Formel 1 an nur 2 Tagen: Heikles Spiel mit dem Feuer
Wo bleiben die denn?
Der hochintelligente Engländer Ross Brawn ist dazu ermuntert, bei Überlegungen über die Zukunft des GP-Sports in alle Richtungen zu denken. Der 62jährige ist beim neuen Formel-1-Grossaktionär Liberty Media für die Entwicklung von Sport und Technik verantwortlich. Zum Reglement gehört auch der Ablauf eines Rennwochenendes, und dabei kursiert der Plan, aus den Grand-Prix-Wochenenden nur noch Zweitagesveranstaltungen zu machen.
Neu ist das nicht. Darüber wird sei Jahren geredet. Nun facht Renault-Sport-Geschäftsleiter Cyril Abiteboul die Diskussion frisch an, wenn er bei unseren Kollegen von AutoHebdo sagt: «Das gegenwärtige Format muss geändert werden. Das Freitagtraining spielt doch keine Rolle mehr. Wir müssen uns Mittel und Wege überlegen, die Formel 1 dynamischer zu gestalten, ohne die Kosten in die Höhe zu treiben und ohne die Struktur der Rennställe zu beeinträchtigen.»
Damit widerspricht sich der Franzose bereits. Denn die Milchmädchenrechnung «Mehr Rennen, dafür nur noch Zweitages-Veranstaltungen» geht schon mal nicht auf.
Die Kosten für einen Rennstall zur Anreise sind genau so hoch, ob nun an drei Tagen gefahren wird oder an zwei. Zu zusätzlichen GP-Orten zu reisen, das kostet hingegen mehr Geld.
Was die Befürworter der Zweitages-Wochenenden auch vergessen: In vielen Städten müssen in Hotels mindestens vier Nächte bezahlt werden, gespart wird hier nichts, wenn auf der Rennpiste nur am Samstag und Sonntag Aktion geboten wird. Zudem will Liberty Media den Fans ja einen Mehrwert bieten. Wo bleibt der, wenn ein Tag Rennsport wegfällt?
Zudem werden sich die GP-Veranstalter dagegen sträuben, dass die Rennmotoren nur an zwei Tagen brüllen. FIA-Präsident Jean Todt sagte zu diesem Thema schon im Rahmen des Mexiko-GP 2015: «Es ist ganz einfach – wir haben bis jetzt nichts gefunden, das uns besser vorkommen würde als das bisherige Format. Wenn wir etwas finden würden, von dem wir überzeugt wären, dass es wirklich ein Fortschritt ist, dann würden wir uns das sehr genau ansehen.»
Todt warnte davor, nur den Show-Effekt im Auge zu haben, dabei aber die Position der Rennveranstalter zu vergessen. Eine Zweitagesveranstaltung bringt naturgemäss weniger Geld ein als das klassische Format. Mit einem Zweitages-GP-Wochenende wären allein in Mexiko den Veranstaltern fast 100.000 Fans entgangen!
Die so genannte Strategiegruppe der Formel 1 befasste sich ausgiebig mit dem GP-Format. Ex-Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, FIA-Chef Jean Todt sowie die Vertreter der Rennställe Ferrari, Red Bull Racing, Mercedes, McLaren-Honda, Williams und Force India dachten beispielsweise über diesen Ablauf nach: Freies Training am Freitag, Quali am Samstagmorgen und dann ein kurhes Rennen am Samstagnachmittag, das die Startaufstellung für den Grand Prix definiert. Auch Ex-Formel-1-Teamchef Flavio Briatore hat sich immer für Sprintrennen stark gemacht.
Sauber-Teammanager Beat Zehnder sagte dazu: «Die Diskussion um ein Spritrennen am Samstag ist nicht neu. Es war auch davon die Rede: Freitagmorgen technische Abnahme, Freitagnachmittag ein freies Training, dann würde das Auto unter Parc-fermé-Bedingungen gestellt, an der Abstimmung dürfte ab dann nichts mehr getan werden. Aber bei der ganzen Debatte gibt es ja auch den Punkt: Was sagt eigentlich der Formel-1-Promoter dazu? Gibt es nicht Verträge, was den Ablauf angeht? Und lassen sich durch solche Schritte wirklich mehr Fans an die Rennstrecke locken? Vor allem jedoch – was soll das Sprintrennen als Grundlage für die Startaufstellung ändern? Da würden doch die Gleichen vorne ins Ziel kommen, die nun schon nach dem Qualifying vorne stehen. Um radikal etwas ändern, müsste man den Vorschlag von Flavio Briatore umsetzen, die Reihenfolge einfach zu drehen. Aber was hat das noch mit Leistungsfähigkeit und Sport zu tun? Gar nichts. Das ist ein künstlicher Eingriff, der nicht dem Grundgedanken der Formel 1 entspricht. Ich bin sicher, viele Fans hätten dafür kein Verständnis.»
Auch viele Fahrer nicht. Der bekennende Formel-1-Historikfan Sebastian Vettel meinte, auf Änderungen des GP-Format angesprochen: «Ich bin Traditionalist, also halte ich von solchen Ideen nicht so viel. Ich finde, das würde etwas vom Spektakel Grand Prix wegnehmen.»
Bei Nico Rosberg marschierte Vettel mit dieser Meinung durch eine offene Tür, denn der Mercedes-Pilot sagte: «Rennhistorie ist mir wichtig, solch radikale Änderungen würden die Tradition verletzen. Wir haben im Tennis ja auch nicht plötzlich sieben statt vier Gran Slams. Da müssen wir ganz vorsichtig sein.»