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Audi-Boss Gass: «Teamwork gehört zum Motorsport»

Von Otto Zuber
Audi feierte am Lausitzring den ersten Titel

Audi feierte am Lausitzring den ersten Titel

Audi hat sich schon vorzeitig die Herstellermeisterschaft gesichert. Audi-Motorsportchef Dieter Gass über die Stärken des Audi und der Titelkandidaten Rast und Müller sowie die ersten gemeinsamen Rennen mit der Super GT
Herzlichen Glückwunsch zum vorzeitigen Gewinn der Herstellermeisterschaft in der DTM. Wie wichtig ist dieser Titel für Audi?

Wie in der Formel 1 ist auch in der DTM der Fahrertitel in der Wirkung nach außen am wertvollsten. In der DTM hat aber auch der Herstellertitel einen sehr hohen Stellenwert. Er ist ein Indikator dafür, wer als Mannschaft insgesamt den besten Job gemacht hat. Dazu zählen die Fahrer, die Teams, unsere Partner und auch all jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Neuburg, Ingolstadt und Neckarsulm, die man nicht unbedingt an der Rennstrecke sieht. Es ist der Titel, auf den jeder Audianer stolz sein kann.

Noch nie in der neuen Ära der DTM hat ein Automobilhersteller den Titel so überlegen und so früh gewonnen …

Das hat uns auch selbst etwas überrascht. Es zeigt, dass unser Audi RS 5 DTM in diesem Jahr das Auto ist, das es zu schlagen gilt. Ich denke auch, dass unser Vierzylinder-Turbomotor derzeit das Maß der Dinge ist. Unsere Ingenieure haben ihr großes Know-how gut genutzt. Man darf nicht vergessen, dass Audi bereits 2001 der erste Automobilhersteller war, der die Direkteinspritzung im Motorsport mit der Turboaufladung kombiniert hat. Der Audi R8 LMP war mit seinem TFSI-Motor bei den Sportprototypen von 2001 bis 2005 praktisch unschlagbar. Kurz nach dem ersten Le-Mans-Sieg 2001 kam die TFSI-Technologie in die Serie. Heute ist die Kombination von Benzindirekteinspritzung und Turboaufladung Standard und eine wichtige Effizienztechnologie, die dem Unternehmen hilft, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Von diesem Erfahrungsvorsprung profitieren unsere Kunden – und auch unsere DTM-Piloten.

Warum ist Audi in diesem Jahr denn so stark?

Wie gesagt: In der DTM muss das gesamte Paket stimmen. Unsere größte Stärke ist in diesem Jahr ganz sicher, dass unser Auto auf allen Strecken gut funktioniert und alle unsere Fahrer auf einem ähnlich hohen Niveau unterwegs sind.

Was sind die besonderen Stärken von René Rast und Nico Müller, die Kopf an Kopf um den Titel kämpfen?

Sollte René in diesem Jahr Meister werden, dann hat er es unter anderem seiner extrem starken Qualifying-Performance zu verdanken. Er hat inzwischen 27 Punkte allein im Qualifying geholt. Nico Müller hat – saisonübergreifend – inzwischen in 18 Rennen in Folge Punkte geholt. Auch das ist außergewöhnlich.

War es mit Blick auf die Herstellermeisterschaft entscheidend, zwei Autos mehr am Start zu haben als BMW?

Ganz sicher nicht, es zählen ja nur jeweils die vier besten Autos einer Marke für die Herstellerwertung. Der Vorteil ist minimal. Das sieht man auch, wenn man die insgesamt von den zwei zusätzlichen Kundenautos beigetragenen Punkte zusammenzählt.

Nach den letzten Rennen gab es viele Diskussionen zum Thema „Teamorder“. Was sagen Sie dazu?

