24h Le Mans: Das ist am Testtag noch aufgefallen
Der Testtag zu den 24 Stunden von Le Mans hatte an der Spitze des Feldes keine Überraschung parat. Natürlich standen die beiden Toyota TS050 Hybrid ganz oben auf der Zeitenliste. Die japanischen Werkswagen hatten knapp zwei Sekunden Vorsprung vor der privaten LMP1-Meute und beeindruckten zudem mit einer überragenden Konstanz. Mit 108 bzw. 112 abgespulten Runden war kein anderes Fahrzeug des Felds öfters auf der 13,626 Kilometer langen Strecke unterwegs. Ohne jeden Zweifel: Der Sieg beim Klassiker in knapp zwei Wochen wird nur über Toyota gehen.
Bei den Privatwagen schaffte der Rebellion R13 von André Lotterer mit 3:21,323 Minuten die Bestmarke. Diese Zeit ist jedoch nie und nimmer aussagekräftig. OK, natürlich gab es in diesem Jahr in der Ford-Schikane neue Randsteine, die ein Abkürzen verhindern und somit etwas Zeit kosteten. Doch 2018 hatte der R13 beim Vortest bereits 3:19,680 Minuten zu bieten.
Im Vergleich zum Vorjahr verfügt das Fahrzeug über einen höheren Benzindurchfluss (115 anstatt 108 kg/h) und eine neuentwickelte LM-Aerodynamik. Darüber hinaus hat das Team ein Jahr mehr Erfahrung mit der Abstimmung des R13. Da lassen sich die über 1,6 Sekunden an Zeitverlust gegenüber 2018 nur mit Sandbagging (also Zurückhalten von Performance) erklären.
Schnellstes Auto in der Radarfalle (die steht draußen auf der Hunaudières kurz vor der ersten Schikane) waren die beiden BR1 von SMP Racing. Die bei Dallara in Italien gebauten russischen Boliden kamen auf 350,1 bzw. 349 km/h. Das waren zehn Stundenkilometer mehr als der Rest des Feldes. Die BR1 funktionierten zudem auch im Downforce fordernden dritten Sektor recht gut, was insgesamt folglich auf einen starken Auftritt in der Rennwoche hindeutet. Hoffentlich halten die eingebauten AER-Turbos die 24h-Distanz durch!
Auch in der GTE-Klasse wurde übrigens enormes Sandbagging betrieben. Die von Mike Rockenfaller (Corvette C7. R) aufgestellte Bestzeit lag bei 3:54,001 Minuten. 2018 kamen die GTE-Renner beim Vortest schon auf 3:52,551 Minuten. Natürlich will kein GTE-Hersteller zu viel Potenzial aufzeigen. Denn keiner möchte vor dem Rennen noch eine schlechtere Einstufung aufgedrückt bekommen.
Herzlich willkommen also einmal wieder in der schönen BoP-Welt. Früher machte es Spaß, den Vortest zu verfolgen, um herauszufinden, welches Fahrzeug was drauf hat. Oder welche Weiterentwicklungen an den Boliden etwas gebracht haben. Heutzutage fahren alle taktisch/politisch um die Strecke und halten die von der Teamleitung vorgegebene 'Target-Laptime' auf Gedeih und Verderb ein. Das erübrigt dem Zuschauer leider auch die Analyse der dargebotenen Rundenzeiten. Denn keiner kann herein deuten, welcher Hersteller seinen Piloten wie viel Vollgas freigegeben hat.
Positiv aufgefallen ist jedoch, dass es im Feld der 62 Fahrzeuge keine großen Dramen gegeben hat. Auch von Totalschäden ist das Plateau beim diesjährigen Vortest verschont geblieben. Das schont nicht nur die Teamkasse, sondern beweist die mittlerweile hohe Qualität im Fahrerfeld. Außerdem schafften es alle Rennwagen, unter der Schallmauer von vier Minuten zu bleiben.
Und einen Blick auf die Zukunft gab es am Testtag auch noch. Zwischen den beiden Sessions drehte der sogenannte LMPH2G zwei Runden auf dem großen 'Circuit de la Sarthe'. Dabei handelt es sich um ein Wasserstoffauto, welches vom ACO gemeinsam mit der Firma GreenGT entwickelt wurde. Im Jahre 2024 soll bei den 24 Stunden von Le Mans eine eigene wasserstoffelektrische Klasse eingeführt werden.