Problem Kundenteams: «DTM braucht Mentalitätswechsel»
Die Idee ist eigentlich optimal. Ein bisschen Vergangenheit in der Gegenwart um in die Zukunft zu starten. Die aktuelle Ära besonders gestalten, um sich neu auszurichten, um die Plattform abwechslungsreicher zu machen. Mit Kundenteams will DTM-Chef Gerhard Berger genau das erreichen.
Denn es weht dann ein Hauch von Nostalgie durch die neue Ära der Tourenwagenserie, außerdem stehen die Fans auf dieses «David gegen Goliath-Spiel». Die Kleinen gegen die Großen, Außenseiter gegen die Favoriten. Das macht überall im Sport einen besonderen Reiz aus, übt eine gewisse Faszination aus. Man hält automatisch immer ein wenig zu denjenigen, die für eine kleine Sensation sorgen können. Es ist das Salz in der Suppe.
Und klar: Das Feld wird nicht nur anwachsen, bunter wird es auch noch. Schöne neue DTM-Welt?
Leider nicht ganz, denn zwar finden alle diese Idee toll, nur die Umsetzung gestaltet sich schwieriger als gedacht. Sogar das Audi-Kundenteam W Racing Team, das bereits beim Saisonfinale 2018 in Hockenheim offiziell vorgestellt wurde, bangt um das zweite Auto. Es fehlt ein Fahrer, und zwar einer mit Geld. Teamchef Vincent Vosse hatte immer klargestellt: Ohne finanzielle Unterstützung wird es schwierig, denn Audi hilft zwar mit (gleichwertigem) Material, das finanzielle Fundament muss WRT aber selbst organisieren.
Und das ist kein Pappenstiel: Trotz der zahlreichen Einheitsbauteile sind es immer noch fünf bis sechs Millionen, die eine Saison mit zwei Autos kosten soll. In der heutigen Zeit ist es eine echte Herausforderung, so einen Batzen Geld aufzutreiben.
BMW-Kandidaten sind daran gescheitert. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Münchner wie Audi zwei Autos zur Verfügung stellen. Auch BMW sicherte zu, die Basis für ein Privatteam zu organisieren, zwei Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen sowie weitere Unterstützung in Sachen Ausrüstung und Hardware zu leisten – machen wollte es trotzdem niemand, weil das Geld am Ende fehlte. «Natürlich ist das schade, aber die Entscheidung liegt bei den Teams. Wir führen jedoch konstruktive Gespräche, um frühzeitig für die Saison 2020 eine Lösung zu finden», sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt. Audis DTM-Projektleiter Andreas Roos sparte nicht mit Kritik: «Da muss man entsprechend pushen und von Herstellerseite etwas machen. Böse gesagt: Nur zu warten, dass einer dasteht und es hoffentlich macht, ist etwas schwierig.»
WRT und Audi versuchen weiterhin alles, man führt mit einigen Interessenten Gespräche, Vollzug vermelden kann das Team aus Belgien aber noch nicht. Dabei sind die Aussichten so schlecht nicht, auch wenn es sportlich schwierig werden wird, ganz vorne mitzufahren. Doch bei entsprechenden ansprechenden Leistungen ist ein Werkscockpit theoretisch nicht weit. Dafür ist aber in Sachen Fahrer mit Budget die Konkurrenz durch die zahlreichen Nachwuchsserien groß, der Markt ist kompliziert geworden.
Immerhin ist der Einsatz von Jonathan Aberdein im ersten RS 5 DTM sicher. Aber klar: Vier Kundenteam-Boliden waren angedacht, und wenn am Ende nur einer übrig bleibt, wäre das ein ziemlicher Schlag.
Obwohl die Beteiligten die Idee immer noch als gut erachten. Wie zum Beispiel Florian Kamelger. Er ist Teamchef von R-Motorsport, die 2019 den Einsatz der vier Aston Martin Vantage DTM stemmen. Technisch wird das durch die Zusammenarbeit mit dem Ex-Mercedes-Einsatzteam HWA gewuppt, finanziell ist es allerdings ebenfalls eine Herausforderung, auch wenn die Mannschaft aus Niederwil in der Schweiz durch die Aston-Martin-Lizenz offiziell als Hersteller geführt wird. Auch R-Motorsport, das Team des Motorsport-Unternehmens AF Racing, muss schauen, wie es das Budget zusammenbekommt. Ein Selbstläufer ist das nicht.
Trotzdem stellt Kamelger bei SPEEDWEEK.com klar: «Gerhard Bergers Vision der Kundenteams ist sehr gut und weitsichtig.»
Gleichzeitig betont er auch: «Es muss aber auch das Umfeld für Teams wie uns so gestaltet werden, dass sie auf wirtschaftlich solider Basis DTM betreiben können. Da hat die Serie noch Nachholbedarf.» Auch wenn es heute weit günstiger ist als früher. Doch günstiger bedeutet nicht automatisch bezahlbar.
Die großen Hersteller hätten in der Vergangenheit sehr, sehr große Budgets eingesetzt, so Kamelger: «Da braucht es einen Paradigmenwechsel, einen Mentalitätswechsel. Wo nicht nur das eigene Gärtchen zählt. Sondern auch das große, ganze Dorf, denn dann geht es dem Gärtchen automatisch gut.» Ein bisschen weniger Ego also.
Er könne verstehen, dass es unter diesen Umständen für BMW oder Audi schwierig sei, Kundenteams zu finden: «Da muss sich an der Kostenstruktur der DTM und an der Struktur, wie Teams wie wir von der ITR finanziell unterstützt werden, in Zukunft noch einiges ändern.» Damit nicht nur die Idee, sondern auch die Umsetzung optimal ist.