Alex Zanardi nach Unfall: Verfahren bald eingestellt?
Alex Zanardi
Der Autorennfahrer und Paralympics-Sieger Alex Zanardi (54) hatte am 19. Juni 2020 bei Pienza auf der SP146 die Kontrolle über sein Handbike verloren und war mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammengeprallt, er zog sich dabei lebensgefährliche Kopfverletzungen zu. Der seit 2001 nach einem IndyCar-Unfall beinamputierte Zanardi musste mehrfach operiert werden und macht gemäss der Gehirnspezialistin Federica Alemanno Fortschritte: «Es war ein sehr bewegender Moment für die Familie, als Alex begonnen hat zu reden. Das war unglaublich.»
Während sich der tapfere Zanardi noch immer ins Leben zurückkämpft, gingen die Ermittlungen der Behörden von Siena weiter, unter Leiter der stellvertretenden Staatsanwältin Serena Menicucci.
Mitte Oktober 2020 hatte die Staatsanwaltschaft ein erstes Gutachten zum Unfallhergang erstellt. Der verantwortliche Sachverständige Dario Vangi kam damals zum Schluss: Obschon der Lastwagen kurz vor der Kollision mit der linken Fahrzeugseite geringfügig auf die gegenüberliegende Spur geraten war (um weniger als 40 cm), könne der Lkw-Fahrer nicht für die Kollision verantwortlich gemacht werden. Vangi basierte seine Einschätzung auch auf Videobilder einer Person, welche das damalige Handbike-Staffelrennen mit Zanardi gefilmt hatte. Vangi schrieb im Gutachten, der Lkw-Fahrer hätte die Kollision (auf Höhe des linken Vorderrads der Zugmaschine) nicht verhindern können, obschon er die Lenkung reflexartig nach rechts verriss. Zu diesem Zeitpunkt habe Zanardi die Kontrolle über sein Handbike bereits verloren gehabt.
Giorgio Cavallin, Verteidiger der Familie Zanardi, argumentierte im vergangenen Herbst hingegen, der Lastwagen – leicht auf der Spur des Handbike-Fahrers – habe Zanardi zu einem brüsken Lenkmanöver gezwungen, das dann Auslöser des Sturzes wurde. Zuvor war auch vermutet worden, dass Zanardi an jener Stelle vielleicht von einer Bodenwelle überrascht worden sei. Davon wurde im Gutachten von Dario Vangi jedoch nichts vermerkt. Carlo Covi, Rechtsvertreter der Familie Zanardi, behauptet das Gegenteil und sagt: «Wer sich das Video betrachtet, dem ist sofort klar, wie sehr der Lastwagen auf die Gegenfahrbahn geriet.»
Nun hat die Staatsanwaltschaft von Siena den Antrag gestellt, das Verfahren gegen den Lkw-Fahrer einzustellen. Staatsanwalt Salvatore Vitello schreibt: «Für uns gilt es als erwiesen, dass es zwischen dem Verhalten von Herrn Marco Ciacci am Lenkrad und den schweren Verletzungen von Herrn Zanardi keinen direkten Zusammenhang gibt.»
Ciacci, so Vitello weiter, sei mit seinem Lastwagen weit unter der erlaubten Geschwindigkeit geblieben und habe auf die Extremsituation unverzüglich und angemessen reagiert – indem er sofort nach rechts auszuweichen versuchte, um eine Kollision im letzten Moment vielleicht noch zu verhindern, leider vergeblich. Vitello ist der Ansicht, man könne dem Lastwagenfahrer keinen Vorwurf machen, selbst wenn sein Fahrzeug mit den linken Hinterrädern leicht über der Fahrbahntrennlinie geraten sei.
Die Familie von Alex Zanardi bleibt bei der Darlegung, dass die Position des Lkw eine entscheidende Rolle für das Manöver von Alex Zanardi gespielt habe. Die Anwälte der Familie wehren sich aus diesem Grund mit rechtlichen Mitteln gegen die Einstellung des Verfahrens.
Wie es weitergeht, muss nun ein Richter einschätzen. Wann der zu einer Entscheidung kommen wird, ob das Verfahren weitergeführt oder eingestellt wird, steht noch nicht fest.