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Carlos Sainz über María de Villota: «Meine Lehrerin»

Von Mathias Brunner
​Im Oktober 2013 ist die spanische Rennfahrerin María de Villota verstorben. McLaren-Pilot Carlos Sainz denkt noch heute oft an sie: «Sie war meine Lehrerin, als ich erstmals in einem Rennauto sass.»

11. Oktober 2013: Die Mannschaft einer Ambulanz in Sevilla reagiert umgehend auf den Notruf, eine Frau sei leblos in ihrem Hotelzimmer aufgefunden worden. Wenig später dann verbreitet sich die traurige Gewissheit – María de Villota, Rennfahrerin aus Madrid, war im Alter von nur 33 Jahren verstorben; gemäss den Ärzten als Folge der neurologischen Verletzungen, die sie 2012 erlitten hatte.

Am 3. Juli 2012 war die spanische Marussia-Pilotin bei einem Aerodynamik-Test in Duxford (England) schwer verletzt worden. Sie hatte beim Anfahren der behelfsmässigen Box die Kontrolle über den GP-Renner verloren und prallte in eine heruntergeklappte Laderampe eines Team-Lastwagens. Sie zog sich dabei lebensbedrohliche Kopfverletzungen zu und verlor ihr rechtes Auge, dazu grösstenteiles Geruchs- und Geschmackssinn.

De Villota war die erste Frau in der Formel 1 seit der Italienerin Giovanna Amati 1992 gewesen.

Carlos Sainz denkt noch heute an María zurück, wie er vor in einem Formel-1-Podcast erklärt hat. «María war meine Lehrerin, als ich 2009 in Jarama erstmals in einem Formel-Auto ausrückte. Vor der Red-Bull-Sichtung hatte ich mich damals dazu entschieden, diesen Test auf der Rennstrecke ausserhalb von Madrid zu machen, in einem Auto, das für Streckengäste zur Verfügung stand.»

Der Sohn des gleichnamigen Rallye-Weltmeisters war damals 14 Jahre jung. De Villota war doppelt so alt und in der Einsitzerserie «Superleague Formula» engagiert. Sainz erzählt: «Ich bin ihr einfach hinterhergefahren, sie hat mir die korrekte Linie gezeigt und mich zuvor mit der Spitze-Hacke-Technik vertraut gemacht. María war sehr geduldig mit mir und überaus nett. Sie hatte immer ein Lächeln auf den Lippen. Aber bis heute weiss ich nicht, wie ich mich damals eigentlich geschlagen habe. Sie meinte einfach, das sei prima gewesen, das gab mir ein gutes Gefühl.»

Sainz unterzeichnete kurz darauf für die Nachwuchsförderung von Red Bull, das brachte ihn zu Toro Rosso in die Formel 1, von dort zu Renault und anschliessend zu McLaren. Sainz steht noch heute in engem Kontakt mit der Familie de Villota und ist Botschafter der Stiftung «María de Villota Legacy» (zur Unterstützung von Kindern mit neuromuskulären Erkrankungen sowie Leiden der Sehkraft). Carlos sagt: «Die ganze Familie de Villota stand meiner immer sehr nahe. Ich musste mitansehen, wie ein Vater seine Tochter verliert. Emilio, Marías Bruder, war bei einigen Formel-3-Läufen mein Renningenieur. Er ist auch heute noch ein guter Freund.»

Mitte Juni 2016 hat die britische Behörde für Gesundheit und Sicherheit (HSE) die Ergebnisse zum schweren Unfall der Madrilenin in Duxford veröffentlicht. Dem Team konnte kein Fehlverhalten nachgewiesen werden, ein Defekt am Wagen lag offenbar nicht vor. Die Experten kamen ausdrücklich zum Schluss, dass es an sich keine Grundlage für rechtliche Schritte gegen den Rennstall Marussia (heute Manor-Marussia) gebe. Eine Klage der Familie wegen Fahrlässigkeit wurde aussergerichtlich beigelegt, wie im Oktober 2017 bekannt wurde.

Unter dem Druck der BBC und vor dem Hintergrund entsprechender Gesetzgebung in Sachen Informationsfreiheit musste die HSE einen Teil des Berichts offenlegen. Im Bericht steht unter anderem, dass der Unglücks-Lastwagen mit einer unüblich grossen Ladeklappe versehen gewesen sei, jedenfalls nicht in den üblichen Massen eines Renn-Lkw. Die HSE-Dokumente schildern, dass de Villota zwar Anweisungen zu ihrem Auto erhalten habe, dass die Informationen über das exakte Prozedere des Anhaltens jedoch nicht bis ins letzte Detail definiert gewesen seien.

Beim Unfall solle der Wagen mit blockierenden Vorderrädern in den Lkw geprallt sein. Offenbar hatte de Villota es aus unbekannten Gründen nicht geschafft, die Kraftübertragung über eine gezogene Kupplung in den Leerlauf zu bringen. Stattdessen schob der Wagen trotz Bremsmanövers weiter an. Eine Motor-Software, welche sicherstellt, dass die Drehzahl nicht unter 4100/min fällt, verhinderte wohl, dass die Pilotin vom zweiten in den ersten Gang schalten konnte, um den Wagen weiter zu verzögern.

Zum merkwürdigen Unfall von María meint Sainz: «In nur einem von einer Million Fällen geht etwas dermassen schief. Ich bin der Ansicht, dass sie einfach grosses Pech hatte. Ihr Schicksal hat mich gelehrt, das Leben zu geniessen und mit einem Lächeln durch die Welt zu schreiten.»

Der Stern, de Villotas Markenzeichen, ist bis heute Teil des Helmdesigns von Carlos Sainz.

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