Formel 1: Max Verstappen ist Champion

Mercedes: So gefährlich hätte Vettel werden können

Von Vanessa Georgoulas
Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin

Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin

Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin beantwortet auch nach dem Russland-GP einige Fan-Fragen und erklärt dabei unter anderem, was den Team-Verantwortlichen an der Boxenmauer Kopfzerbrechen bereitete.

Den Russland-GP hat Lewis Hamilton mit knapp 2,5 Sekunden Vorsprung auf seinen Teamkollegen Valtteri Bottas für sich entschieden, dennoch hatte der WM-Leader im Silberpfeil kein leichtes Spiel. Sowohl der Motor als auch die Reifen sorgten in jeder der 53 Rennrunden für Spannung beim vierfachen Champion und seinem Team, wie Andrew Shovlin verrät. Der Chefingenieur der Sternmarke beantwortet einige Fan-Fragen und spricht dabei über die Probleme, die das Weltmeister-Team im 16. WM-Lauf beschäftigt haben.

Auf Instagram wollte @mack11robinson etwa wissen: «Lewis hat im Funk von Verzögerungen bei seiner Antriebseinheit gesprochen. Gab es Schwierigkeiten? Und könnte in Suzuka ein ungeplanter Motorwechsel anstehen?»

Shovlin beschwichtigt: «Das ist kein echtes Problem. So etwas rührt normalerweise von kleineren Schwierigkeiten mit dem Mapping des Motors. Es besteht also kein Grund zur Sorge, was die Technik angeht. Aber natürlich werden wir uns das Ganze vor dem nächsten Rennwochenende in Suzuka ansehen. Und wir werden sicherstellen, dass wir ihm eine schöne, runde Leistungsabgabe liefern.»

Über Instagram erreichte Mercedes auch die Frage von @janniklasl. Er wollte wissen, was bei der Boxenstopp-Strategie von Hamilton schief gelaufen ist, sodass Sebastian Vettel mit seinem früheren Stopp vorbeiziehen konnte. «Warum habt ihr Hamilton nicht eine Runde früher an die Box geholt?», wundert sich der GP-Fan.

Shovlin sagt dazu: «Als Valtteri Bottas an die Box abbog, konnte Lewis bei freier Fahrt Gas geben und um rund 6 Zehntelsekunden zulegen. Wir dachten, dass wir dadurch den Abstand vergrössern und vielleicht sogar Max Verstappen schnappen könnten. Leider bauten die ultraweichen Reifen ab, als er sie härter herannahm – denn das ist keine sehr starke Mischung. Er machte zu diesem Zeitpunkt also Fortschritte, litt dann aber später unter den abbauenden Reifen. Deshalb hätten wir eine Runde früher hereinkommen sollen. Ferrari hat davon profitiert. Sie holten Vettel herein und konnten somit den sogenannten Undercut erfolgreich durchführen. Das lief für uns nicht nach Plan. Wir haben nicht gemacht, was wir hätten tun sollen. Und auch das werden wir uns vor dem nächsten Rennen ansehen.»

Ben Wardle meldete sich über Facebook mit der Frage: «Habt ihr darüber nachgedacht, Lewis zuerst hereinzuholen, um Vettel abzuwehren oder sollte immer schon Bottas zuerst zum Reifenwechsel abbiegen? «Wir haben die meisten Dinge in Erwägung gezogen. Wir sprechen auf jeder Runde darüber, was die Autos machen. Und wir wussten nicht, wie schnell Lewis sein würde, wenn er freie Fahrt hat», erklärt Shovlin. «Wir wussten nicht, wie viele Runden der ultraweiche Reifen halten würde, wenn er stärker belastet wird. Das war einer der Gründe dafür, warum wir ihn nicht hereinholen wollten.»

«Uns war nämlich klar, dass er dann hinter Verstappen festhängen würde und dadurch wären wir für Ferrari angreifbar geworden», fährt der Ingenieur fort. «Das war einer der Hauptgründe dafür, warum wir Valtteri zuerst reingeholt haben, aber auch, dass Valtteri viel weiter vorne lag, wurde dabei berücksichtigt. Wir konnten uns sicher sein, dass der Finne nach dem Stopp vor Vettel herauskommen würde.»

«Wie schlimm war die Blasenbildung bei Lewis?», fragte «@mohammedriyaz_28» auf Instagram. «Das war eine Sorge», räumt Shovlin ein. Und er schildert: «Man konnte sie im Fernsehen erkennen, es war eine Linie in der Mitte des Reifens zu sehen. «Es kann viel schlimmer werden, aber wenn man die Reifen am Anfang richtig hart rannimmt, bieten sie viel Grip und haben noch viel Gummi drauf. Dadurch sind sie sehr anfällig für Blasenbildung. Das Problem ist, dass du erst viel später weisst, wie stark der Reifen abgenutzt ist und wie schlimm das Problem tatsächlich sein wird. Wir machten uns also Sorgen darüber, wie gross das Problem werden würde, denn das hätte Lewis gegen Ende des Rennens angreifbar gemacht.»

Auf Twitter fragte @glenndovey: «Wie gefährlich hätte Sebastian Lewis werden können? Hätte Seb wirklich angreifen können, wenn die beiden Mercedes-Piloten nicht an Verstappen vorbeigekommen wären?» Shovlin gesteht: «Es gab einige Dinge, über die wir uns nicht sicher waren. Eines davon war, wie schnell Ferrari auf den weichen Reifen sein würde. Wir haben im ersten Stint gesehen, dass es verdammt schwierig war, einen Vorsprung herauszufahren, also wussten wir, dass sie schnell waren.»

«Zudem machten wir uns Gedanken darüber, dass das Feld hinter Verstappen hätte zusammenrücken könnten», erklärt der Brite weiter. «Denn es gab keinen Grund für Verstappen, an die Box zu gehen, er blieb draussen, weil er von einer möglichen Safety-Car-Phase profitiert hätte. Wir machten uns deshalb Sorgen, weil es im Falle eines Zusammenrücken des Feldes schwierig geworden wäre. Sebastian hätte ein Manöver starten können. Und solche Dinge lassen sich schwerlich vorhersagen.»

Auch auf Twitter meldete sich @Mathew_Booth_, der wissen wollte, wieviel Performance die neuen Teile am Auto gebracht haben. «Sie haben funktioniert», verrät Shovlin, der sich allerdings nicht weiter in die Karten blicken lässt. «Wir entwickeln nicht nur mit Blick auf das aktuelle Fahrzeug, sondern auch für das nächste Modell. Dieser Spagat ist nicht einfach, speziell, wenn man wie wir oder Ferrari auch noch um den Titel kämpft. Wir werden aber nicht verraten, wie viel die Neuerungen wert waren, denn dadurch würden wir zu viele Informationen preisgeben. Aber wir können sagen, dass sie sich positiv ausgewirkt haben. Man kann erkennen, dass wir in den letzten Rennen einen kleinen Vorteil im Qualifying gegenüber Ferrari herausgeholt haben und wir hoffen, dass wir diesen auch bei den verbleibenden Rennen halten können.»

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