Rennpolizei: Samthandschuhe für die besten GP-Teams?
Fernando Alonso gegen Romain Grosjean in Mexiko
Was im IndyCar-Sport völlig normal ist, das existiert in der Formel 1 nicht: Die gleichen Rennkommissare, die zu allen Rennen fahren. Im Grand-Prix-Sport setzt der Autoverband auf eine wechselnde Zusammensetzung des vierköpfigen Kommissarengremiums.
Das führt gemäss des Haas-Teamchefs Günther Steiner zu uneinheitlichen Urteilen. Überdies, so ist der Südtiroler überzeugt, würden die Top-Teams mit Samthandschuhen angefasst. Steiner regte sich über das Duell in Mexiko zwischen seinem Romain Grosjean und McLaren-Star Fernando Alonso auf. Der Genfer Grosjean erhielt für das Duell mit dem Spanier eine Fünfsekundenstrafe, Alonso blieb straffrei.
Günther Steiner sprach daraufhin bei Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting vor. «Es ist jedes Mal anders», ist Steiner genervt. «Mir ging es darum zu erfahren, was denn nun im Zweikampf erlaubt ist und was verboten. Romain erhält eine Strafe wegen Abkürzens, und Alonso fährt ihm ins Auto und zerstört sein Rennen, aber eine Strafe gibt es für Fernando nicht. Das soll mir mal einer erklären.»
Nach der umstrittenen Strafe für Max Verstappen kurz vor Schluss des USA-GP in Austin (Texas) war eine grosse Kontroverse entstanden. Die FIA-Kommissare sahen es als erwiesen an, dass sich Verstappen bei seiner Attacke auf Kimi Räikkönen kurz vor Schluss des Grand Prix einen unfairen Vorteil verschafft hatte. Also erhielt der Niederländer eine Fünfsekundenstrafe, was ihn Rang 3 kostete und ihn auf Platz 4 zurückwarf. Statt Verstappen durfte Räikkönen aufs Siegerpodest.
Daraufhin beschimpfte Verstappen die Kommissare als Idioten, und Ex-Formel-1-Fahrer Mika Salo, einer der vier Kommissare in Texas, erhielt Morddrohungen.
Günther Steiner weiter: «Die einzige Lösung für mich sind feste Rennkommissare, die ihr Handwerk verstehen. Von mir aus darf das Gremium auch gerne grösser werden – so lange die Entscheidungen nachvollziehbar und gleichmässig sind.»
Steiner ist überzeugt, dass nicht mit gleicher Elle gemessen wird: «Für die kleineren Teams ist alles schlimmer, weil diese Rennställe für sie nicht so wichtig sind.»
Der zweifache Indy-500-Sieger Arie Luyendyk ist einer von drei fixen IndyCar-Kommissaren, zusammen mit dem Italiener Max Papis sowie dem US-Amerikaner Dan Davis. Die beiden sind Brian Barnhart unterstellt, dem Charlie Whiting des IndyCar-Sports. Luyendyk gegenüber gpupdate.net: «Die Formel 1 könnte vom IndyCar-Sport etwas lernen. Die Regeln sind kompliziert, und keiner kann mir weismachen, dass einer wie Salo, der nur ab und an zu einem Rennen kommt, mit dem ganzen Reglement vertraut ist. Rennkommissar, das ist ein hochinteressanter Job, aber er bringt auch viel Verantwortung mit sich. Du musst mit allen fair umgehen, und ich finde, das ist in Texas in der Formel 1 nicht passiert. Die Strafe für Verstappen war eine Enttäuschung für die Fans und schlecht für den Sport, wo doch die Formel 1 und die USA ohnehin keine Liebesbeziehung führen.»
Für Charlie Whiting sind vier feste Rennkommissare nicht der Weisheit letzter Schluss. «Wir diskutieren das immer wieder. Aber wir finden, nur vier Kommissare fürs ganze Jahr zu haben, würde viele neue Fragen aufwerfen, auf die ich hier im Einzelnen nicht eingehen will. Derzeit halten wir unseren derzeitigen Weg für den sinnvolleren.»
«Wir nehmen unsere Arbeit sehr ernst. Wir sehen uns ständig die Kurven aller Strecken an und passen Randsteine an. Daher haben wir 2017 weniger Probleme in Sachen Pistengrenzen als früher. Aber ich gebe zu, dass wir noch mehr Arbeit vor uns haben.»