Marcel Fässler: «Es wurde wieder nichts mit dem Sieg»
Marcel Fässler
Hallo, liebe Leser von SPEEDWEEK,
wie Ihr wisst, gebe ich Euch regelmässig Einblicke in meine Erlebnisse in der FIA WEC. Der sechste Lauf des Jahres fand auf dem sogenannten ‚Circuit of the Americas‘ in der Nähe von Austin/Texas statt. Doch bevor wir dazu kommen, will ich Euch noch kurz von der Radtour mit meinem Teamkollegen Benoît Tréluyer in Kalifornien berichten. Ich hatte Euch in meiner letzten Kolumne ja bereits erzählt, dass wir von San Francisco über den atemberaubenden Highway 1 bis nach Los Angeles radeln wollten. Es war tatsächlich gigantisch - fast noch besser, als ich es erwartet hatte. Am meisten beeindruckte mich, wie sehr sich die Landschaft dort alle ca. zehn Meilen verändert. Von Sanddünen, über Klippen, Steigungen, Abfahrten und Serpentinen im Wald war alles dabei. Einfach ein wunderschönes Erlebnis, das unheimlich viel Spass gemacht hat.
Weniger Begeisterung hat dagegen das Ergebnis beim 6-Stunden-Rennen in Austin ausgelöst. Denn obwohl wird dort sehr gut unterwegs waren und auch weite Teile des Rennens angeführt hatten, wurde es wieder nichts mit einem Sieg. Benoît, der die beiden letzten Läufe am Nürburgring und in Mexiko verletzungsbedingt bekanntlich auslassen musste, konnte dieses Mal wieder mitfahren. Leider wurde er beim Überrunden von einem GT-Wagen getroffen, woraufhin wir einen langen Reparaturstopp in der Box einlegen mussten und am Ende nur auf Platz sechs ins Ziel kamen. Da war die Enttäuschung natürlich gross. Denn unser R18 lief sonst problemlos. Was uns im Audi-Lager auch in Austin wieder negativ beeinflusst hat, waren die Full-Course-Yellow-Phasen. Reglementsbedingt müssen wir früher nachtanken als unsere beiden Hauptgegner in der LMP1-Klasse. Wenn dann zwischen unserem Tankstopp und dem der Konkurrenten ‚Gelb‘ ausgerufen wird, gewinnen die Anderen daraus immer etwas Zeit.
Das Rennen in Austin war eines der anstrengendsten überhaupt. Denn bei Aussentemperaturen von über 35 Grad Celsius wurde es auch im Cockpit extrem heiss. In meinem ersten Stint zu Rennbeginn habe ich fast schon die Runden gezählt, bis ich wieder aus dem Auto steigen würde. Auch während meines zweiten Einsatzes war es noch sehr warm. Aber da der in den Abendstunden stattfand, war es etwas angenehmer, und ich konnte sogar einen Doppelstint fahren.
Der nächste FIA-WEC-Saisonlauf findet dann am 16. Oktober in Fuji statt. Gerade für meine beiden Teamkollegen Benoît Tréluyer und André Lotterer sind Rennen in Japan sehr speziell. André wohnt in Tokio und fährt dort noch immer Formel-Rennen. Auch Benoît war viele Jahre in Japan aktiv. Beide sind bei den einheimischen Fans sehr beliebt, was beispielsweise während der Autogrammstunden auffällt. Es wäre schön, wenn es in Fuji klappen würde mit unserem ersten Saisonsieg. Unser Audi R18 hat grosses Potential und nun hoffen wir, dass auch das Rennglück mal auf unserer Seite ist.
Vor dem Rennen in Fuji werde ich in einer Corvette noch das ‚Petit Le Mans‘-Rennen bestreiten. Dieses 1998 erstmals ausgetragene 10-Stunden-Rennen zählt in den USA neben den 24 Stunden von Daytona und den 12 Stunden von Sebring zu den ganz grossen Langstrecken-Events. Da ich bei den beiden Klassikern in Florida in diesem Jahr bereits den Klassensieg erringen konnte, freut es mich umso mehr, auch jetzt wieder dabei zu sein. Die Rennstrecke ‚Road Atlanta‘ in Braselton bei Atlanta finde ich einfach nur genial. Genauso wie den Fan-Zuspruch dort. Viele der Zuschauer reisen schon sehr früh in der Rennwoche an und zelebrieren ein tolles Motorsport-Fest – ähnlich wie in Sebring. Mir persönlich macht es grossen Spass, vor so einer Super-Kulisse zu fahren.
Also, bis bald
Euer Marcel Fässler