Sebastian Vettel ohne Ferrari-Titel: In edler Runde
Die Erkenntnisse aus den Formel-1-Wintertests im vergangenen Februar und März drängen den Verdacht auf: Mercedes-Benz bleibt Klassenbester, und Red Bull Racing-Honda fährt auf Augenhöhe mit Ferrari. Das würde bedeuten: Es wird wohl auch 2020 nichts mit dem Fahrer-WM-Titel von Sebastian Vettel mit Ferrari, damit hätte der Heppenheimer sein grosses Ziel verpasst, wie sein Vorbild Michael Schumacher Weltmeister in Rot zu werden.
Verblüffend: Von 109 Ferrari-Werksfahrern sind nur 9 Formel-1-Piloten im roten Overall Weltmeister geworden! Das sind Alberto Ascari (1952 und 1953), Juan Manuel Fangio (1956), Mike Hawthorn (1958), Phil Hill (1961), John Surtees (1964), Niki Lauda (1975 und 1977), Jody Scheckter (1979), Michael Schumacher (2000 bis 2004) sowie Kimi Räikkönen (2007).
Die Formel 1 wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Teilen wir die Rennhistorie in zwei Abschnitte, bis Mitte der 80er Jahre und von 1985 bis heute, dann haben in der zweiten Hälfte sogar nur Schumi und «Iceman» den Titel geholt.
Niemand kann Sebastian Vettel vorwerfen, er habe sich zu wenig ins Zeug gelegt, um mit Ferrari Weltmeister zu werden. Vielleicht hat es einfach nicht sollen sein. Denn wenn wir uns ansehen, wer alles bei Ferrari am Titel vorbeigeschrammt ist, dann ist Vettel in überaus prominenter Gesellschaft.
Fernando Alonso kam als zweifacher Weltmeister mit Renault (2005 und 2006) zu Ferrari. Aber über drei zweite Schlussränge 2010, 2012 und 2013 kam der Asturier nicht hinaus – vor der Sonne stand ihm ausgerechnet jener Sebastian Vettel, der später sein Nachfolger in Maranello wurde. Damals stand Seb in Diensten von Red Bull Racing und holte vier Titel in Serie (2010 bis 2013).
Alain Prost dockte mit drei WM-Titeln 1985, 1986 und 1989 von McLaren bei Ferrari an, wurde aber in Maranello nie glücklich. 1990 wurde auch der Franzose WM-Zweiter. Ende 1991 verglich er seinen roten Renner als Lastwagen und wurde für diese Gotteslästerung gefeuert.
Weitere WM-Zweite mit Ferrari: Michael Schumacher (1998 und 2006), Felipe Massa (2008), Rubens Barrichello (2002 und 2004), Sebastian Vettel (2017 und 2018), Clay Regazzoni (1974), Eddie Irvine (1999), Michele Alboreto (1985), Niki Lauda (1976), Jacky Ickx (1970), Giuseppe Farina (1952) und Alberto Ascari (1951).
Ferrari ist dank Enzo Ferrari nicht nur zu einer der berühmtesten Automarken der Welt geworden, Ferrari hat die Formel 1 geprägt. Die Italiener halten fast alle wichtigen Rekorde im Grand-Prix-Sport, kein Team hat weltweit eine solche Gefolgschaft. Ferrari ist nicht einfach nur eine Sportwagenfirma, Ferrari ist ein Mythos, und das war einer der Gründe, wieso Sebastian Vettel für die Italiener fahren wollte.
Vettel ist ein bekennender Historien-Fan, in der Rennsportgeschichte sehr belesen. «Ferrari ist Legende, und ich empfinde es als ein Privileg, für diesen Rennstall fahren zu können», sagte Vettel, nachdem er für die Italiener unterzeichnet hatte. «Den Moment, als ich erstmals das Werksgelände betrat, werde ich mein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen.»