Ich kann den Wunsch der Fans verstehen, die „freies Racing“ sehen wollen. Das haben sie in der ersten Saisonhälfte auch zu sehen bekommen. Jeder unserer Fahrer hatte die Chance, sich in die Position zu bringen, in der zweiten Saisonhälfte Unterstützung zu bekommen. Das ist bei BMW auch nicht anders. Schauen Sie sich Assen an: Da ist Marco Wittmann von ganz hinten gestartet und innerhalb der ersten fünf Runden von allen seinen Markenkollegen vorbeigelassen worden. Es ist klar, dass jene Fahrer unterstützt werden, die Chancen auf den Fahrertitel haben. Dazu brauche ich auch keine Teamorder. Wir haben intelligente Fahrer, die wissen, wie Teamwork funktioniert. Das kann man durchaus mit der Tour de France vergleichen – oder mit der Formel 1: Hat sich jemand beschwert, dass Sebastian Vettel in Spa mitgeholfen hat, dass sein Teamkollege Charles Leclerc gewinnt? Das gehört einfach zum Motorsport. In der DTM wird es als extremer wahrgenommen, weil wir derzeit nur mit drei Marken fahren und zudem eine der drei noch nicht voll konkurrenzfähig ist. Gerhard Berger arbeitet intensiv daran, mehr Marken in die DTM zu holen – dann erledigen sich die Diskussionen von allein.

Beim Finale in Hockenheim gehen mit Aston Martin, Audi, BMW, Honda, Lexus und Nissan erstmals sechs Marken an den Start. Was versprechen Sie sich davon?

Einen Vorgeschmack darauf, wie die DTM in Zukunft mit mehr Marken aussehen kann. Rund um das DTM-Finale sind viele Aktivitäten geplant, zum Beispiel die Ausstellung historischer DTM-Rennwagen. Aber dass die Japaner erstmals in einem DTM-Rennen an den Start gehen, ist ein absolutes Highlight, das ich mir als DTM-Fan nicht entgehen lassen würde. Wir haben beim 2017er-Finale ja schon ein paar Demorunden der japanischen Super-GT-Autos gesehen. Das hat uns allen Lust auf mehr gemacht und ich freue mich schon sehr auf die beiden Rennen.

Noch gibt es kleinere technische Unterschiede zwischen den DTM-Autos und den Rennwagen der Super GT. Wie wird das gelöst?

Der Plan ist, dass die Japaner am Donnerstag in Hockenheim einen Test fahren und es auf Basis dieses Tests eine „Balance of Performance“ geben wird. Das Ziel ist, dass DTM und Super GT auf einem Niveau fahren. Das gilt natürlich auch für die beiden gemeinsamen Rennen in Fuji Ende November.

Die DTM will internationaler werden, die Zahl der deutschen Rennen reduzieren und eventuell ihren Namen ändern. Wie steht Audi dazu?

Wir arbeiten gemeinsam mit der ITR an der Internationalisierung. Natürlich wollen wir alle die starke deutsche Fanbasis der DTM bewahren. Gleichzeitig müssen wir internationaler werden, aber nicht um jeden Preis. Es hilft uns nicht, vor spärlich besetzten Zuschauerrängen wie in Misano zu fahren. Ein positives Beispiel war dagegen Assen: Dort hat man gesehen, was mit einem starken Promoter auch außerhalb von Deutschland möglich ist. Auch in Brands Hatch hatten wir in diesem Jahr deutlich mehr Zuschauer, wie übrigens bis jetzt bei allen anderen Rennen auch. Ein anderer Name kann international auch hilfreich sein.

Zurück zur laufenden Saison. Wer holt den DTM-Fahrertitel?

Hoffentlich ein Audi-Fahrer. Wir haben zwar einen relativ großen Vorsprung mit René (Rast) und Nico (Müller), aber man darf BMW und Marco Wittmann nie unterschätzen. Sie werden alles daransetzen, die Titelentscheidung auf das Finale zu vertagen. Und wir wissen alle, was an einem Finalwochenende passieren kann. Deshalb ist es natürlich unser Ziel, dass der beste BMW-Pilot am Sonntagabend mehr als 56 Punkte Rückstand hat und unsere Fahrer in Hockenheim den Titel unter sich ausfahren. So wie 2017, als zur großen Überraschung aller René Rast als Rookie DTM-Champion wurde – übrigens ohne jegliche Hilfe seiner Markenkollegen.

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