Formel 1: Abschied in der Unterhose

Im Rückstand: Zieht Aston Martin den DTM-«Joker»?

Von Andreas Reiners
Aston Martin hat noch einen Rückstand aufzuholen

Aston Martin hat noch einen Rückstand aufzuholen

Aston Martin fährt der Konkurrenz von Audi und BMW aktuell (noch) hinterher. Auf Dauer soll das freilich geändert werden. Eine Möglichkeit: eine zusätzliche Homologation.

Die Liste ist lang. Umfangreich. Denn auf ihr stehen die Dinge, die nötig sind, damit DTM-Neuling Aston Martin den Rückstand in der Tourenwagenserie aufholen kann. Wege, Alternativen, Optionen, Möglichkeiten, Hilfsmittel.

Eine dieser Möglichkeiten waren die Testfahrten zuletzt in Vallelunga. Zwei Tage standen R-Motorsport aus dem Vorsaisons-Kontingent noch zu, die wurden genutzt, um Defizite auszumerzen. Wohlgemerkt Defizite, die nach der kurzen Vorbereitungszeit nicht ungewöhnlich sind.

«Wir hatten keine gröberen Probleme und konnten sehr viel austesten. Wir sind überzeugt, dass wir einige Schritte in die richtige Richtung machen konnten», sagt R-Motorsport-Teamchef Florian Kamelger.

Dabei war an den beiden Tagen das Setup ein Thema, der Motor ebenfalls. Er ist im Vergleich zur Konkurrenz noch etwas schwach auf der Brust, was sich auf den Geraden und im Topspeed deutlich ablesen lässt.

Ein Beispiel: Im zweiten Rennen zuletzt in Misano waren die vier Aston Martin Vantage gesammelt am Schluss der Topspeed-Tabelle, neun beziehungsweise zehn km/h langsamer als der schnellste Audi. Im Qualifying fehlten auf die Spitze mehr als 1,5 Sekunden. Kamelger gibt zu: «Misano ist nicht die komplette Wahrheit, es ist aber mehr oder weniger das, wo wir stehen.»

Wobei das Thema Motor komplexer sei, als es nur als Leistungsdefizit darzustellen, betonte Kamelger: «Es geht um Drehmoment, Drehmomentkurven in verschiedenen Fenstern. Überall, wo man etwas ändern und ausprobieren konnte, wurde etwas gemacht», sagte er.

Speziell über das Motormanagement – hier ist lediglich der Funktionsrahmen der sogenannten ECU (Engine Control Unit) von Einheitsbauteil-Lieferant Bosch festgelegt - kann während der Saison trotz der im April erfolgten Homologation noch an den berühmten Stellschrauben gedreht werden. Das Einstellen der ECU ist über die gesamte Saison möglich. Hinzu kommt die Setup-Arbeit, mit der Performance-Unterschiede aufgefangen werden können. Ob das unter dem Strich reicht, um den Rückstand zu egalisieren, können nur die kommenden Rennen zeigen.

Kamelger glaubt, dass der Rückstand am kommenden Rennwochenende auf dem Norisring etwas kleiner ist. Er weiß natürlich auch, dass es auf Dauer nicht reicht, durch clevere Strategien in die Punkte zu fahren. Aston Martin sorgt für Highlights, man will aber vom Gesamtpaket her dauerhaft auf Augenhöhe sein. Eine Deadline, bis wann das passiert sein soll, gibt es so nicht. Aber: «Wir müssen maßgebliche Schritte in die richtige Richtung machen. Die Kurve muss nach oben zeigen.»

Eine Option auf der eingangs erwähnten Liste ist eine Nach-Homologation. Bedeutet: Aston Martin dürfte noch einmal nachentwickeln. Vergleichbar mit Mercedes 2014, als es die Stuttgarter verwachst hatten und ihren Rückstand mit Zustimmung der DTM-Kommission für 2015 aufholen durften.

2016 bekam BMW Zugeständnisse wie einen um 50 Millimeter breiteren Heckflügel und ein um 7,5 Kilogramm leichteres Auto. In beiden Fällen reichte es am Ende zum Titel. ITR, DMSB, Audi und BMW müssten ihre Zustimmung erteilen, da die Entwicklung eigentlich eingefroren ist. Die genannten Beispiele zeigen aber, dass die Verantwortlichen im Sinne eines ausgeglichenen Wettbewerbs durchaus flexibel sind.

«Natürlich ist diese Option aufgetaucht», bestätigte Kamelger: «Es ist im Sinne der DTM, dass wir auf Augenhöhe konkurrenzfähig sind. Es ist auch im Sinne der anderen beiden Hersteller, dass die DTM ein ausgeglichenes Feld hat, in dem jeder gegen jeden racen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es gegen die Vorstellungen der anderen beiden sein kann.»

Aber wie gesagt: Es ist eine Option. Also erst einmal theoretisch. «Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir für den Norisring einen weiteren Schritt gemacht haben. Die nächsten Schritte entscheiden wir anschließend.» Die Liste ist schließlich lang.


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