Manor Racing auf Sterbebett: Gibt es noch Hoffnung?
Die Manor-Rennwagen in Monza 2016
In loser Reihenfolge gehen wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» auf Fragen unserer Leser ein. Dieses Mal will Hanna-Maria Keller aus Bern wissen: «Ihr habt doch berichtet, dass bei Manor in dieser Woche die Belegschaft entlassen wird. In aller Wahrscheinlichkeit ist das Team also nicht mehr zu retten. Gibt es überhaupt noch einen Anlass zur Hoffnung?»
Grundsätzlich reden wir hier von Formel 1, da können wir das Wort unmöglich getrost aus unserem Wortschatz streichen. Manor war zudem schon einmal in der gleichen Situation, vor der Saison 2015, und doch stand die tapfere englische Truppe in Melbourne dann am Start.
Die Situation ist folgende: Die Insolvenzverwalter der Firma FRP haben bestätigt, dass kein neuer Investor gefunden werden konnte. Daher ist jene Phase eingeleitet, in welcher die Angestellten im Rennwagenwerk von Banbury für Januar ausbezahlt und dann schrittweise entlassen werden. 212 Fachkräfte sind davon betroffen.
In der nächsten Phase werden die Sachwerte von Manor verkauft, um die Interessen der Gläubiger zu schützen – einschliesslich jener beiden Autos, die für die Saison 2017 im Aufbau waren.
Gleichzeitig kann ein Investor die Firma «Manor Grand Prix Racing» kaufen. Dieses Unternehmen hält die Erlaubnis auf Teilnahme an der Formel-1-WM 2017 und ist rechtlich eine andere Firma als der Rennstall selber. Ein potenzieller Investor müsste anschliessend die Sachwerte übernehmen und sicherstellen, dass die ganzen mehr als zweihundert Angestellten nicht alle davonlaufen.
Was für eine solche Entwicklung spricht: Die Bedingungen für einen Verkauf, die Besitzer Stephen Fitzpatrick gestellt hatte, gelten nach dem Kollaps nicht mehr. Anders formuliert – Manor wäre günstiger zu haben.
Der Autoverband FIA hat bereits eingewilligt, Manor zu erlauben, in den ersten Rennen einen umgebauten 2016er Wagen zu verwenden. Auf diese Weise wird versucht, eine Tür zur wundersamen Rückkehr offenstehen zu lassen.
Vor zwei Jahren war die Situation von Manor weitaus komplexer: Der Schuldenberg war höher, die Situation in Sachen Preisgeldverteilung und Ansprüche der anderen Rennställe war unklar, viele Fachkräfte waren bereits abgewandert, ein Teil des Materials sogar bereits verkauft. Und doch fanden die Stehaufmännchen irgendwie den Weg nach Melbourne.
Für Manor ist es nicht fünf vor zwölf. Sondern es hat bereits angefangen, Mitternacht zu schlagen. Wer immer Manor retten will, muss vor dem zwölften Schlag schnell handeln. Eine Rückkehr auf die Rennstrecke ist noch immer möglich, aber mit jedem verlorenen Tag wird die Chancen auf die Wiederholung eines Rennwunders geringer.