Christian Horner: «Sauber mit Alfa – Formel 1 wirkt»
Fiat/Chrysler-Konzernchef Sergio Marchionne hat die Präsentation von Alfa Romeo als Sauber-Hauptsponsor dazu benutzt, Politik zu machen. Der 65jährige Italo-Kanadier hat die Drohung wiederholt, wonach Ferrari aus der Formel 1 aussteigen könnte.
«Wenn sich die Formel 1 in die falsche Richtung entwickelt, dann wird Ferrari einen anderen Weg finden, um die eigene technische Exzellenz unter Beweis zu stellen. Das Abkommen zwischen Alfa Romeo und Sauber läuft Ende 2020 aus, und zu diesem Zeitpunkt kann auch Ferrari aussteigen.»
«Eine Formel 1, in der die Autos standardisiert und aus technischer Sicht nicht unterscheidbar sind, interessiert uns nicht», erklärt der Ferrari-Boss, der eine solche Formel 1 als «globale NASCAR-Serie» verhöhnt hatte.
Im Publikum sass bei der Präsentation auch Formel-1-CEO Chase Carey. Was der US-Amerikaner wohl gedacht haben mag, als Marchionne fortfuhr: «Wir pflegen aber eine gute Beziehung zu den Formel-1-Verantwortlichen und teilen Chase Careys Enthusiasmus, mit dem er die Marke in eine neue Richtung lenkt. Wir befinden uns in einem stetigen Dialog und wir haben bis 2020 Zeit, um eine Lösung zu finden, die für Ferrari vorteilhaft ist. Wir haben Chase Carey klar gemacht, was wir wollen und dass wir nicht gehen möchten. Nun müssen wir einen Kompromiss finden.»
Schlagzeilenträchtiges Säbelgerassel von Ferrari ist nichts Neues. Designer Gustav Brunner hat in den 80er Jahren für Ferrari ein IndyCar entworfen, weil die Italiener dem GP-Sport den Rücken wenden und sich neu orientieren wollten. Was nicht passiert ist. Der elegante Wagen steht im Museum, bei einem Rennen ist er nie eingesetzt worden. Der grosse Enzo Ferrari hat immer wieder mit Ausstieg gedroht, ab und an hat er die Rennwagen zuhause gelassen oder in einer anderen Farbe als Rot lackiert. Aber Ferrari ist der Formel 1 immer treu geblieben.
Tenor im Internet, von Fans und Fachleuten zugleich: Ferrari wäre komplett verrückt, die Formel 1 zu verlassen.
Der Sport ist nach Jahren der Stagnation (besonders in Sachen Marketing) wieder am Wachsen, die neuen Machthaber haben viele Ideen (manch gute, auch einige weniger gute), Ferrari entwickelt sich wieder zum potenziellen Champion.
Das Mitleid für Marchionne hält sich in Grenzen. Die Gegner sind wegen jahrlanger Bonuszahlungen an Ferrari (dank Bernie Ecclestone) wenig erfreut. Die Medien werden von oben herab behandelt. Ferrari lebt von seinem Mythos, und dieser Mythos lebt nur dank der Formel 1 weiter.
Wo will Marchionne denn hin? Will er in Le Mans Privat-Teams schlagen, wenn sich dort nach Audi und Porsche mit Toyota auch der letzte Hersteller verabschiedet hat? Will er Sportwagenrennen vor leeren Tribünen schönreden? Hat sich Marchionne mal überlegt, was mit der Ferrari-Aktie passiert, wenn der seine schönen roten Autos aus dem weltweiten Formel-1-Schaufenster klaubt?
Auch Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner kann sich nicht vorstellen, dass Ferrari geht. Der 44jährige Engländer sagt gegenüber meinem Kollegen Alan Baldwin von der Nachrichtenagentur Reuters: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Marchionne die Marke Alfa Romeo nur für drei Jahre in der Formel 1 zurückbringt. Die Rückkehr von Alfa bedeutet für mich – die Formel 1 funktioniert. Und was Ferrari angeht: Die Formel 1 braucht Ferrari, und Ferrari braucht die Formel 1. Das ist eine Zweck-Ehe. Und wir wollen Ferrari als Gegner. Das ist eine der grössten Marken der Welt und ein formidabler Rivale.»