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Rosberg und Hamilton: Neuauflage einer Rivalität

Von Andreas Reiners
Nico Rosberg und Lewis Hamilton

Nico Rosberg und Lewis Hamilton

Einst waren sie Freunde, ehe sie die Formel 1 zu erbitterten Feinden machte. 2021 trafen sie sich in der Extreme E als Teambesitzer wieder. Wir blicken auf eine ungewöhnliche und intensive Rivalität.

Beide treffen erstmals 2000 im Kart aufeinander, als Teamkollegen. Schon damals geht es um Siege, aber auf einer freundschaftlichen Basis. Der Pole Kubica hat das mal anschaulich erklärt. «Sie veranstalteten sogar Wettkämpfe um Pizza, bei denen sie immer zwei auf einmal aßen. Es gab immer einen Wettbewerb. Sie wollten immer gewinnen, sich gegenseitig schlagen. Aber es war ein freundschaftlicher Wettbewerb. Danach wurde immer gelacht», sagte Kubica.

So freundschaftlich bleibt es lange, ob nun in der Formel 3, oder später in der Formel 1. Während Hamilton schnell um den Titel fährt und auch Weltmeister wird, hat Rosberg bei Williams und Mercedes (als Teamkollege von Michael Schumacher) noch nichts mit WM-Entscheidungen zu tun.

Das ändert sich, als Hamilton zur Saison 2013 Schumacher bei Mercedes ersetzt. Zwei Jugendfreunde fahren für Mercedes, sollen den Silberpfeilen zu neuem Glanz verhelfen. Das ist damals die Hoffnung. Das mit dem Glanz funktioniert hervorragend, 2014, 2015 und 2016 wird Mercedes Konstrukteurs-Weltmeister, Hamilton zwei Mal in Folge Champion, danach Rosberg. Was auf der Strecke bleibt, ist die Freundschaft, die mindestens zu einer erbitterten Rivalität wird. Mit allem, was dazugehört. Psychospielchen, Unerlaubtes und teaminterne Crashs.

24. Mai 2014: Im Qualifying zum Klassiker in Monaco raubt Rosberg seinem Stallrivalen mit einem seltsamen Fehler in seiner Schlussrunde die Chance auf einen Konter. Für Hamilton ist klar – das war pure Absicht. Die FIA-Regelhüter sprechen den Deutschen aber von einer Schuld frei. Rosberg gewinnt am Ende auch das Rennen. Hamilton nach dem Rennen: «Die Leute sprechen immer von Freundschaft. Ich habe eine Handvoll Freude. Und Nico gehört nicht dazu.»

24. August 2014: Es kommt in Belgien zur ersten entscheidenden Berührung auf der Strecke. Rosberg fährt Hamilton in der zweiten Runde ins Auto und schlitzt ihm einen Reifen auf. Hamilton fällt mit Reifenschaden zurück, Rosbergs Frontflügel ist kaputt, Daniel Ricciardo sagt Dankeschön. In den Tagen nach dem Rennen werden die Fahrer zum Rapport zitiert. Der «Krieg der Sterne» wird medial ausgerufen.

25. Oktober 2015: Das Rennen in Austin ist eine weitere Demonstration Hamiltons. Seiner Stärke, sagen seine Befürworter. Seiner Skrupellosigkeit, sagen die Kritiker. Denn bei seiner Fahrt zu seinem dritten WM-Titel fährt Hamilton kompromisslos in die erste Kurve. Wie es in Rosberg aussieht, zeigt seine Reaktion, als ihm sein Teamkollege die Kappe mit der Nummer zwei zuwirft. Rosberg schmeißt sie frustriert und wütend zurück. Den Vorwurf, er sei zu lieb und zu nett für das Duell mit Hamilton, wird Rosberg erstmal nicht mehr los.

