24h Le Mans: Das erwartet uns heute beim Vortest
Die 60 Fahrzeuge für die 24h von Le Mans 2018
Der Vortest zu den 24 Stunden von Le Mans hat elementare Auswirkungen auf das eigentliche Rennen, welches am Wochenende des 16./17. Juni ausgetragen wird. Denn nur an diesem Tag können die Teams adäquate Daten sammeln, die in der Rennwoche dringend benötigt werden. Das liegt daran, dass die Strecke in Le Mans zu ziemlich genau zwei Drittel aus öffentlichen Landstraßen besteht. Und diese werden nur für den Vortest und die Rennwoche abgesperrt. Somit sind weitere unterjährige Testfahrten auf dem legendären 'Circuit de la Sarthe' absolut unmöglich. Nach aktuellem Stand ist für den ganzen Sonntag in und um Le Mans keinen Regen gemeldet. Das kommt den Ingenieuren der Teams natürlich sehr entgegen, da die Zeit zur Findung eines passenden Setups natürlich maximiert ist.
Wichtige Themen bei der Abstimmungsarbeit sind das Einstellen der Aufhängung, der Dämpfer- und Federelemente, des Stabilisators und des Sturzes. Auch die Bremsen bzw. die Bremsbalance stehen im Fokus, ebenso wie das Arbeiten mit den drei in Le Mans zur Verfügung stehenden Reifenmischungen. Neben den Abstimmungsarbeiten nutzen die Teams den Tag auch zur Einspielung der Fahrerwechsel. Da seit dieser Saison das Nachtanken und der Reifenwechsel gleichzeitig stattfinden dürfen, sind die Standzeiten beim Boxenstopp im Rennen erheblich kürzer. Somit haben die Piloten auch weniger Zeit, den Platz im Cockpit zu tauschen.
Besonders in der ersten der beiden heutigen Trainingssessions, die von 9.00 bis 13:00 Uhr stattfindet, sollten noch keine Top-Zeiten möglich sein. Das liegt größtenteils an den noch sehr verschmutzten Streckenbereiche, die normalerweise als öffentliche Landstraßen dienen. Das Grip-Niveau wird sich somit erst im Laufe des Tages verbessern, wenn die 60 teilnehmenden Fahrzeuge ordentlich Gummi auf die Piste gelegt haben. An das Grip-Niveau der Rennwoche wird der Kurs beim Vortest aber nicht herankommen. Somit stehen potentielle Rekordrunden außer Frage.
Doch selbst wenn die Strecke in einem perfekten Zustand wäre, würden die Teams nicht alles das zeigen, was sie könnten. Denn in Zeiten der EoT (LMP1-Klasse) bzw. BoP (GTE-Klassen) würden zu schnelle Rundenzeiten die Regelhüter dazu animieren, Anpassungen bei der Einstufung für die Rennwoche vorzunehmen.
Ein Auge haben die Hüter über die Regeln Insbesondere auf die LMP1-Klasse. So wurde bislang lediglich der maximale Benzindurchfluss für die Rennwoche festgelegt. Spritverbrauch pro Runde, Tankgröße und Dicke des Tankschlauchs werden aufgrund der Resultate des Vortests fixiert. Das schürt ein potentielles Zurückhalten von Performance (Sandbagging) seitens der privaten LMP1-Fraktion natürlich noch mehr.
In der großen Klasse werden heute erstmals alle zehn LMP1 auf Zeitenjagd gehen. Auch die beim Saisonauftakt in Spa-Francorchamps nur Installationsrunden fahrenden Ginetta G60 geben nun endlich Gas. Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich die britischen Boliden im Vergleich zur privaten Konkurrenz schlagen. Der Nichtantritt im Rennen von Spa-Francorchamps hat natürlich verhindert, das brandneue Fahrzeug besser kennenlernen zu können. Zwischen Spa und dem Vortest hat Ginetta zudem nur einen Geradeaus-Fahrtest auf einem Flughafen absolviert.
Interessant werden auch die Top-Speed-Werte sein. Beim letztjährigen Vortest ging der Spitzenwert mit 341,3 km/h an einen LMP2-Dallara. Beim Saisonauftakt in Spa hatten diesbezüglich jedoch die LMP1 die Nase vorne. Mit 328,4 km/h ging der Bestwert in Belgien an den BR1 von SMP Racing. Dieses Fahrzeug ist übrigens ebenfalls bei Dallara in Italien entstanden. Das zeigt, welche Grundphilosophie der italienische Hersteller bei der Entwicklung seiner Sport-Prototypen einschlägt. Die BR1 wurden für Le Mans jedoch aerodynamisch leicht zurück gerüstet. Als Folge des Überschlags von Pilot Matevos Isaakyan beim Rennen in Spa musst etwas mehr Downforce auf die Vorderachse gebracht werden. Diese Umstellung kostet jedoch Top-Speed auf der Gerade.
Aus den beim Vortest erzielten Rundenzeiten der GTE-Klasse wird es wenig herauszulesen geben. Die BoP steht hier im Mittelpunkt aller Aktionen. Keines der Teams wird sich die Blöße geben, eine zu schnelle Runde zu drehen. Das bedeutet, dass erst in der Rennwoche wirklich etwas valides über die Favoriten-Rolle gesagt werden kann. Wichtig ist der Vortest aber vor allem für Aston Martin und BMW. Beide Hersteller treten 2018 mit komplett neuen Fahrzeugen an. Folglich können sie im Gegensatz zur Konkurrenz von Corvette, Ford, Ferrari und Porsche nicht auf Erfahrungswerte aus den Vorjahren zurück greifen. Für Aston Martin und BMW ist es beim Vortest somit elementar, dass keine Crashes passieren, da der Verlust eines Fahrzeuges wichtig benötigte Streckenzeit kostet.
Die erste Session des Vortests geht von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr. Am Nachmittag wird dann nochmals von 14:00 bis 18:00 Uhr gefahren.