Teamorder-Tamtam: «Ein typischer Audi-Move»
René Rast vor Nico Müller
Teamplay. Teamorder. Teamwork. Man kann es nennen, wie man will: Lässt der eine Markenkollege den anderen passieren, gibt es in und rund um die DTM Diskussionen. Immer.
So war es auch beim 17. Saisonrennen in Spielberg, nachdem die Audi-Fahrer Mike Rockenfeller und Nico Müller nach einer komplett chaotischen Schlussphase auf den letzten Metern bereitwillig Platz für Rene Rast machten. Der Titelverteidiger gewann so und auch durch eine Durchfahrtsstrafe für den zu dem Zeitpunkt führenden Daniel Juncadella am Ende völlig überraschend das Rennen.
Und ist deshalb auch weiterhin im Rennen, seinen Titel verteidigen zu können. Die Fans diskutierten sich in den sozialen Medien die Köpfe heiß. Auch bei den Verantwortlichen gehen die Meinungen deutlich auseinander. War die Aktion völlig daneben? Oder wäre es zu diesem Zeitpunkt völlig daneben, es nicht zu tun? Bei Mercedes war man alles andere als glücklich mit dem Audi-Move, da Rast (174 Punkte) dem führenden Mercedes-Duo Paul di Resta (216) und Gary Paffett (207) nun weiter auf die Pelle rückt.
Und auch grundsätzlich kam die Aktion In Stuttgart nicht gut an, denn man hätte es in dieser Situation anders gemacht: «Wir haben uns vorher Gedanken gemacht, wie wir diese letzte Saison angehen möchten. Wir haben deshalb für uns gesagt, dass wir es nicht machen werden. Das muss aber jeder für sich selbst entscheiden», sagte Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz SPEEDWEEK.com.
Den Hinweis auf den späten Zeitpunkt in der Meisterschaft wollte er so nicht gelten lassen. Er erinnerte an den Teamorder-Ärger, den Mercedes beim dritten Event in Budapest abbekam. «Damals kochte es hoch wegen eines zweiten und dritten Platzes. Und jetzt, bei Platz eins in der letzten Kurve, ist plötzlich alles in Ordnung. Aber: Ich habe Verständnis dafür», so Fritz. Gut möglich, dass Mercedes den Ansatz nun ändert. Fritz: «Das muss man sicher überdenken. Jetzt, wo die Meisterschaft so eng wird, kann man es sich nicht leisten, Punkte liegen zu lassen.»
Paffett war kein bisschen überrascht. «Das ist ein normaler Audi-Move. Das passiert seit 15 Jahren so», meinte der Brite zu SPEEDWEEK.com. Ist es für ihn denn zu diesem Zeitpunkt unverständlich? Denn es ist ja auch nicht so, als hätte Mercedes es selbst noch nie getan. «Es hängt davon ab, wie offensichtlich es ist. Wenn er in der Position war zu überholen und sie haben es ihm nicht schwer gemacht - okay. Wenn sie gebremst und ihn vorbeigewinkt haben, ist es nicht okay. Es hängt davon ab, wie man gewinnen will. Aber: Sie haben einen guten Job gemacht, indem sie die Autos vorne hatten. Dann kann man das Rennen manipulieren, wie man will. Das müssen wir eben am Sonntag verhindern, indem wir uns verbessern», so Paffett.
Der Brite erlebte selbst ein kleines Wunder, fuhr in dem ganzen Chaos mit einem waidwunden Auto noch einen Punkt ein. Ihn hatte die erste Runde ein besseres Ergebnis gekostet. «Zwischenzeitlich wollte ich sogar schon aufgeben, nachdem ich an einigen Stellen getroffen wurde. Bei diesen Beschädigungen war es klar, dass wir so viel verloren haben.» Paffett hatte Bruno Spengler als Übeltäter ausgemacht. «Er hat in den ersten beiden Kurven leider sein Gehirn ausgeschaltet», wetterte Paffett.
Im Audi-Lager sieht man die Diskussionen naturgemäß gelassener. «René ist unsere einzige Chance im Titelkampf, das letzte Eisen im Feuer», erklärte Rockenfeller. «Wenn wir als Teamkollegen helfen können, dann machen wir das. Die Saison ist im Endspurt, da geht es nur so. Das Thema wird viel zu hoch gespielt, das gab es doch schon immer. Viel wichtiger ist, dass man ehrlich damit umgeht.»
Audi-Boss Dieter Gass sagte zu SPEEDWEEK.com: «Aus dem Mund von Mercedes finde ich es überraschend, dass sie so etwas sagen. Ich kann mich an diese Saison und andere Rennen erinnern. René ist der einzige Audi-Fahrer, der noch um die Meisterschaft kämpft. Das würde jeder machen.»