15. Mai 2016: Einiges hat sich inzwischen geändert, Rosberg fährt mit einem unglaublichen Momentum, gewinnt Rennen für Rennen, genauer gesagt die ersten vier des Jahres in Serie. Dann der erste große Knall 2016. Beim Spanien-GP kollidieren beide in Runde drei, nachdem Hamilton seinen Teamrivalen zurück überholen will. Eine Verkettung unglücklicher Umstände, wie Teamchef Toto Wolff erklärt. «Nico war mit der falschen Motor-Einstellung unterwegs, deshalb war er langsam unterwegs, als er aus der dritten Kurve kam. Lewis hatte mehr Speed und wollte vorbei. Doch Nico machte die Tür innen zu und das war die Seite, die Lewis zum Überholen gewählt hatte. Er geriet auf das Gras und flog dann ab.» Bestraft wurde keiner von beiden. Doch Rosberg kommt aus dem Tritt.

3. Juli 2016: Rosberg ist auf dem Weg zum Sieg-Hattrick in Österreich. Als Hamilton überholt, wehrt er sich. Es kommt zum Crash. Hamilton gewinnt, Rosberg rettet sein kaputtes Auto als Vierter ins Ziel. Am Ende gibt es eine Zehn-Sekunden-Strafe für ihn, die aber keine Auswirkung auf das Ergebnis hat. Der Crash hat dafür große Auswirkungen auf das Binnenverhältnis. Toto Wolff spricht offen von Teamorder, Niki Lauda gibt Rosberg die Schuld. «Nico hat versucht mit aller Kraft, mit nicht mehr funktionierenden Bremsen, das Überholmanöver von Lewis zu verhindern», sagt der damalige Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams.

27. November 2016: Rosberg steht vor seinem ersten Titel, als Hamilton im Rennen in Führung liegend Spielchen spielt und das Feld leicht einbremst, um seinen Rivalen unter Druck zu setzen. Denn der ist Zweiter, kann sich aber einen dritten Platz leisten, wenn Hamilton gewinnt. In der Schlussphase ignoriert Hamilton sogar Mercedes-Anweisungen, schneller zu fahren. Rosberg behält kühlen Kopf und fährt den Titel ein – und tritt dann zurück.

2017: Die Wege trennen sich, während Hamilton ohne Rosberg die Formel 1 nach Belieben dominiert, kümmert sich der Deutsche um die Karriere nach der Karriere. In den Folgejahren kehrt er als Experte in die Formel 1 zurück, auf ein Interview mit seinem Rivalen wartet man aber bis heute.

September 2017: «Wir waren nie Freunde», stellt der Brite beim «Blick» klar. Es ist eine doch überraschende Aussage. Hamilton hatte Rosberg nach dessen WM-Titel nochmals auf besondere Art und Weise gratuliert, indem er ein Foto aus gemeinsamen Karttagen twitterte und schrieb: «Damals haben wir gesagt, dass wir beide Weltmeister sein werden. Jetzt sind wir es beide.» Freunde allerdings nicht mehr. Der Rücktritt von Rosberg hat daran übrigens nichts geändert. «Das Verhältnis ist jetzt das gleiche wie vor unserer Mercedes-Zeit. Wir sprachen nie miteinander! Ja, das war schon, als wir 15 Jahre alt waren.»

2021: In den letzten Jahren wächst Rosbergs Bewunderung für die Leistungen Hamiltons in der Formel 1, den sehr wenigen Titelrivalen versucht der Deutsche immer mal wieder via TV seine eigenen Erfahrungen mitzuteilen, wie man Hamilton knacken kann. 2021 bekommt Rosberg selbst wieder die Chance, Hamilton zu schlagen, diesmal als Teamchefs in der neuen Rennserie Extreme E. Damit wollen die einstigen Jugendfreunde auch auf die Klimakrise aufmerksam machen und zudem für Nachhaltigkeit und mehr Gleichberechtigung kämpfen.

19. Dezember 2021: Um Siege und einen Titel geht es natürlich auch, und der geht an Rosberg. Und wie: Am Ende sind Rosberg X Racing und X44 punktgleich, der Deutsche darf wegen der höheren Anzahl an Siegen aber jubeln. Hamilton muss nach dem verlorenen Formel-1-Finale den nächsten Titel-Tiefschlag einstecken.


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