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Silverstone 1950: Ferrari fehlte, König mit Stehplatz

Von Mathias Brunner
​13. Mai 1950: Die Formel-1-WM feierte Premiere, auf dem früheren englischen Flugfeld Silverstone. Für die Königsfamilie gab es in der Königsklasse eine Stehtribüne, von Ferrari war weit und breit nichts zu sehen.

Die Königsklasse ist zum Austragungsort des ersten Formel-1-WM-Laufs zurückgekehrt. Die Geburtsstunde der Formel 1 schlug am 13. Mai 1950 in Silverstone, mit dem Grossen Preis von Grossbritannien.

Der erste Grosse Preis war es nicht. Den Begriff Grand Prix kannten Renn-Fans damals schon ziemlich lange – er tauchte erstmals 1863 im Zusammenhang mit Pferderennen in Frankreich auf.

Bis heute sind Begriffe aus dem Pferdesport fest in der Rennsprache verankert. In den Boxen stehen keine Vollblüter, sondern die modernsten Rennwagen der Welt, und an der Pole-Position (dem Platz bei einem Pfosten) wartete einst das bestplatzierte Pferd, bevor es ins Rennen ging.

Es hat nicht viel gefehlt, und wir würden heute von der Formel A sprechen, nicht von der Formel 1.

Beim Automobil-Weltverband FIA wurde jahrelang darüber diskutiert, wie die versprenkelten Grands Prix in Europa zu einer Rennserie zusammengefasst werden könnten, um einen Weltmeister zu erküren.

Formel A wurde diskutiert, auch die Bezeichnung «International Formula Number One», reichlich sperrig. Dem italienischen Grafen Antonio Brivio wird zugeschrieben, als FIA-Delegierter die 1 ins Spiel gebracht zu haben, das erste Autorennen mit dem Etikett Formel 1 fand schon 1946 in Turin statt. Silverstone war also mitnichten das erste Formel-1-Rennen.

Das Reglement: Rennwagen mit 4,5-Liter-Saugmotor (oder 1,5 Liter mit Kompressor), ohne Einschränkung des Fahrzeuggewichts oder der Ausmessungen, die Rennen mussten über 300 Kilometer führen oder drei Stunden dauern, die ersten Fünf Fahrer erhielten Punkte (8, 6, 4, 3 und 2), mit einem Zusatzpunkt für die beste Rennrunde.

Grosser Unterschied zu einem heutigen WM-Lauf: Das Rennen fand an einem Samstag statt – damals waren an einem Sonntag keine Sportveranstaltungen gestattet.

Kein Unterschied zu heute: Die bescheidenen Landstrassen in der Gegend von Silverstone wurden von den Fahrzeugen der Besucher so verstopft, dass im Radio Durchsagen gemacht werden mussten, bitteschön nicht zu kommen.

Die meisten Menschen liessen sich davon nicht abhalten, die Schätzungen gehen auseinander, was die Zuschauerzahl angeht, 100.000 dürfte realistisch sein.

Rechtzeitig zur Piste schaffte es die Königsfamilie mit König Georg V. und der späteren Königin Elisabeth II. sowie ihrer Schwester Margaret, die royale Familie erhielt in jeder Kurve eine wenig königlich wirkende Stehtribüne zugeteilt.

Vor dem Rennen begrüsste der Monarch die 21 Fahrer mit einem strammen Handschlag.

Alfa Romeo war eine Marke der ersten Stunde: Das Modell des Typs Alfa Romeo 158, zärtlich «Alfetta» genannt (also kleine Alfa), war ein Dauerbrenner: Der Rennwagen war schon 1937 entworfen worden.

Die Marke mit dem Kleeblatt dominierte nach Belieben: Die beiden Italiener Giuseppe Farina und Luigi Fagioli, der Argentinier Juan Manuel Fangio sowie der Brite Reg Parnell fuhren die besten Quali-Zeiten. Die Gegner hatten den fast 400 PS der roten Renner nichts entgegenzusetzen.

Die Frage war lediglich: Welcher der vier Alfa würde gewinnen?

Farina schoss vor Fagioli, Fangio und Parnell in Führung, es ging über 70 Runden. Erster Fahrer der WM-Historie, der seinen Wagen zur Seite stellen musste: Leslie Johnson; an seinem ERA hatte der Kompressor den Geist aufgegeben.

«Nino» Farina fuhr das Rennen souverän nach Hause, 2,6 Sekunden vor seinem Landsmann Fagioli.

Der spätere fünffache Weltmeister Fangio leistete sich einen seiner seltenen Fahrfehler. In Stowe touchierte er einen Strohballen, worauf eine Ölleitung beschädigt wurde – Ausfall.

So wurde am Ende zur Freude der britischen Besucher Reg Parnell Dritter (mit ramponiertem Auto, nach einer Kollision mit einem Hasen), vor den beiden Franzosen Yves Giraud-Cobantous und Louis Rosier (beide Talbot Lago). Farina fuhr auch die beste Rennrunde.

Bei der Siegerehrung war der König nicht zugegen – wegen der prekären Verkehrslage war er zu einem frühen Aufbruch gedrängt worden.

Sieger Farina erhielt die königliche Summe von 500 Pfund, das sind nach heutiger Währung 19.500 Euro! Überdies erhielt Farina für die beste Rennrunde zusätzliche 1200 Euro. Den Löwenanteil des Preisgelds aus England eroberte das Alfa-Werksteam, insgesamt rund 40.000 Euro.

Wo war eigentlich Ferrari?

Die Renner von Enzo Ferrari mussten beim Grand Prix von Pau gegen Maserati (mit Juan Manuel Fangio) eine Niederlage einstecken, daraufhin beschloss der grosse Enzo, keine Wagen nach England zu schicken.


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