Jean-Eric Vergne: «Formel-1-Aus war das Beste»
Jean-Eric Vergne
Drei Jahre lang trat Jean-Eric Vergne in der Formel 1 an, und zeigte dabei – zumindest mit Blick auf den WM-Rang eine konstante Steigerung. Seine Debütsaison absolvierte der Red Bull-Junior noch als Siebzehnter, ein Jahr später durfte er den 15. Tabellenplatz bejubeln und in seiner letzten F1-Saison schaffte er es auf den 13. Gesamtrang. Trotzdem folgte daraufhin das Aus bei der Red Bull-Nachwuchsschmiede Toro Rosso, die stattdessen auf Max Verstappen und Carlos Sainz setzte.
Vergne stand mit leeren Händen da. Er erinnert sich im Gespräch mit «Reuters»: «Als Red Bull-Motorsportberater Helmut Marko die Entscheidung traf, mich in einen langen Urlaub zu schicken und nicht mehr für die Red Bull-Familie fahren zu lassen, stand ich ohne Vertrag da. Es kam kein Geld mehr rein, ich hatte keine Zukunft. Ich steckte in der beängstigenden Situation, im Alter von 23 oder 24 Jahren mit nichts dazustehen.»
Vergne wechselte in die Formel E und schwor sich, nie wieder an diesen Punkt zu kommen. «Ich will nie wieder in dieser Situation stecken, deshalb begann ich, in Projekte zu investieren, an die ich glaube.» Dazu gehört auch das Engagement für «Veloce eSports», einem Unternehmen, das sich auf das Management von eSport-Teams für Kunden wie Alfa Romeo (früher Sauber) spezialisiert hat. Auch der zweifache Weltmeister Fernando Alonso gehört mit seinem eSport-Team zu den Kunden.
Daneben stellt der 29-Jährige aus Pontoise auch weiterhin sein Können am Lenkrad unter Beweis – etwa in der Formel E, die er in der Saison 2017/2018 für sich entschied. Mittlerweile sieht er den Formel-1-Rausschmiss sogar als Segen an. «Ich denke, das Formel-1-Aus war tatsächlich das Beste, was mir hatte passieren können. Es hat mir in so vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet.»
Die eSports-Szene vergleicht Vergne mit der Formel 1 vor 50 Jahren. «Die Formel 1 existierte, aber es gab kein Geschäftsmodell. Dann kam Bernie Ecclestone und brachte alle Teams zusammen – und es wurde eine der erfolgreichsten Sportarten der Welt, denn er schaffte es, ein ganzes Geschäftsmodell um die Formel 1 zu schaffen. Wir sind zwar nicht Bernie. Aber ich glaube, wenn man uns als Team nimmt, dann sind wir nicht weit von Ecclestone entfernt. Ich denke, was Bernie mit der Formel 1 gemacht hat, können wir auch in der eSports-Ecke hinbekommen.»
Die bestbezahlten Gamer würden auch schon mehr Geld als die am schlechtesten bezahlten GP-Stars verdienen, betont der frühere Toro Rosso-Fahrer. «Das Ganze wird immer grösser», ist er sich sicher, und verrät: «Im vergangenen Jahr waren wir in Monza mit unserem YouTuber im Fahrerlager unterwegs, und nur Charles Leclerc und Max Verstappen erkannten ihn – denn die Beiden sind auch Gamer. Sie sind jung, und das ist es, was die jungen Leute tun. Das ist die neue Generation. Als wir das Fahrerlager verliessen und auf die wartenden Fans trafen, erkannten sie unseren Mann sofort und verlangten auch von ihm Autogramme. Das beweist, dass auch die Gamer berühmt sein können.»