Coronavirus: Vietnam ohne Italiener, GP vor dem Aus?
Ob der erste Grosse Preis von Vietnam wirklich wie geplant stattfinden kann?
Formel-1-CEO Chase Carey hatte zum Coronavirus und seinen Folgen klargemacht: «Die Situation ändert sich ständig. Es ist wirklich schwierig, zu weit in die Zukunft zu blicken. Wir wissen eigentlich noch immer nicht, womit wir es zu tun haben. Wir nehmen das alles nicht auf die leichte Schulter und versuchen, Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen. Vor zwei Wochen hatte noch niemand von Italien gesprochen, nun gibt es dort grosse Schwierigkeiten. So schnell ändert sich das.»
«Wir bereiten uns weiter so vor, dass wir die geplanten Rennen durchführen können. Aber wir sind uns dessen bewusst, dass weitere Hürden auf uns zukommen könnten. Wenn es darum geht, wer letztlich entscheidet, wo wir antreten, dann haben alle eine Stimme – die verschiedenen Gesundheitsbehörden, die Rennveranstalter, der F1-Rechtehalter und die FIA. Letztlich ist ein bestimmtes Land der Gastgeber. Aber ich sehe alle beteiligten Parteien als Partner, die ein Problem gemeinsam angehen. Und am Ende kommen wir zu einer Entscheidung, die für alle stimmen muss – Zuschauer und Wettbewerber.»
Die Vorbereitungen in Melbourne, im Inselstaat Bahrain und in Hanoi laufen. Formula One Management (FOM) arbeitet an besonderen Charter-Flügen, um die Reise des Formel-1-Personals zu erleichtern. Die meisten Mitglieder des GP-Zirkus stammen aus Europa, zum überweigenden Teil aus Grossbritannien, mit einem starken Anteil aber auch aus Italien – dem europäischen Hot-Spot der Viruserkrankung.
Die italienischen Zivilschutzbehörden unter Leitung von Angelo Borrelli zum jüngsten Stand: 2036 Krankheitsfälle, 52 Todesopfer, 149 Genesene. Am meisten Kranke finden wir in der Lombardei (1254), in der Emilia Romana (335) und im Veneto (273).
Ferrari lässt mitteilen: «Wir sind uns dessen bewusst, dass sich die Situation ständig ändert. Aber die Reise nach Australien und Bahrain ist bestätigt.»
Melbourne-Rennpromoter Andrew Westacott: «Derzeit haben wir keine Anzeichen, wonach die Einreisebestimmungen von Australien verschärft werden. Die Teams werden normal anreisen.»
In Bahrain werden sich Besucher auf Untersuchungen am Flughafen vorbereiten müssen. Solche Messungen sind wir aus anderen Ländern seit Jahren gewohnt. Team-Mitglieder aus der Formel 2 und der Formel 3 (Testfahrten in Bahrain) mussten sich stundenlang untersuchen lassen.
Vietnam hat die Einreisebestimmungen erneut verschärft. Zunächst wurde das Visum-freie Reisen für Italiener untersagt. Die jüngste Bestimmung besagt: «Alle Reisenden aus China, Südkorea, Italien und Iran müssen medizinische Erklärungen abgeben und eine 14-tägige Quarantäne einhalten, bevor sie das Land betreten dürfen.» Das Rennen in Vietnam soll zwei Wochen nach dem WM-Lauf von Bahrain stattfinden.
Ob sich «Reisende aus Italien» darauf bezieht, wer direkt aus Italien anreist oder ob die Situation anders bewertet wird, wenn ein Reisender zuvor schon wochenlang in Australien und Bahrain unterwegs war, wird von den Vietnamesen derzeit nicht erklärt. Haas-Teamchef Günther Steiner zuckt zur Coronavirus-Krise mit den Achseln: «Die Lage ändert sich ständig.»
In Vietnam sind Dutzende von Veranstaltungen verschoben oder gleich abgesagt worden: Der Marathon von Hanoi, ein internationales Badminton-Turnier oder das beliebte Feuerwerkfestival von Da Nang.
Die GP-Organisatoren von Hanoi und der Tourismusverband beteuern, dass der Premieren-GP wie geplant durchgeführt werden soll. Daran gibt es immer mehr Zweifel.
In der MotoGP (Rennen in Katar und Thailand abgesagt) stammen sechs von elf Teams aus Italien. In der Formel 1 sind es zwei von zehn, Ferrari (Maranello) und AlphaTauri (Faenza). Ferrari ist überdies Motorpartner von Alfa Romeo und Haas, entsprechend reist Personal von Ferrari jeweils auch für die zwei Kunden-Teams um die Welt.
Ein Renneinsatz von Ferrari und AlphaTauri ohne die italienischen Fachkräfte ist schlicht unmöglich.
Bei AlphaTauri arbeiten vermehrt Fachkräfte zuhause, die Mitarbeiter im Werk werden dazu ermahnt, Hygienemassnahmen einzuhalten (Händewaschen und desinfizieren, kein Händeschütteln mehr). Gemäss Teamchef Franz Tost gibt es keine Erkrankungsfälle.
Aber es geht ja nicht nur um Rennställe: Der Reifenlieferant der Formel 1 heisst Pirelli. Die Rennwalzen werden zwar seit Jahren in zwei Werken ausserhalb von Italien hergestellt (in der Türkei und in Rumänien), aber auch hier stammt das meiste Personal aus dem Raum Mailand.
Die Anzahl italienischer Mitarbeiter im Sauber-Rennwagenwerk von Hinwil hält sich in so engen Grenzen, dass eine Reise zu einem Grand Prix nicht gefährdet wäre, müssten italienische Staatsbürger zuhause bleiben.