DTM Norisring: «Röcke der Mädels schon immer kürzer»
Hans-Joachim Stuck
Der Blick zurück: Das Rennen 1990 war für mich ein ganz besonderes, denn es war ein Auf und Ab der Gefühle damals. Erst bin ich quasi direkt vom Krankenlager ins Auto gesprungen, dann war ich im Qualifying immerhin Dritter. Den ersten Lauf haben Walter Röhrl und ich dominiert, ich stand ganz oben auf dem Podest. Beim Start zum zweiten Lauf bin ich mit Altfrid Heger aneinandergeraten, da wäre das Rennen beinahe zu Ende gewesen. Aber ich konnte mich dann doch noch auf Rang drei ins Ziel retten. Am Sonntagabend habe ich den Norisring als Tabellenführer verlassen – eine wichtige Basis für meinen Meistertitel mit dem Audi V8 quattro im gleichen Jahr.
Die Atmosphäre: Der Norisring war immer schon das Highlight im DTM-Kalender. Die Röcke der Mädels waren hier immer schon ein bisschen kürzer und die Sponsorenzelte ein bisschen höher als anderswo. Einmalig war die Atmosphäre abends am Dutzendteich, wenn man mit dem ganzen Team gegrillt hat und zwischendurch die Fans nach Autogrammen gefragt haben. Herrlich! Wir waren damals mit der DTM alles andere als hinterm Mond, aber 25 Jahre später ist natürlich alles viel, viel professioneller geworden. Nicht nur, dass die Fahrer den Fettrand am Steak abschneiden und um zehn im Bett sind. Auch die Fahrzeugtechnik und nicht zuletzt die Sicherheit rund um die Strecke haben Riesenschritte gemacht. Gerade bei der Sicherheit bin ich auch niemand, der in alten Zeiten schwelgt. Da ist die DTM weltweit vorbildlich, und das ist auch gut so.
Die Strecke: Der Kurs sieht so einfach aus, aber er hat es absolut in sich. Damals wie heute ist der Norisring eine Strecke, auf der sich die Spreu vom Weizen trennt. Nur wer jeden Millimeter Strecke ausnutzt und ganz nah an die Betonwände ranfährt, kann wirklich schnell sein. Auf keiner anderen Strecke liegen Riesenerfolg und Riesendepp so nah beieinander. Daher sehe ich auch keine Vorteile bei einem bestimmten Hersteller. Die Fahrzeugedichte in der DTM ist enorm, daher entscheiden am Norisring vor allem das Können und die Konstanz des Fahrers über den Sieg.
Stucks Prognose: Natürlich blicken momentan alle auf die Kombination Audi–Green. Und Jamie ist derzeit sicher auch das Maß der Dinge. Aber in der DTM geht es manchmal brutal schnell bergab. Falscher Reifendruck im Training? Raus aus den Top –Ten! Irrweg bei Federn und Dämpfern? Ab ans Ende der Startaufstellung! Wir haben alle gesehen, wie überlegen Marco Wittmann im Vorjahr war – heute muss er sich wieder ganz schön strecken, um vorne dabei zu sein. Umgekehrt kann eine optimale Fahrzeugeinstellung und eine entsprechend starke Vorstellung im Rennen praktisch jeden DTM-Fahrer bis aufs Siegerpodest führen. Genau das macht die DTM aus.