Formel 1: Abschied in der Unterhose

Aston Martin: Der beschwerliche Weg auf den Berg

Von Andreas Reiners
Das Debüt von Aston Martin in der DTM brachte Punkte und erste Führungskilometer. Aber auch die Bestätigung, dass der Neueinsteiger noch viel Arbeit vor sich hat.

Als Paul di Resta seine ganze Erfahrung ausspielte, gab es kurzzeitig den Gedanken: Aston Martin wird doch wohl nicht…? Denn es war ein perfektes Timing: Als der von Platz 15 aus gestartete Schotte den im Kies gestrandeten Audi von Loic Duval erblickte, schaltete er blitzschnell – ab in die Box zum Pflichtstopp, auf das Safety Car spekulieren.

Di Restas Plan ging auf, beim Indy-Restart war er zwar Letzter, hatte aber im Gegensatz zur Konkurrenz schon gestoppt. 2018 hätte diese Taktik mit dem Glücksfall Safety Car womöglich zum Sieg gereicht, doch die neuen Boliden mit 100 PS mehr sorgen für einen viel größeren Reifenabbau als früher.

Die ursprüngliche Überlegung: Pusht der Ex-Meister und geht auf den zweiten Stopp, um sich zumindest Punkte zu sichern? Oder wagt er es und managt den Reifen bis zum Schluss, um vielleicht doch die Sensation zu schaffen?

Am Ende wurden es immerhin die ersten Führungskilometer, dazu mit Platz sieben weitere Punkte. Wirklich geträumt vom Sieg hat man beim Einsatzteam R-Motorsport nicht, stattdessen kam di Resta in Runde 25 noch einmal an die Box.

«Der erste Stopp war sehr früh im Rennen. Und wenn man dann weiß, dass der Reifen irgendwann einen Drop bekommt, der nicht eine Sekunde beträgt, sondern fünf, war der Call der richtige, ihn noch einmal reinzuholen», sagte R-Motorsport-Teamchef Florian Kamelger SPEEDWEEK.com.

Er stellt klar: «Von einem Sieg konnten wir nicht träumen, aber die Führungskilometer haben Spaß gemacht.»

Kamelgers Bilanz nach dem ersten DTM-Rennwochende ist eine überaus positive. «Ganz, ganz wenige haben es so erwartet, wie wir es gemacht haben. Unsere Erwartungen sind erfüllt. Es gibt nicht mehr, was man sich hätte wünschen können.»

Neun Punkte waren es am Ende unter dem Strich, ohne Frage auch durch Glück wie beim Safety Car oder durch den Regen am Samstag, der die Schwächen des Autos etwas übertünchte.

Klar: Da fragt am Montag niemand mehr nach, doch klar ist auch, dass ein Berg an Arbeit wartet. Denn am Sonntag im Trockenen zeigte sich: Unter normalen Umständen und bei einem normalen Verlauf liegt der Vantage noch ein Stück hinter der Konkurrenz. Ein Umstand, über den sich die Verantortlichen aber im Klaren sind. 

Kamelger zu SPEEDWEEK.com: «Wir wissen, wie groß der Berg ist, den es zu erklimmen gilt. Wir sind noch nicht weit oben, sondern erst im Base Camp. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, emotional geht es uns gut, das Team ist happy, weil sie sehen, dass die Autos funktionieren, das bringt Stolz und Motivation. Das brauchen die Jungs.» Er selbst brauche die erste Nacht, «um zu realisieren, was wir hier aufgeführt haben», so der Teamboss.

Die Baustellen? Die Haltbarkeit, die aber bei den neuen Turbo-Boliden kein exklusives Aston-Martin-Problem ist. Defekte müssen auch Audi und BMW in den Griff bekommen. Auf den Geraden verliert der Vantage im Vergleich zur Konkurrenz recht viel, in den Topspeed-Listen taucht der Bolide meist am Ende hinter Audi und BMW auf. Beispiel Rennen 2: Mike Rockenfeller knackte mit 291 km/h als einziger Fahrer die 290er-Marke. Jake Dennis schaffte als bester Aston-Martin-Fahrer 282 km/h.

Hinzu kommt das Reifenthema, das alle Hersteller beschäftigt. «Weil man nicht abschätzen kann, wann der Drop kommt. Und der ist massiv, wenn du eine Runde grün fährst und die andere Runde plötzlich fünf Sekunden langsamer. Das wollen alle verstehen, und das gilt es zu analysieren.»

Und: «Es gilt immer noch viele Kleinigkeiten zu verbessern, Schnittstellen und Kommunikationswege zu optimieren. Alles Dinge, die den großen Berg kleiner erscheinen lassen», so Kamelger.


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