Emotionaler Eng widmet Lamm den Sieg: «Vermisse ihn»
Philipp Eng sind die Emotionen deutlich anzusehen, diese intensive Bandbreite, die unter die Haut geht. Alles durcheinander. Freude. Jubel. Aber auch Trauer, sentimentale Erinnerungen an eine ganz wichtige Person in seinem Leben: Charly Lamm.
Der BMW-Pilot muss schlucken, das Thema geht ihm sehr nah. Immer noch. BMW-Motorsport-Urgestein Lamm verstarb am 24. Januar im Alter von nur 63 Jahren, er wäre am Sonntag 64 Jahre alt geworden.
Als Eng in der Schlussphase des dritten Saisonrennens in Zolder souverän an der Spitze seinem ersten DTM-Sieg entgegenfuhr, schweiften seine Gedanken ab. Ins Auto reinhören: Fühlt sich der BMW M4 DTM seltsam an, gibt es komische Geräusche? «Es hat sich länger angefühlt als jedes 24-Stunden-Rennen», sagte Eng SPEEDWEEK.com.
Er dachte aber auch an seinen Ex-Teamchef Lamm. «Sein Tod war ein schwerer Verlust für mich. Er war nicht nur ein Teamchef, sondern auch ein Freund und Mentor, der immer ein offenes Ohr für mich hatte», sagte Eng.
Dabei erinnerte sich Eng auch an den emotionalen Sieg beim 24-Stunden-Rennen in Daytona, wenige Tage nach Lamms Tod. Eng und Co. lagen in Führung, als das Rennen aufgrund des schlechten Wetters abgebrochen wurde. BMW gewann, eine glückliche Fügung.
Oder mehr?
«Es hat in Daytona dann schlagartig aufgehört zu regnen. Ich bin nicht spirituell, aber er war da. Und er war auch heute bei mir im Auto. Ich vermisse ihn sehr.»
Keine Frage: Eng hatte Glück, profitierte von einer Safety-Car-Phase zur Mitte des Rennens. Er hatte wie einige Konkurrenten auch bereits den Pflichtstopp absolviert, die Spitzengruppe hingegen nicht. So wurde er überraschend nach vorne gespült. Eng: «Es war natürlich mit Glück verbunden, aber ich hatte einen guten Start und einen guten Indy-Restart und habe mich nach vorne gekämpft.»
Es wird dauern, bis dieser Debütsieg gesackt ist. Die Augen leuchten, wenn er es selbst ausspricht: DTM-Sieger. Bestandteil der Siegerlisten. Zur Trauer kommt dann auch die unbändige Freude. «Ich bin der glücklichste Mensch der Welt. Ich hatte dieses Szenario sehr oft im Kopf, in guten wie in schlechten Zeiten. Es fühlt sich in der Realität viel besser an, es ist ein einschneidendes Erlebnis, im positiven Sinne.»
Denn einfach war sein Weg in die DTM nicht. «In meiner Karriere ist nicht immer alles nach Plan verlaufen, es war nicht immer einfach. Der Weg in die DTM war hart und steinig», sagte er.
Seinem Selbstvertrauen hat das aber keinen Abbruch getan, vor der Saison überraschte er mit einer klaren Ansage: Er will um den Titel mitfahren. Gesagt, getan: In der Gesamtwertung rückte er mit 40 Punkten auf Platz zwei, hinter seinem Markenkollegen Marco Wittmann (43).
Eng hat an seiner mentalen Einstellung gearbeitet, las viele Bücher über Radprofis, «um von ihrer mentalen Stärke zu lernen. Sie sagen alle: ‚An mir führt kein Weg vorbei.‘ Das ist nicht arrogant gemeint, sondern betrifft die Einstellung. Dieser mentale Ansatz hat mir sehr geholfen. Ich will jedes Mal mein Bestes geben, will der sein, der am härtesten arbeitet, der am meisten für den Erfolg tut.»
Die nächste Chance hat er am Sonntag, wenn das vierte Saisonrennen (ab 13 Uhr in Sat.1) ansteht. Fest steht: Charly wird wieder mitfahren.