Tatiana Calderón (Sauber): Rat von Juan Pablo Montoya
Medientermin bei Sauber, die junge Kolumbianerin Tatiana Calderón stellt sich unseren Fragen. Der Schweizer Sauber-Rennstall hat sie als Entwicklungspilotin unter Vertrag genommen, Steigbügelhalter ist das Nachwuchsförderungsprogramm von Telmex, die so genannte Escudería Telmex, welche schon den Mexikanern Sergio Pérez und Esteban Gutiérrez den Teppich Richtung Sauber ausgerollt hatte.
Calderon wirkt zierlich, fast zerbrechlich. Kaum vorstellbar, dass sie eines der gegenwärtigen Formel-1-Biester zähmen wird. Aber Calderón hat sich bislang auch auch im Barracuda-Becken GP3 respektabel geschlagen – zwei zehnte Ränge mit Arden (in Hockenheim und Monza). 2014 hat sie die Formel-3-EM auf Gesamtrang 15 abgeschlossen. Klar wird in den sozialen Netzwerken schon gehöhnt, dass dies nicht unbedingt nach einem kommenden Formel-1-Superstar klinge.
Calderon lässt sich davon nicht bange machen: Sie hat einen Traum und versucht, den wahr werden zu lassen. Dagegen lässt sich nichts einwenden.
Tatiana, kannst du uns ein wenig erklären, wie der Kontakt zu Sauber zustandegekommen ist?
Ich konnte im vergangenen Jahr einige gute Rennen in der GP3 fahren, so kamen wir in Kontakt. Sie wollten wissen, was meine Pläne für 2017 sind. Als die Saison vorbei war, haben sich diese Gespräche intensiviert. Ich darf Monisha Kaltenborn für diese Gelegenheit danken. Und auch der Escudería Telmex, ohne sie würde ich heute nicht hier sitzen.
Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Generell fahre ich nochmals in der GP3, neu für das Team DAMS. Das Hauptziel besteht darin, für diesen Rennstall eine gute Saison zu zeigen. Ich hoffe, ich kann dort zeigen, was ich kann. Dazu werde ich Sauber bei einigen Rennwochenenden begleiten, um mehr über die Arbeit des Teams zu lernen. Dazu werde ich mehrmals im Rennsimulator sitzen. Abhängig von meinem Jahr und der Arbeit im Simulator will ich auch den Formel-1-Renner testen, in Graz, bei der Firma AVL. Ich will also so viel als möglich über das Team lernen. Aber mir ist klar, wie wichtig es ist, gute Rennergebnisse zu zeigen. Nur Ergebnisse öffnen dir Türen.
Wird darüber gesprochen, dass du an einem der Nachwuchsfahrer-Testtage der Formel 1 zum Einsatz kommst? (Die Formel 1 testet innerhalb und nach der Saison an diesen Terminen: 18./19. April: Bahrain. 1./2. August: Budapest. 28./29. November: Abu Dhabi.)
Ja, darüber wird geredet. Aber es ist noch nicht entschieden.
Es liegt nahe, dass du bei den europäischen Grands Prix bei Sauber sein wirst, wenn die GP3 ohnehin im Rahmenprogramm stattfindet. Welche Übersee-GP sind geplant?
Fest stehen erst Mexiko und Austin.
Stellst du mit der Aussicht auf einen Formel-1-Test dein Fitnessprogramm um?
Ja, denn ich will sicherstellen, dass ich bereit bin, wenn sich eine Testmöglichkeit ergibt. Zum Glück kann ich bei Sauber auf überaus erfahrene Mitarbeiter zählen, wie den langjährigen Physio Jo Leberer. Ich werde hart genug trainieren, um bereit zu sein.
Wo siehst du dich selber in einem Jahr?
Ich will Rennen fahren. Ich will in die Formel 1, aber im GP-Sport weisst du nie, ob und wann sich eine Chance ergibt. Ich will einfach mein Bestes geben und jede Gelegenheit beim Schopf packen, die sich ergibt. Das Jahr 2017 ist extrem wichtig für mich.
Es ist schwierig für eine Formel 1, im Rennsport Fuss zu fassen. Jeder kennt die Historie von Frauen im GP-Sport. Wie siehst du das?
Die Zeiten ändern sich. Es gibt in der Formel 1 mehr Gelegenheiten für Frauen als früher, das beste Beispiel ist Monisha Kaltenborn als Teamchefin von Sauber. Aber Sauber hat auch Ruth Buscombe als leitende Strategin, zudem arbeiten zahlreiche weitere Frauen bei Sauber. Ich glaube daran, dass eine Frau mit den Männern mithalten kann. Wenn ich nicht fest daran glauben würde, dann wäre ich heute nicht hier. Ich liebe den Motorsport, Rennen in der Formel 1 zu bestreiten, ist mein Traum und mein Ziel.
Die letzte Frau im Formel-1-Renner war Susie Wolff als Testpilotin von Williams. Welche Rolle spielt sie für dich?
Susie hat mir extrem geholfen. Wir kennen uns seit 2014. Ich bewundere ihre Arbeit, wie sie versucht, mehr Frauen zum Einstieg in den Sport zu ermuntern. Sie ist eine Inspiration für alle. Und sie scheut sich nicht davor, ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen.
Der letzte Formel-1-Fahrer aus Kolumbien war Juan Pablo Montoya. Hat er in deiner Karriere eine Rolle gespielt?
Ja. Juan Pablo habe ich kennengelernt, als er ein Kartrennen für den guten Zweck organisierte, die Carrera de Estrellas, das Rennen der Stars. Im ersten Jahr davon war ich erst zehn Jahre alt und habe schon am Rennen teilgenommen. Später hat er mich immer wieder eingeladen. Er ist sehr offen und bietet jede Hilfe an. Einmal war er in Bahrain, als ich in der MRF Challenge fuhr. Ich wurde damals Gesamtzweite hinter Pietro Fittipaldi. Juan Pablo hat mir viele gute Tipps gegeben. Ich könnte mir keinen entspannteren, netten Kerl vorstellen. Ich habe es immer bedauert, dass er mit seinem Talent nicht Formel-1-Weltmeister geworden ist.