTM-Museums an Pierer herangetreten, denn der brachliegende Bauhof galt als Schandfleck mitten im Ortszentrum, unmittelbar neben dem Hauptplatz und gegenüber vom Stadthaus der Marktgemeinde mit 7257 Einwohnern. Seit gestern ist auch die genaue Adresse der imposanten Motohall offiziell: «KTM Platz 1».

«Das Schild nehme ich mit als Ansporn für meine Sportabteilung», freute sich der gut gelaunte Stefan Pierer.

Heute präsentiert sich die «KTM Motohall» (sie soll 50.000 bis 60.000 Besucher im Jahr anlocken) auf vier Etagen, sie ist in 3,5 Jahren Bauzeit und mit 21.000 Arbeitsstunden entstanden. Es wurden 11.400 Kubikmeter Beton und 4200 Quadratmeter Alufassaden verbaut. «Qualität war mir wichtiger als die Bauzeit», erklärte Firmenchef Pierer.

35 Millionen Euro wurden investiert, 15 Prozent davon haben Mattighofen und das Land Oberösterreich als Anschubfinanzierung zu den Kosten beigetragen. Die Baukosten betrugen 30 Millionen, 5 Millionen wurden für den Content ausgegeben – also für alle Ausstellungsstücke, die weltweit zusammengekauft oder erzeugt werden mussten. Pierers private Familien-Immobilien-Gesellschaft steuerte das restliche Eigenkapital für die Fertigstellung bei, denn dieses Prunkstück und Denkmal soll auch kulturellen, wirtschaftlichen, touristischen und gastronomischem Zwecken dienen und nicht das operative Wachstum des Motorradwerks einschränken oder gefährden.

Pierer: «Wir haben bei KTM in den letzten acht Jahren 250 Millionen Euro in die Infrastruktur, in Fabriken, Entwicklung und die Motorsport-Abteilung investiert. Eine Viertel-Milliarde! Wir haben in diesem Zeitraum 2000 neue Mitarbeiter eingestellt. Und jetzt haben wir mit der Motohall auch ein Gebäude für Schulungen und große Events, denn wir haben in diesem ländlichen Gebiet um Mattighofen 3600 Mitarbeiter beschäftigt. Wir können hier jetzt bis zu 420 Personen unterbringen und müssen bei Schulungen und Events nicht mehr nach Salzburg ausweichen. Wir haben ein multifunktionales Veranstaltungszentrum geschaffen mit einem hochqualitativen Gastronomiekonzept. Wir verwenden die Motohall in erster Linie für unseren internen Zwecke, wir können sie aber bei Bedarf auch befreundeten Firmen aus der Nachbarschaft wie AMAG oder Palfinger für Events anbieten.»

Bei der Eröffnung waren neben Bürgermeister Schwarzenhofer auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer («Die Motohall ist ein Gesamtkunstwerk») zu Gast, dazu Offroad-Legenden wie Roger DeCoster, Heinz Kinigadner, Joel Smets, Shane King, die Enduro-Helden Giovanni Sala und Juha Salminen, Dakar-Sieger Matthias Walkner, KTM-Motorsportchef Pit Beirer und die Road Racer Miguel Oliveira und Brad Binder; Pol Espargaró konnte wegen des Fluglotsenstreiks in Frankreich in Barcelona nicht starten.

«Wir werden auf dem geräumigen Vorplatz auch Public Viewing für MotoGP und die Dakar Rallye veranstalten», meint KTM-Vorstand Hubert Trunkenpolz, der zur Gründerfamilie des Unternehmens gehört und das «T» von KTM zum Firmennamen beisteuert. Das K kommt vom ehemaligen Mitbegründer Kronreif, das M steht für Mattighofen.

«Die Idee für dieses Projekt hatten wir schon 15 Jahre im Kopf», schilderte Pierer. «Der Auslöser und Verursacher war der Bürgermeister, der vor fünf Jahren zu uns gekommen ist und gesagt hat, der Bauhof wird nicht mehr gebraucht, das Grundstück steht zur Verfügung. »

Übrigens: Das Wort Museum ist inzwischen in diesem Zusammenhang verpönt. Pierer: «Die Erwähnung dieses Begriffs kostet jedes Mal 5 Euro.»

«Das Grundstück weist einen Höhenunterschied von 20 Metern auf, was dazu führte, dass dieses riesige Gebäude samt der Tiefgarage eigentlich in der Erde verschwindet. Man kriegt die vier Etagen von außen gar nicht wirklich mit», betont Pierer.

Für die Bespielung der Motohall wurde das Atelier Brückner aus Stuttgart engagiert, das die BMW Welt gezaubert hat und die Hyundai World in Korea. Dazu hat KTM-Designer Gerald Kiska das Projekt mit seiner Agentur und seinem Motorrad-Knowhow unterstützt.

Die Motohall erstreckt sich auf einer Ausstellungsfläche von 3000 Quadratmetern und ist barrierefrei, es gibt maximal vier Prozent Steigung, das Innere ist einer Rennstrecke nachempfunden, vom Start dreht man seine Runden und kommt an allen wichtigen Stationen vorbei, es existiert auch ein 360-Grad-Kino.

«Das Unternehmen KTM wird seit 66 Jahren vom Rennsport-Gedanken getrieben», stellte Stefan Pierer fest. «Der Motorsport verbindet die freiwillige mit der erzwungenen Innovation. In einer Kategorie wie der MotoGP siehst du alle 14 Tage, wo du stehst. Man kann sich vorstellen, was dann am Montag bei uns passiert… Das ergibt eine Dynamik. Der Motorsport ist unser zentraler Treiber und unser emotionaler Klebstoff. Das ist das Innerste von KTM, und das kommt in der Motohall perfekt zur Geltung.»

 

 
 
Allgemeine Informationen für die Besucher der KTM Motohall:

Öffnungszeiten KTM Motohall am 11. und 12. Mai: 9-18 Uhr

Öffnungszeiten KTM Motohall ab dem 14. Mai: Dienstag bis Sonntag, 9-18 Uhr

Öffnungszeiten Innovation Lab: Freitag 13-18 Uhr, Samstag und Sonntag 9-18 Uhr

Öffnungszeiten Restaurant „Garage“: Mittwoch, Donnerstag und Sonntag, 11-22 Uhr

Freitag und Samstag, 11-23 Uhr
Der reguläre Geschäftsbetrieb der „Garage“ sowie der „Pit Box“ beginnt ebenfalls am 14. Mai 2019.

Eintrittspreise KTM Motohall
• Erwachsene 10 Euro (ermäßigt 7 Euro)
• Kinder bis 14 Jahre: freier Eintritt
• Familienticket: 25 Euro

Preise KTM Motohall Führungen (zzgl. Eintrittspreis)
• Geführte Tour: 5 Euro / Person
• Individuelle Tour: 90 Euro / Gruppe bis 20 Personen
Online Ticketbuchungen sind ab dem 13. Mai möglich.

Aktuelle Informationen zu den Führungen & Preisen: www.ktm-motohall.com

Allgemeine Anfragen: info.motohall@ktm.com

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