So geht das Audi-Team Phoenix das Projekt DTM 2021 an
Phoenix-Teamchef Ernst Moser
Ernst Moser weiß, wie das Geschäft funktioniert. So schwierig wie in den vergangenen Monaten war es allerdings noch nie. Die Coronakrise hat auch sein Traditionsteam Phoenix hart getroffen, der DTM-Ausstieg von Audi ebenfalls.
Sein Rennteam, eine GmbH mit einem Umsatz von sechs Millionen Euro im Jahr, gibt es seit 1999, er beschäftigt inzwischen 30 Mitarbeiter, viele seit vielen Jahren. Seit 2000 ist Phoenix in der DTM dabei, zunächst für Opel, seit 2006 dann mit Werksunterstützung von Audi. Zweimal gewann man den Fahrer-, einmal den Teamtitel.
Corona und das Audi-Aus hatten aber zur Folge, dass man sich neu aufstellen musste, anders als früher.
2020 gut überstanden
«Wir haben 2020 relativ gut überstanden, denn im März, als die Coronakrise anfing, waren die meisten Verträge alle unterschrieben. Die meisten haben sie auch eingehalten. Aber wenn wir noch einmal eine Verschärfung der Krise erleben, wird es 2021 noch schwieriger als in diesem Jahr», sagte Moser im Gespräch mit SPEEDWEEK.com angesichts der erneut steigenden Infektionszahlen.
Doch Moser ist optimistisch, denn er kommt mit den Planungen für 2021 gut voran. «Ich arbeite weiterhin an dem LMP-Projekt und der Asian Le Mans Series, da sind wir schon recht weit», sagte er, perspektivisch beschäftigt er sich auch intensiv mit den Möglichkeiten, in der Zukunft in der LMDh-Klasse Fuß zu fassen und wieder als Werksteam eines Herstellers aufzutreten. «Daneben arbeiten wir an unserem Langstreckenprojekt, das steht zu einem großen Teil», sagte Moser: «Die Planung sieht gut aus, allerdings kann uns Corona theoretisch komplett aus den Angeln heben.»
Ein weiteres Standbein wäre die neue DTM, die mit einem GT3-Reglement fortgesetzt wird. Aktuell geht DTM-Chef Gerhard Berger mit den Teams in die Details, und der Österreicher ist überrascht von dem starken Feedback der Mannschaften, die Interesse zeigen.
Was freilich noch nichts darüber aussagt, wer 2021 tatsächlich dabei ist. Denn bis dahin müssen noch ein paar Hürden übersprungen werden, verrät Moser.
«Erst einmal brauchen wir die Bedingungen, die so eine Serie erfordert. Mit diesen Bedingungen fangen wir an, unser Budget aufzustellen», so Moser. In der Szene geht man davon aus, dass eine Million Euro für den Einsatz eines Autos eine Summe ist, mit der man eine Saison stemmen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass bei den Rennen etwas passiert.
Phoenix-Vorteile
Der Phoenix-Vorteil: «Im GT-Bereich, wo wir seit Jahren unterwegs sind, werden wir erst einmal nicht so viele Investitionen benötigen», sagte Moser. Was die Mannschaft betrifft, müsse er auch relativ wenig tun, «ich habe ja das aktuelle DTM-Team. Von daher ist das gar nicht so eine große Aufgabe, das auf die Beine zu stellen, denn die Strukturen sind vorhanden. Der Rest ist Tagesgeschäft».
Die zwei großen Herausforderungen: «Zum einen müssen wir sehen, wie die Zusammenarbeit mit Audi im Detail aussieht. Zum anderen ist da die Suche nach einem geeigneten Fahrer, der von Partnern unterstützt wird», so Moser.
Eine seiner Ideen: Dass man einen Fahrer von Audi gestellt bekommt und er den zweiten Piloten auf dem Markt sucht. Einen Fahrer mit Potenzial und Talent, aber auch mit einem gewissen Budget. «Dabei geht es nicht unbedingt um klassische Paydriver, sondern Formel-2- oder Formel-3-Fahrer, die die Formel 1 ad acta gelegt haben, aber trotzdem schnell sind, um vorne mitzufahren. Es gibt viele Talente, die in den Formelklassen oder auch im GT-Sport nicht weiterkommen und sich so etwas gewünscht haben, um sich zu zeigen», so Moser.
Auch wenn Berger sich große Namen wünscht, geht es für viele Teams wohl nur so. Moser glaubt: «Die Mischung aus Profis und Nachwuchstalenten ist genau der Mix, den wir in so einer Serie brauchen.» Audi hatte wie BMW auch Unterstützung zugesagt, allerdings nicht mehr so umfangreich wie bei einem Werksteam. Eine Option wäre zum Beispiel, dass man den Werksfahrer teilweise oder ganz bezahlt.
Das Gefühl ist nicht schlecht
Was sagt das Gefühl des erfahrenen Teamchefs? «Mein Gefühl ist nicht schlecht. Nicht 50/50, sondern vielleicht sogar ein bisschen mehr, Tendenz steigend», so Moser, der glaubt, dass es neben dem ADAC GT Masters genug Platz für eine weitere Serie gibt. «Es ist keine Konkurrenz, sondern ein anderes Konzept. Ich denke, dass die DTM mit GT3-Autos in die GT-Welt passen kann, ohne dass jemand Angst haben muss, dass die Serien zu viel und die Autos zu wenig werden», so Moser.
Denn, so Moser, «es ist Interesse im Markt vorhanden. Das Signal ist da, dass es funktionieren könnte. Euphorie gibt es in der aktuellen Zeit im Motorsport keine, es ist eher eine zurückhaltende, positive Grundeinstellung.»