Kurios: Und wieder verliert Audi ein Talent an BMW
Bei Audi setzt man seit 2018 auf Kontinuität
Und wieder ist ein Talent weg: Jonathan Aberdein verlässt Audi und wird aller Wahrscheinlichkeit nach zu BMW gehen. Keine Frage: eine echte Verstärkung. Der Südafrikaner konnte in seiner ersten DTM-Saison 2019 in einem Audi des WRT-Kundenteams auf Anhieb überzeugen, schaffte es acht Mal in die Punkte und holte 67 Zähler. Eine Ausbeute, mit der er Gesamtzehnter wurde.
DTM.com hatte nach der Saison mit dem Input der Verantwortlichen der Serie - Motorsport-Chefs der Hersteller, Teamchefs und einige weitere hochrangige Vertreter des Sports - eine Rangliste der besten Fahrer 2019 zusammengestellt, bei der Aberdein immerhin auf Platz sieben landete und einige etablierte Stars hinter sich ließ.
Klar ist: Der Junge ist ein Rohdiamant, ein Juwel. Für Audi schien sich die Investition auszuzahlen, denn Motorsportchef Dieter Gass hatte einen großen Vorteil des eigenen Kundenteams immer betont: Junge Fahrer könnten so an das Werksteam herangeführt werden. Denn WRT ist dafür bekannt, auf junge Fahrer zu setzen und sie zu fördern.
Das Problem: 2020 blockieren die «Alten» noch einige Cockpits.
Mike Rockenfeller (36), Loic Duval (37) und Jamie Green (37) haben noch Vertrag, auch Robin Frijns (28) und Nico Müller (27) haben einen laufenden Kontrakt. Meister René Rast (33) ist sowieso gesetzt.
Damit blieb für Aberdein erst einmal nur die Reserverolle in der DTM, er wäre in dieser Position am Norisring zum Einsatz gekommen und hätte dort Robin Frijns ersetzt, da dann parallel die Formel E in New York fährt.
Man muss dazu wissen: Ein Ersatzmann sitzt nicht das ganze Jahr auf der Reservebank, ihm wird das Bleiben durch ein attraktives, alternatives Rennprogramm-Paket schmackhaft gemacht. Ein Plan, der durch das Angebot von BMW aber torpediert wurde.
Aberdein entschied sich trotz einer ersten Zusage für Audi recht spontan im Dezember für den Wechsel. Der Ärger in Ingolstadt ist groß, wenngleich man den Schritt Aberdeins unter dem Strich nachvollziehen kann. Bei BMW bekommt er aller Wahrscheinlichkeit nach immerhin ein Stamm-Cockpit.
So oder so: Audi schaut mal wieder in die Röhre. Nicht zum ersten Mal.
Auch die Verpflichtung von Sheldon van der Linde durch BMW im Winter 2018/19 war ungewöhnlich. Denn die Wurzeln des Südafrikaners lagen eigentlich bei Audi.
Zumindest fuhr er jahrelang unter Audi-Flagge, wurde 2014 und 2015 Champion im VW-Cup, 2016 fuhr er im Audi Sport TT Cup, 2017 im TCR Germany – in einem Audi RS3 LMS. Er wurde 2018 unter anderem Zweiter in der Gesamtwertung des GT Masters und stand als Dritter bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps auf dem Podium – beides in einem Audi.
Testfahrten absolvierte er im Winter aber in einem BMW – und die Münchner schlugen zu, als er in einem Shootout drei Konkurrenten ausstach: Mikkel Jensen, Nick Catsburg sowie Nick Yelloly.
Der Hintergrund des Wechsels: Auch hier hatte kein freies Cockpit für van der Linde zur Verfügung, weshalb Manager Dennis Rostek bei Audi ankündigte, sich für seinen Schützling anderweitig umzusehen. In Ingolstadt konnte man nur zusehen, wie das Talent zu BMW ging und in der ersten DTM-Saison für einige Highlights sorgen konnte.
Generell wird zwar versucht, für Talente in der Warteschleife ein Programm zusammenzustellen, mit dem sie so lange gehalten werden können, bis ein Platz frei wird. In beiden Fällen reichte das allerdings nicht aus.
Das ist zu einem gewissen Teil auch der Preis für Kontinuität: Seit 2018 ist der Audi-Kader unverändert. In Kombination mit einem starken Auto gewann Audi 2019 in der DTM zwar alle Titel, zieht dafür aber bei so manchem Talent den Kürzeren.