Das bringen die neuen Regeln für die Zeit ab 2020
So stellen sich FIA und ACO die neuen Prototypen für die 24 Stunden von Le Mans vor
Bereits zum dritten Mal in Folge hat der Le-Mans-Veranstalter ACO (Automobile Club de l’Ouest) auf seiner großen Presskonferenz neue technische Regeln für die große Prototypen-Klasse präsentiert. Und während die dargebotenen Ideen aus den Jahren 2016 und 2017 schnell wieder in der Tonne gelandet sind, zeichnet sich die aktuelle Vorlage tatsächlich durch mehr Realitätsgehalt aus. Insgesamt sollen die neuen Prototypen, die ab 2020 eingeführt werden, wieder mehr an Straßenautos erinnern. Das wird erreicht, indem sowohl für den Abtrieb als auch für den Luftwiederstand Maximalwerte festgelegt werden. In diesem Spektrum hat jeder Hersteller somit genügend Möglichkeiten, Stylings in die Rennwagen zu integrieren, um eine entsprechend individuell gewünschte Optik zu erhalten.
Die Idee der Regelhüter ist clever gewählt, denn zusätzlich werden somit auch die extrem teuren aerodynamischen Entwicklungen, welche Hersteller wie Audi, Porsche und Toyota in der Vergangenheit durchgeführt hatten, nicht mehr notwendig sein. Überprüft werden die festgelegten Werte im Windkanal und auch über Scans der Fahrzeuge. Der ACO, der das Reglement gemeinsam mit dem Weltverband FIA entwickelt hat, rechnet mit einer Kostenreduzierung auf 25 Prozent der zuletzt angewandten Budgets der LMP1-Klasse. Für ein Zwei-Wagen-Team sollen dann noch circa 25 bis 30 Millionen Euro benötigt werden.
Auch den sogenannten Le-Mans-Kits ging es an den Kragen. Ab 2020 ist pro Auto nur noch eine Karosserie-Variante erlaubt. Um die Rennwagen jedoch besser an die so spezifische Strecke von Le Mans anpassen zu können, werden dann jedoch bewegliche Aeroteile erlaubt sein.
Noch viel wichtiger ist die Abschaffung der EoT (Equivalence of Technology). Über dieses Tool versuchten FIA/ACO zuletzt die verschiedenen Hybrid-Modelle (bzw. Wagen ohne Hybrid) aneinander anzugleichen. Das ist ab 2020 nicht mehr nötig. Alle Fahrzeuge müssen mit einem gleichstarken Hybrid-System ausgestattet sein. Dieses soll 200 Kilowatt (272 PS) leisten und die Vorderachse antreiben. Damit bleibt es dabei, dass die Prototypen zeitweise mit Allrad-Antrieb unterwegs sein werden.
Jedem Hersteller ist freigestellt, ein eigenes Hybrid-System zu bauen. Jedoch werden die technischen Lösungen homologiert und müssen (zu einem noch zu definierenden Preis) auch zur Verfügung gestellt werden. Dies dürfte insbesondere für private LMP1-Teams von Interesse sein, da diese somit auf Eigenentwicklungen bei der Elektro-Power verzichten können. Der Kostendeckel wird somit auch in diesem Bereich positive Auswirkungen auf zu astronomische Entwicklungen haben.
Große Freiheit gibt es auch beim Motor. Ob Sauger oder Turbo – alles wird ab 2020 erlaubt sein. Zudem gibt es keine Beschränkung in Bezug auf Hubraum und Anzahl der Zylinder. Der Output soll im Bereich von 520 KW (700 PS) liegen. Wie beim Getriebe, das maximal acht Gänge besitzen darf, ist die Verwendung von extravaganten Materialien untersagt. Das Gesamtgewicht der Fahrzeuge wird bei 980 Kilogramm liegen. Damit sind die Renner erheblich schwerer als die aktuelle Generation (878 kg für Hybrid-Wagen und 833 für die Boliden ohne Extra-Power). Wenig ändern wird sich auf der Uhr. Die neuen Prototypen sollen den 13,626 Kilometer langen 'Circuit de la Sarthe' weiterhin in ungefähr 3:20 Minuten umrunden.
Aktuell steht noch nicht fest, wie die große Prototypen-Klasse in Zukunft heißen soll. Hier dürfen auch die Fans Vorschläge einreichen. Die Regeln sollen für fünf Jahre Gültigkeit besitzen. Noch unklar ist zudem, ob das Reglement auch in der IMSA-Serie eingeführt werden wird. Die amerikanische Behörde hat in einem Statement die Anstrengungen von FIA/ACO gewürdigt und mitgeteilt, dass sie sich auf weitere spannende Diskussionen in der Zukunft freut.
Und auch auf die Zeit ab 2024 gab es bereits einen kleinen Ausblick. Dann soll in Le Mans eine zusätzliche Klasse eingeführt werden, in der Wasserstoff-Autos antreten können. Diese ersetzt die große Prototypen-Klasse jedoch nicht!
Erste kurze Einschätzung
Vom Grundsatz her wirken die verkündeten Konzepte erst einmal nicht schlecht: Einfachere Technik und geringer Kosten sind für potentielle Neueinsteiger natürlich interessant. Dass die Prototypen dann auch wieder mehr an Straßenfahrzeuge erinnern, wird nicht nur die jeweiligen Marketingabteilungen freuen, sondern auch die Fans. Denn ein Wiedererkennungswert mit dem eigenen Gefährt ist somit gegeben. Auch die Abschaffung von EoT ist zu begrüßen, da somit politische Spielchen am grünen Tisch von der Theorie her aufhören könnten. Letzten Endes kommt es nun auf alle Beteiligen an, hier mit ihren persönlichen Egos zurückzustehen. Denn schon oft wurden im Motorsport gute Ansätze durch unsägliche Diskussionen und erkaufte Kompromisse, wieder zunichte gemacht.