Sébastien Buemi: «Ich liebe und ich hasse Le Mans»
Sébastien Buemi fährt die 24h von Le Mans für Toyota
Toyota verfügt in der diesjährigen Saison der FIA WEC über einen absolut starken Werksfahrer-Kader. Die beiden Japaner Kamui Kobayashi und Kazuki Nakajima gelten als das Schnellste, was das Land der aufgehenden Sonne zu bieten hat. Vollgas-Tier Mike Conway ist über jeden Zweifel erhaben und auch der dreimalige Tourenwagen-Weltmeister José María López kommt immer besser zurecht. Mit Fernando Alonso ergänzt 2018 zudem ein aktueller Formel-1-Pilot das Ensemble. Über allen thront der Schweizer Sébastien Buemi, den Team Direktor Rob Leupen als die absolute Benchmark bezeichnet. Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com blickt Buemi auf die anstehenden 24 Stunden von Le Mans, die als das große Highlight der FIA WEC gelten.
Herr Buemi, nach dem Ausstieg der anderen LMP1-Werksteams hat Toyota nun die absolute Favoritenrolle bei den 24 Stunden von Le Mans inne. Können Sie sich 2018 nur selbst schlagen?
«Ich wünsche mir ein gutes Rennen. Wir haben uns perfekt darauf vorbereitet. Die Frage, die sich stellt ist, ob wir schnell genug sind, um der Konkurrenz davon zu fahren. Das gilt besonders für Le Mans. Wie immer ist unser Ziel, den Klassiker zu gewinnen. Aber wir sind uns bewusst, dass das Rennen auch ohne Porsche und Audi nicht einfach sein wird.»
Die letzten Jahre war Toyota in Le Mans regelrecht vom Pech verfolgt. In manchen Kulturen wird in solchen Situationen ein Gebet zum Himmel geschickt. Haben Sie das bei Toyota genauso gemacht, damit es 2018 endlich mit dem Sieg klappt?
«Ich gehöre nicht zu den Personen, die sagen, dass die Ereignisse in Le Mans reines Pech waren. Wir haben in der Vergangenheit auch einige Fehler gemacht. Das muss jetzt aufhören. 2018 sind wir seit Januar am Testen. Dabei haben wir nicht nur auf die reine Performance geschaut, sondern auch andere Prozesse angesehen, wie zum Beispiel das Auto bei Problemen zurück an die Box zu bringen. Außerdem haben wir uns noch mehr mit dem Elektromotor auseinandergesetzt.»
Mannschaftsgefährte Kamui Kobayashi hat 2017 eine 3:14er Runde in Le Mans geschafft. Können wir uns 2018 auf die nächste Rekordrunde von Toyota freuen?
«Das Auto ist das Gleiche wie im letzten Jahr. Warum sollte damit keine gleich schnelle oder sogar schnellere Runde gefahren werden? Es ist natürlich auch klar, dass Kamui bei seinem Rundenrekord keinen Verkehr hatte. Das soll heißen, dass die äußeren Bedingungen perfekt passten. Ob wir in diesem Jahr nochmal solche Bedingungen vorfinden werden, weiß ich natürlich nicht. Aber warum nicht? Alles ist möglich. Das Auto hat sich seit Le Mans 2017 sogar noch leicht verbessert. Ich wüsste von daher keinen Grund, warum wir nicht wieder einen Rekord aufstellen sollten.»
Sowohl in Spa-Francorchamps wie auch in Le Mans fährt Toyota mit dem Low-Downforce-Paket. Welche Herausforderungen stellen sich damit an den Piloten?
«Tatsächlich ist es sogar einfacher damit zu fahren, da wir auf den Geraden viel schneller unterwegs sind. Einfacher deswegen, weil das Überholen viel leichter von der Hand geht. Wenn ich als Pilot mit mehr Downforce fahre, komme ich zwar schneller durch die Kurven, bin aber langsamer auf den Geraden. Die Fuel-Cuts sind auch viel größer. Dafür musst du mit High-Downforce aber auf der Bremse bzw. in den Kurven überholen. Mit dem in Le Mans verwendeten Low-Downforce-Kit sind wir auf der Geraden schneller und können dort einfacher an den Anderen vorbeifahren. Da liegt es nahe, dass diese Variante bei hohem Verkehrsaufkommen für den Piloten komfortabler zu handhaben ist. Hinsichtlich des Reifen-Managements ist es mit dem Low-Downforce-Paket schwieriger, da der Verschleiß naturgemäß höher ist. Das macht die jeweils letzten Runden recht schwierig.»
In der FIA WEC sind die 24 Stunden von Le Mans das absolute Highlight. Was macht für Sie die Besonderheit aus?
«Ich liebe und ich hasse Le Mans. Wenn alles gut geht, ist es ein großartiges Rennen. Aber wenn es nicht gut läuft, dann muss Du fahren, obwohl Du keine Chance hast. Das zermürbt und ist nicht einfach zu akzeptieren. Ich mag Le Mans auch, weil es eine wundervolle Rennstrecke ist mit einem fast hypnotischen Flair. Und Le Mans gibt es nur einmal im Jahr. Ich als Rennfahrer arbeite das ganze Jahr hart für dieses Rennen und es wäre unglaublich, wenn ich es endlich gewinnen könnte.»
Und was hassen Sie noch am Klassiker?
«Den Freitag mag ich nicht - die Fahrerparade und das ganze Warten. Stellen Sie sich mal vor wie es ist, wenn das Team schon zwei Wochen vor Ort ist und sich immer nur auf das Rennen vorbereitet. Dann ist man schon vor dem eigentlichen Rennstart müde und möchte, dass es endlich losgeht!»