Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Verrückte Formel-1-Strafen: Braucht man den «Müll»?

Von Andreas Reiners
Wer steht wo? Gridstrafen sorgen für Chaos

Wer steht wo? Gridstrafen sorgen für Chaos

15 Startplätze zurück, 20, 25 oder gar 35: Die Strafversetzungen sorgen in der Formel 1 für kontroverse Diskussionen.

In Monza gipfelte das Chaos darin, dass es elf Strafversetzungen hagelte, über das komplette Fahrerfeld hinweg ging es 150 Startplätze zurück. Unrühmlicher Spitzenreiter: Klar, Fernando Alonso, der 35 Plätze zurück musste.

Lewis Hamilton fuhr beim GP von dem Platz los, für den er sich auch qualifiziert hatte, Carlos Sainz und Jolyon Palmer landeten zufällig wieder dort, nachdem sie und zahlreiche andere bestraft wurden. Sergio Pérez zum Beispiel wurde im Qualifying Elfter, musste wegen eines Getriebewechsels fünf Ränge zurück und profitierte von den vielen weiteren Strafen, indem er am Ende als Zehnter startete. Verrückt. Die Ermittlung der Startaufstellung ist dann auch eine Wissenschaft für sich.

Mark Webber hatte das Thema bereits vor zwei Monaten angestoßen. «Ich möchte keine Strafen für Fahrer, die damit nichts zu tun haben», stellte der frühere F1-Pilot und heutige TV-Experte klar. Er glaubt, dass die Formel 1 dadurch viele Fans verliert. Viele Menschen würden das Qualifying nicht schauen, «und wenn sie einschalten, denken sie: „Warum ist mein Lieblingsfahrer am Ende der Startaufstellung?“. Wir verlieren deshalb die Leute», so Webber.

In der Tat ist es den Fans nur schwer zu vermitteln, dass Fahrer für den Tausch von MGU-H (Energie-Rückgewinnung am Lader) oder MGU-K (Energie-Rückgewinnung kinetisch) statt um den Sieg darum kämpfen müssen, mit viel Glück in die Punkte zu kommen. Webber sagt deshalb: «Den Müll brauchen wir nicht.»

Zahlreiche Leser haben uns dann auch geschrieben: Wieso wird nicht das Team bestraft? Der Fahrer kann ja nichts dafür, wenn etwas am Motor kaputt geht. Wieso gibt es keinen Punkteabzug? Aber auch hier gibt es das Gegenargument. Denn in zahleichen Rennställen werden Punkteprämien ausbezahlt, warum soll ein Mitarbeiter von McLaren finanziell bestraft werden, weil die Techniker von Honda ihre Hausaufgaben nicht gut genug gemacht haben?

Das Thema ist nun auch ganz oben angekommen. Auch Ross Brawn, bei «Formula One Management» (FOM) für die technische Entwicklung des Sports zuständig, hat die Faxen dicke. Er spürt den Unmut der Fans, wenn Stars wie Fernando Alonso, Max Verstappen oder Daniel Ricciardo wegen zusätzlicher Motorteile ganz hinten losfahren müssen. Brawn bestätigt bei den Kollegen von Autosport: «Ich hasse es, wie sich technische Probleme auf den Rennsport auswirken. Klar lässt sich argumentieren: Wenn in einem Grand Prix etwas kaputtgeht, dann gehört das ja auch zum Sport. Aber einen solchen Ausfall, den verstehen die Fans. Was für die Formel-1-Freude ein wenig schwerer verdaulich ist: Ihr Held braucht einen neuen Motor, und als Strafe steht er in der letzten Startreihe. Da müssen wir einfach eine andere Lösung finden. Entweder eine andere Form der Bestrafung, oder wir werfen die Strafe ganz über Bord.»

Doch so einfach ist das nicht, denn die Strafen wurde ja nicht ohne Grund eingeführt. Befürworter erinnern an die Kostensenkung. Wobei die ja nicht unbedingt erreicht wird, denn eingesetzt werden die Power Units ja trotzdem.

Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist für eine Bestrafung, allerdings sollte dadurch nicht die Startaufstellung einmal komplett durchgemischt werden. Nicht zu vergessen: In der kommenden Saison wird das erlaubte Kontingent weiter reduziert, dann sind nur noch drei statt wie bisher vier Power Units straffrei einsetzbar.

Horner stellt klar, dass der komplizierte Hybrid-Motor die Wurzel allen Übels ist: «Er hat nichts Positives für die Formel 1 getan, seit er eingeführt wurde. Was mich beunruhigt, dass wir auf drei Motoren heruntergehen bei noch mehr Rennen. Das sollte beim nächsten Treffen der Strategiegruppe ganz oben auf der Agenda stehen», sagte Horner, der verriet, dass er in diesem Jahr bei einem Meeting einen Vorstoß gewagt hatte, aber keine Unterstützung fand. Mit der jüngsten Entwicklung und den Strafen, die in den verbleibenden Rennen noch kommen werden, hofft er nun auf mehr Verständnis bei den anderen Teams. Sein Vorschlag: Das Kontingent an Motoren wieder auf fünf erhöhen.

Aber: Es gibt durchaus Befürworter des aktuellen Systems. Das sind vor allem die, die befürchten, dass die großen Teams dann ihre Ressourcen nutzen werden. Und über Geldstrafen als Alternative zu den Gridstrafen wohl nur milde lächeln dürften. Und: Force Indias Technikchef Andy Green kann der Lotterie in der Startaufstellung durchaus etwas abgewinnen.

«Was ist daran falsch? Es wird immer darüber gesprochen, die Show zu verbessern. Das ist passiert. Jetzt beschweren sich alle darüber. Wer ist denn bitte zum Fahrer des Tages gewählt worden?», fragte Green bei den Kollegen von motorsport.com. In der Tat war es Daniel Ricciardo, der nach seiner Rückversetzung durch das Feld pflügte und für viele Überholmanöver sorgte.

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