Antonio Giovinazzi in Ferrari-Rot: Eine Nation hofft
Im vergangenen Sommer äusserte sich Ferrari-Teamchef zu einem Jahrzehnte alten Reizthema bedeckt: «Es wäre schön, einen Italiener bei uns zu haben, aber es ist nicht einfach.»
Tatsächlich hatten die Firmenverantwortlichen irgendwann von einheimischen Piloten genug: zu hoher Erwartungsdruck. Wir müssen ziemlich weit zurückblättern, um siegreiche Italiener im berühmtesten Rennwagen der Welt zu finden.
Letzter Italiener im Ferrari am Start eines Grand Prix: Giancarlo Fisichella in Abu Dhabi 2009, als Nachfolger des glücklosen Luca Badoer. Beide waren Reservisten für Felipe Massa nach dessen schwerem Unfall in Ungarn. Und beide waren eine Notlösung: Eigentlich hätte Michael Schumacher im Wagen sitzen sollen, doch die Ärzte rieten Schumi nach einer Motorradverletzung vom Start ab.
Vor Badoer und Fisichella finden wir in Imola 1994 Nicola Larini im Ferrari. Er wurde im Todesrennen von Ayrton Senna Zweiter, auch er als Reservist, für den verletzten Jean Alesi. Es war auch Larini, der den vorderhand letzten italienischen Stammfahrer von Ferrari ablöste, Ivan Capelli 1993. Dessen Auto war so schlecht, dass die Karriere des ruhigen Ivan im Grunde ruiniert war.
Der letzte Italiener, der eine komplette Saison für Ferrari fuhr: Michele Alboreto 1988.
Der letzte Italiener, der für Ferrari gewann: Michele Alboreto 1985 (auf dem Nürburgring).
Der letzte Italiener, der in einem Ferrari in Monza gewann: Ludovico Scarfiotti 1966. Es war der einzige Formel-1-Sieg von Scarfiotti. Und, um Fragen einiger Leser vorzubeugen: Der Italiener selber schrieb sich Ludovico, selbst wenn in Büchern und im Internet die Schreibweise Lodovico kursiert.
Der letzte Italiener, der für Ferrari einen WM-Titel gewann: Alberto Ascari 1953.
Die goldenen Stunden für italienische Formel-1-Fans liegen schmerzlich weit zurück: Die einzigen beiden Weltmeister aus Italien – Nino Farina und Alberto Ascari in den 50er Jahren, gewissermassen in der Steinzeit der Formel 1. Der vorderhand letzte italienische GP-Sieger – Giancarlo Fisichella in Malaysia 2006. Die letzten italienischen GP-Piloten am Start: Tonio Liuzzi und Jarno Trulli beim WM-Finale von Brasilien 2011.
Antonio Giovinazzi, GP2-Gesamtzweiter 2016, war unlängst bei der italienischen Sky zu Gast. Goldig die Bilder von Antonio als Knirps: schon mit Ferrari-Käppi!
Giovinazzi meint: «2017 geht es für mich darum, Erfahrung zu sammeln, mich als Pilot zu entwickeln. Ich habe noch keinen GP-Renner bewegt. Im Simulator von Ferrari habe ich erkannt: Das ist ein komplett anderes Paar Schuhe als ein GP2-Renner, viel schwieriger. Aber ich habe in der GP2 viel darüber gelernt, wie man behutsam mit seinen Reifen umgeht, das wird mir von Nutzen sein. Das Ziel besteht darin, 2018 im Startfeld zu sein.»
Vielleicht kommt er schon früher zum Einsatz – als Reservist von Sebastian Vettel oder Kimi Räikkönen, sollten der Deutsche oder der Finne nicht einsatzfähig sein. Damit wäre Giovinazzi der 26. italienische GP-Pilot von Ferrari, der zu einem Formel-1-Wochenende antrat, wie unsere Liste zeigt.
GP-Piloten von Ferrari in der Formel-1-WM
1950: Luigi Villoresi, Alberto Ascari, Dorino Serafini
1951: Villoresi, Ascari, Piero Taruffi
1952: Giuseppe Farina, Taruffi, Ascari, Villoresi
1953: Ascari, Farina, Villoresi, Umberto Maglioli, Piero Carini
1954: Farina, Maglioli, Taruffi, Ascari
1955: Maglioli, Farina, Taruffi, Villoresi, Eugenio Castellotti
1956: Castellotti, Luigi Musso
1957: Musso, Castellotti, Cesare Perdisa
1958: Musso
1961: Giancarlo Baghetti
1962: Baghetti, Lorenzo Bandini
1963: Bandini, Ludovico Scarfiotti
1964: Bandini, Scarfiotti
1965: Bandini, Scarfiotti, Nino Vaccarella
1966: Bandini, Scarfiotti
1967: Bandini, Scarfiotti
1968: Andrea de Adamich
1969: Ernesto Brambilla
1970: Ignazio Giunti
1972: Nanni Galli, Arturo Merzario
1973: Merzario
1984: Michele Alboreto
1985: Alboreto
1986: Alboreto
1987: Alboreto
1988: Alboreto
1991: Gianni Morbidelli
1992: Ivan Capelli
1994: Nicola Larini
2009: Luca Badoer, Giancarlo Fisichella