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Nino Vaccarella ist tot: Schnellster Lehrer der Welt

Von Mathias Brunner
Im Alter von 88 Jahren ist der Italiener Nino Vaccarella verstorben, dreifacher Sieger der legendären Targa Florio und Le Mans-Sieger. Der Sizilianer war der vielleicht schnellste Schullehrer der Welt.

«Il preside volante» haben sie ihn genannt, den fliegenden Schulleiter, und tatsächlich war der Italiener Nino Vaccarella vielleicht der schnellste Lehrer und Rektor der Welt – mit 88 Jahren hat der Sizilianer für immer die Augen verschlossen.

Der gelernte Jurist war aus motorsportlicher Sicht «Signore Targa Florio». Sein langjähriger Gegner Vic Elford, einer der besten Allround-Rennfahrer der Welt, hat gesagt: «Niemand kannte die legendäre Targa Florio besser als Nino. Er war mit jeder Kurve auf Du.»

In seiner Heimat feierte Vaccarella, von den Sizilianern als Volksheld verehrt, die grössten Erfolge – Sieg bei der Targa Florio, dem schwierigsten Strassenrennen der Welt, in den Jahren 1965 (mit Ferrari und Lorenzo Bandini), 1971 (mit Alfa und Toine Hezemans) und 1975 (mit Arturo Merzario, erneut für Alfa Romeo). Noch heute prangen an Hausmauern auf Sizilien verbleichende Schriftzüge «Viva Nino».

1964 gewann der an der Seite von Jean Guichet für Ferrari die 24 Stunden von Le Mans. Im gleichen Jahr triumphierte er auch auf dem Nürburgring beim 1000-Kilometer-Rennen (mit Ludovico Scarfiotti). 1970 siegte Vaccarella mit dem mächtigen Ferrari 512 an der Seite von Mario Andretti und Ignazio Giunti in Sebring.

Im Sportwagen war Vaccarella ein Fahrer, der es mit jedem Gegner aufnehmen konnte, in der Formel 1 hat der Italiener den Durchbruch nie geschafft. Mit zweit- und drittklassigen Autos der Scuderia Serenissima war kein Blumentopf zu gewinnen. 1965 bot ihm Enzo Ferrari einen Typ 158 für den Heim-GP von Monza an, ein Motorschaden beendete sein Rennen, Nino wurde als Zwölfter gewertet.

Drei Mal gewann Vaccarella die Targa, drei weitere Male hätte er gewinnen müssen, wäre er nicht von Defekten oder einer Prise Übermut gestoppt worden.

Angelo Pizzuto, Präsident des italienischen Automobilklubs ACI: «Nino Vaccarella war zu Lebzeiten ein Mythos. Was mir an Nino am meisten gefallen hat – er war ein wunderbarer Botschafter von Sizilien, ein Lehrmeister nicht nur vor der Klasse, sondern auch am Lenkrad und als Repräsentant seiner Heimat. Er liess es sich nicht nehmen, nach Abschluss seiner Karriere zu zahlreichen Rennen zu fahren, einfach weil in die Begeisterung für den Autosport nie verliess. Und seine Leidenschaft für den Rennsport war überaus ansteckend.»

Nino Vaccarella, Kosename «Ninni», übernahm in jungen Jahren nach dem vorzeitigen Tod seines Vater dessen Privatschule «Maria Montessori». Er führte zwei Leben – jenes des Lehrers und späteren Schulleiters, und jenes des Rennfahrers, denn nach einem Bergrennen mit einem bescheidenen Fiat 1100 war es um Nino geschehen: Der Rennbazillus hatte sich tief in ihm eingenistet und liess ihn nie wieder los.

Die Autos wurden stärker, und Graf Giovanni Volpi stellte die Weichen zu einer beneidenswerten Karriere als Werksfahrer von Ferrari und Alfa Romeo. Der rund 72 Kilometer lange Kurs der Targa Florio wurde zu seinem Zuhause, aber Geschenke wurden Vaccarella keine gemacht: 1963 wurde er auf heimischem Boden aus der Wertung genommen, weil ein Rennkommissar spitzgekriegt hatte, dass Nino gar keinen Führerschein mehr besass. Der war ihm nach einem Strassenunfall in Pescara abgenommen worden.

Noch in hohem Alter wurde Vaccarella auf Sizilien auf Schritt und Tritt erkannt und mit Applaus begrüsst. Er war gerngesehener Gast bei Veranstaltungen historischer Rennfahrzeuge und fuhr die früheren Autos mit dem gleichen Schmiss wie in den 1960er und 1970er Jahren.

In seiner Karriere hat Vaccarella aufgrund seiner Verpflichtungen an der Schule nur 120 Rennen bestritten. Aber einige davon sind Stoff für Legenden.

Vaccarella hat gesagt: «Die Targa Florio ist unvergleichlich. Zu den besten Zeiten hatten wir entlang der Strasse 700.000 Fans. Es war ein wunderbares Volksfest.»

Und der Hauptdarsteller hiess Nino Vaccarella.

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