MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Marc Márquez: «Gresini hat mich wieder aufgebaut»

Von Frank Weeink
Marc Márquez mit seinem Bruder und Teamkollegen Alex auf dem Podium

Marc Márquez mit seinem Bruder und Teamkollegen Alex auf dem Podium

Im Interview spricht Marc Márquez über Rückschläge, schwere Zeiten, seinen Abschied vom Repsol Honda Team und darüber, wie ihn sein neues Team Gresini in schwierigen Zeiten wieder aufgebaut hat.

Lange hielt man es nicht für möglich, dass Marc Márquez das Repsol Honda Team verlassen würde. Aber der Spanier tat es trotzdem, um den Spaß am Fahren neu zu entdecken. Dieses Ziel hat er erreicht. Nach neun Grand Prix-Wochenenden liegt er an dritter Stelle in der Meisterschaft und für nächstes Jahr hat er den ultimativen Traumvertrag im Ducati-Werksteam.

Am Sonntag, den 19. Juli 2020, veränderte sich das Leben von Marc Márquez. Während er als amtierender Weltmeister den Großen Preis von Spanien anführte, machte er einen Fehler und kam von der Strecke ab. Der Repsol Honda-Fahrer kämpfte sich von Platz vierzehn an das Hinterrad des zweiten Mannes Maverick Viñales zurück. Doch dann aber geschah die Katastrophe: Márquez stürzte und brach sich den rechten Oberarm. Es folgte eine Tortur mit vielen Operationen.

Darüber hinaus erwies sich die Honda RC213V, mit der er sechs Weltmeistertitel und 56 GPs gewann, nicht mehr als die Siegermaschine der Vorjahre. Der alte Freund wurde zum Feind, der ihn hart angriff, selbst wenn Márquez nicht damit rechnete. Nach fünf Stürzen im Training, im Qualifying und im Warm-up für den Großen Preis von Deutschland 2023 schien Márquez gebrochen zu sein und zog sich aus dem Rennen zurück. Eine Woche später gelang ihm dies in Assen nach weiteren Stürzen.

Unterdessen kursierten Gerüchte, Márquez wolle seinen bis 2024 laufenden Vertrag bei Honda nicht beenden. Nachdem, was er als «romantisches Podium» bei Hondas Heimrennen in Motegi bezeichnete, bestätigte Márquez, dass er Honda verlassen würde, um sich seinem jüngeren Bruder Alex im Satellitenteam von Gresini Racing anzuschließen. Der mittlerweile 31-jährige Spanier hat sich auf einer einjährigen Ducati GP23 wieder voll entfaltet.

Marc, du hast in diesem Jahr oft gesagt, dass du einen Plan hast. War Plan A, einen Vertrag mit dem Ducati-Werksteam zu unterschreiben?

Marc Márquez: «Als ich mich entschied, zum Gresini-Team zu gehen, boten sie mir die Chance. Honda erlaubte mir diesen Schritt und ich dafür möchte mich auch bei Honda bedanken. Natürlich diente dieser Schritt zunächst dazu, mein Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Das Gresini-Team hat eine Atmosphäre geschaffen, um mich als Fahrer wieder aufzubauen, und das haben sie gemacht: Sie haben mich wieder aufgebaut. Binnen nur sechs oder sieben Rennen sind sie in meiner Karriere sehr wichtig geworden. Dann war der Plan, die neueste Version der Ducati zu haben, weil ich glaube, dass die Ducati das beste Motorrad ist. Ich hatte zwei Szenarien, mit denen ich mich wohlfühlte. Die erste bestand darin, auf einem 2025er-Bike beim Gresini-Team zu bleiben, aber das war nicht möglich. Der zweite Plan, oder... der beste, war, mit einer Werksmaschine zum Werksteam zu gehen. Das war der perfekte Plan. Als Ducati mir mitteilte, ich sei einer der Kandidaten für das Team in 2025, war das schon eine Freude. Ich habe zwar in der Vergangenheit viel gewonnen, aber das Leben eines Sportlers ist die Gegenwart, nicht die Zukunft und nicht die Vergangenheit. Letztendlich haben sie beschlossen, mir die Chance zu geben, und ich bin superglücklich. Aber es gibt dieses Jahr noch viele Rennen und es wird noch viele Möglichkeiten geben, um interessante Sachen zu schaffen mit dem Gresini Team, denn sie sind ein super gutes Team und eine super Familie.»

Du hast gesagt, sie hätten dich wieder aufgebaut. Wie haben sie das gemacht?

«Vor einem Jahr habe ich nach dem Rennen in Assen an Aufhören gedacht. Das wäre ein katastrophales Ende meiner Karriere gewesen. Aber zum Glück gab es nach diesem Rennen eine lange Sommerpause und ich hatte genug Zeit, meinen Körper und meinen Geist und meine Mentalität wieder aufzubauen. Das hat mir sehr geholfen, mit einem anderen Ansatz in die zweite Saisonhälfte zu starten. Wenn ich damals aufgehört hätte, hätte ich immer die Frage im Kopf gehabt: ‘Was wäre, wenn ich ein anderes Motorrad haben könnte, was wäre, wenn ich etwas länger warten würde, was wäre, wenn ich den Druck hoch halten würde?’... Honda hat mich verstanden und sie haben auch verstanden, dass sie selbst Zeit brauchten. Aber im Repsol Honda Team hatte ich meine Freunde und die Atmosphäre in der Garage war super gut. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir jedoch keine Maschine, mit der man Rennen gewinnen konnte. Honda wird in Zukunft wieder eine gute Maschine haben, aber ein Racer hat keine Zeit. Bei Gresini wusste ich, dass sie das Motorrad hatten, und für einen Fahrer ist das das Wichtigste. Sie hatten auch eine sehr gute Gruppe von Menschen. Das gab mir die Chance, die Saison ohne Druck zu beginnen. Denn wenn man innerhalb eines Werksteams erneut anfängt, gibt es Druck, und diese Saison war nicht der richtige Zeitpunkt, mit diesem Druck umzugehen. Ich hoffe und wünsche mir, dass ich diesen Druck in Zukunft noch mal wieder spüren werde, aber nicht 2024.»

Du wolltest den Spaß am Rennsport wiederfinden. Bedeutet das, dass du in einem tieferen Loch stecktest, als wir alle dachten? Die meisten Leute dachten wahrscheinlich, dass du kämst wieder zurück an der Spitze.

«Man kann wieder an der Spitze kommen, wenn man in einem Loch steckt. Aber wenn man in einem Loch mit vielen Steinen steckt – und mit Steinen meine ich Verletzungen – wird es super schwierig, aus diesem Loch herauszukriechen. Jeder Sportler mit einer Karriere von fünfzehn Jahren wird so ein Loch erleben. Ich hatte große Probleme. In den letzten vier Jahren habe ich mir Rippen und Daumen gebrochen und Bänder gerissen und musste viermal am rechten Arm operiert werden. Alle drei Rennen hatte ich eine Verletzung. Daher wurde es sehr schwierig, zu genießen, was ich tat, und es war extrem schmerzhaft. Und gleichzeitig blieben die guten Nachrichten, die guten Ergebnisse aus. Und die braucht man als Fahrer. Man sollte nicht vergessen, dass ich von 2013 bis 2019 eine Traumkarriere hatte. Ich habe sechs Meisterschaften gewonnen und in dem Jahr, in dem ich den Titel verlor, war ich Dritter. Damals gab es fast nur gute Nachrichten.»

Den zweiten Teil des Interviews finden Sie morgen auf SPEEDWEEK.com.

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