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Yörn Pugmeister: Edelfeder mit Benzin im Blut

Von Günther Wiesinger
Yörn Pugmeister

Yörn Pugmeister

Mit seinen Storys bereicherte Yörn Pugmeister jahrelang die Motorsport-Berichterstattung. Der Abenteurer, der vor wenigen Tagen mit 81 Jahren gestorben ist, nahm immer wieder aktiv an Automobil-Veranstaltungen teil.

Während seiner geliebten Dakar-Rallye ist Yörn Pugmeister nach einem Unfall im Haushalt aus dem Leben geschieden. Der langjährige Motorsport-Berichterstatter wurde 81 Jahre alt. Unsere beruflichen Wege kreuzten sich, als «Pugi» von der Motor Presse Stuttgart im Februar 1977 beauftragt wurde, in der Schweiz Entwicklungshilfe bei Motorsport aktuell zu leisten, einer neuen Wochenzeitschrift der in Zürich ansässigen Powerslide AG. Und «Pugi» schritt tatkräftig ans Werk.

Die Schweizer Mannschaft brachte dem deutschen Entwicklungshelfer viel Skepsis entgegen. Ich als neutraler Österreicher hingegen freute mich aufrichtig über die Unterstützung aus Stuttgart, denn «Pugi» kannte Gott und die Welt, war in der Automobiltechnik zu Hause, glänzte mit erstklassigen Ideen für attraktive Geschichten in allen Serien. Er schrieb die besten Storys gleich selbst, ob aus der Formel 1-, DTM-, Sportwagen- oder Rallye-Szene. Und wegen unserer bescheidenen Budgets war wichtig – er lieferte für uns alle Texte honorarfrei!

So brachte Pugmeister vom DTM-Auftakt in Zolder 1977 gleich einen neuen Kolumnisten in der Person von Marc Surer mit, der damals das neue legendäre BMW-Junior-Team mit Manfred Winkelhock und Eddie Cheever bildete. Alle drei schafften später den Aufstieg in die Formel 1.

Die Zuschauerrolle war «Pugi» aber nicht genug, er nahm selbst immer wieder an Automobil-Veranstaltungen teil. So startete er immerhin sechsmal bei der berüchtigten Rallye Paris-Dakar. 2020 erinnerte er sich im SPEEDWEEK.com-Gespräch zu seinem 80. Geburtstag: «Das zweite Mal bin ich mit meiner Frau Katharina gefahren, das war 1983 und 1984, mit einem Toyota HJ60, und wir sind sofort zusammengebrochen.»

«Es war unglaublich... Ich habe vorher in Algier den Kollegen Herbert Völker getroffen, der mir prophezeit hat: ‚Du kummst eh net weit.‘ 1985 bin ich bereits mit dem Lkw gefahren, und 1986 habe ich mit Hans Heyer die Lkw-Wertung gewonnen. Der Hans saß am Steuer, ich durfte nur zum Tanken fahren», berichtete Pugi.

Damals zählte der deutsche Volker Capito zu den stärksten Lkw-Fahrern bei der Dakar. Pugmeister offenbarte: «Mit Volker habe ich 1985 vereinbart, wir ziehen nur uns gegenseitig aus dem Dreck raus und lassen alle andern sitzen. Damit wollten wir vor allem dem Kontrahenten aus Holland eines auswischen.»

Der in Berlin geborene Journalist im Rückblick: «Beim Dakar-Sieg 1986 hatten wir noch einen bedauernswerten Mechaniker dabei, Winkler hieß der. Er war bei uns das ärmste Schwein. Wir haben ihn ununterbrochen nur mit Erdnüssen gefüttert, aus einer amerikanischen Militär-Notration, weil ihm immer schlecht war. Er hat gar nicht verstanden, wo wir eigentlich lang gefahren sind. Es ging immer nur durch die Wüste. Winkler stellte fest: ‘Ich sehe überall nur Sand. Das ist Scheiße.‘ Am Abend musste er dann die Bremsen neu belegen oder die Reifen wechseln. Der Heyer und ich haben in der Zwischenzeit ein Bad genommen.»

Die Dakar-Teilnahmen blieben nicht Pugmeisters einzige Offroad-Automobil-Abenteuer. Nach 1983 nahm er 18 Mal an der Camel-Trophy teil. «Als der Osten etwas aufging, haben wir eine Camel-Trophy im Ural gehabt. Anschließend bin ich für Porsche einmal in einem Werksauto von Moskau nach Ulan Bator in der Mongolei gefahren. Für Volkswagen bin ich von Ulan Bator nach Katmandu in Nepal kutschiert, quer über den Himalaya. Eine wunderschöne Reise habe ich mit Mercedes von Paris nach Peking unternommen», zählte er auf.

Später erfüllte sich Pugmeister einen alten Traum. Er kaufte sich eine kleine Segel-Yacht und segelte damit zwei Jahre lang ganz alleine um die Welt. Gattin Katharina besuchte ihn zwischendurch in einem Hafen, notfalls in Neuseeland.

Nach seiner Rückkehr von den Ozeanen dieser Welt schrieb Yörn Pugmeister wieder für «auto motor und sport» und «Motorsport aktuell». «Ich wollte jedoch mit 60 Jahren keine verantwortliche Position mehr haben, sondern mehr freier Künstler sein», betonte er.

Bereits 2020 fiel Pugi das Schreiben schwer, eine Neurodegeneration raubte ihm das räumliche Gefühl, wie er erzählte. Deshalb kam es auch zum Sturz auf einer Treppe im Haus in Stuttgart, der ihn jetzt wenige Tage später das Leben kostete.

«Ich konnte vor zwei Jahren zuerst mit der rechten nicht mehr viel machen, also keinen Computer mehr benutzen. Ich konnte nur mehr mit Siri diktieren und am Schluss nicht einmal mehr das Telefon selber halten. Auch kochen konnte ich 2021 nicht mehr und nichts mehr selber reparieren», erklärte mir Yörn bei unserem letzten Telefonat am 23. Dezember 2021. Er hatte bereits viel von seinem Lebenswillen eingebüßt. «Aber ich kann noch völlig klar denken und mich an alles erinnern», erzählte der Tausendsassa.

«Pugi», du hast uns trotzdem zu früh verlassen. Es gäbe noch so viel zu erzählen. Aber die gemeinsamen Erinnerungen leben weiter. Wir haben die besten Jahre des Motorsports und des Zeitungsgeschäfts miterlebt. Das tröstet uns.

Du hast in den letzten Jahren angesichts der oft unkritischen Zeitungsberichte immer wieder betont: «Günther, wir sind eine aussterbende Journalisten-Generation.» Ich habe erwidert: «Ja, die alte Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht.»

Lieber Yörn, Ruhe in Frieden!

Wir werden uns bei SPEEDWEEK.com bemühen, den Journalismus in deinem Sinne weiterzuführen, ganz altmodisch, auch wenn die Zeit schnelllebiger geworden ist. Das war immer unser Verständnis. Versprochen! Nachrichten sollen Meldungen sein, nach denen man sich richten kann.

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