Formel 1: Abschied in der Unterhose

Abt-Sportdirektor: Fader Beigeschmack verständlich

Von Andreas Reiners
Nico Müller

Nico Müller

Die Stallorder von Audi am sechsten DTM-Rennwochenende in Brands Hatch hat für reichlich Kritik gesorgt. Abt-Sportdirektor Thomas Biermaier hat dafür Verständnis, wirbt aber um selbiges.

Nico Müllers Abt-Sportdirektor geriet ein bisschen ins Schlingern. Wie will man den Zuschauern auch plausibel erklären, dass der eigene Titelkandidat im Audi-internen Titelkampf nicht angreift?

Dass Müller, obwohl er genügend Überholhilfen in Form des verstellbaren Heckflügels oder Push-to-Pass hat, keinen einzigen Versuch startet? Obwohl er im Heck des Gesamtführenden René Rast hängt?

«Das ist schwierig zu beantworten«, räumte Thomas Biermaier in Sat.1 ein. Man wolle zwar gewinnen, und klar, man wolle auch den Titel holen, man müsse aber auch aufpassen: «Man will natürlich auch keinen Zweikampf haben, bei dem am Ende beide im Kiesbett liegen. Nico wollte einfach nichts riskieren, wollte zum Schluss seine Reifen noch schonen. Und dann hat er einfach zum Schluss nicht mehr angegriffen. Wir wären aber schneller gewesen», räumte er ein.

Müller erklärte seinen Nicht-Angrif mit einem konservativen Ansatz und der vergeblichen Hoffnung, dass bei Rast die Reifen einbrechen. Audis Motorsportchef Dieter Gass mit dem Umstand, dass es die Vorgabe gebe, Push-to-Pass nicht zu oft zu nutzen, erst Recht nicht gegen den Teamkollegen.

So oder so: Biermaier räumte ein, dass ein fader Beigeschmack bleibt. Denn die Stallorder inklusive Nicht-Angriffspakt sorgte für eine Menge Kritik, viele Fans können die Aktion nicht nachvollziehen.

«Das ist von außen sicherlich verständlich, aber man muss das natürlich auch verstehen. Man möchte nicht beide Titelkandidaten im Kiesbett haben. Man hat am Norisring gesehen, was passieren kann, wenn man gegeneinander fährt», sagte Biermaier.

Wir erinnern uns: In der ersten Runde wurde Rast im Kampf um die Spitze von Müller gedreht, weshalb beide nicht um den Sieg fuhren, sondern als Siebter und Achter Punkte verloren.

Die Kollision sorgte bekanntlich für Diskussionen bei Audi und angeblich auch zu Spannungen zwischen den beiden Fahrern, die beide aber offiziell zurückweisen. «Dass dann jeder sagt: ‚Pass ein bisschen auf, respektvolles und faires Racing‘, das ist auch klar», sagte Biermaier.

Das Abt- beziehungsweise Müller-Problem ist das Qualiyfing, was tatsächlich nicht von der Hand zu weisen ist, weil man es sehr gut an den Punkten ablesen kann: Rast holte bei der Zeitenjagd in diesem Jahr bereits fünf Poles und insgesamt 24 Punkte. Müller steht bei einer Pole und nur fünf Zählern.

Biermaier weiß: «Wir müssen endlich mal im Qualifying vor Rene stehen, dann sieht das Rennen vielleicht ganz anders aus. Wir starten von zu weit hinten, um von Anfang an vorne dabei zu sein. Das ist unser Problem, und daran müssen wir arbeiten.»

Was ebenfalls nicht nach Plan verlief, war der Boxenstopp, dort verlor Müller wertvolle Sekunden. «Der Stopp war nicht der beste. Da hätten wir an Rene vorbeigehen können, aber das haben wir leider nicht geschafft», so Biermaier.

«Da müssen wir einen 100-prozentigen Job machen, den haben wir weder im Qualifying noch beim Boxenstopp gemacht. Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Und wenn wir zu 100 Prozent unseren Job machen, dann sind wir wahrscheinlich auch vorne», meinte er.

Denn klar: Das Qualifying schlägt sich nicht nur in Punkten nieder, sondern anschließend auch in den Meetings, wenn es um die Strategien geht. Beziehungsweise die Stallorder.


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