GP-Mexikaner: Sergio Pérez vor schwieriger Aufgabe
Kino ist eben nicht Wirklichkeit. Bei den «Mission Impossible»-Filmen wissen wir, dass Ethan Hunt (gespielt vom Tom Cruise) irgendwie die Welt retten wird. Seine Mission ist letztlich eben doch Possible.
In der Formel 1 hingegen will Sergio Pérez seinen Heim-GP von Mexiko gewinnen. Und er will Weltmeister werden. Um das zu erreichen, muss er seinen Red Bull Racing-Stallgefährten Max Verstappen bezwingen. Wenn wir Checos Leistungen in dieser Saison ansehen, dann ist der Sieg eine Mission Impossible, vom WM-Titel wollen wir gar nicht reden.
Die Anzahl mexikanischer Rennfahrer in der Formel-1-WM ist überschaubar: Nur sechs Vertreter des mittelamerikanischen Landes haben den Sprung ins Grand-Prix-Startfeld geschafft. Zwei davon, die Brüder Ricardo und Pedro Rodríguez haben dem Autódromo Hermanos Rodríguez ihren Namen gegeben.
Aber die mexikanische Piste hiess nicht immer so. Sie wurde erst nach dem Tod von Pedro in den 1970er Jahren umbenannt. Zuvor hiess sie nach dem dortigen Park Magdalena Mixhuca, und das wiederum geht zurück auf die Kirche Santa María Magdalena Mixhuca, die der heiligen Maria Magdalena gewidmet ist. Der Name Mixhuca bedeutete bei den Ureinwohnern so viel wie Geburtsort.
Die Brüder Rodríguez machten sich als Teenager einen Namen – mit viel Talent, gepaart mit absoluter Furchtlosigkeit – und holten zahlreiche Titel im Motorradsport, bevor sie auf vier Räder umsattelten.
Pedro fuhr schon mit 13 Jahren Rennwagen, Ricardo mit 15. Ricardo riss viele Rekorde nieder: Jüngster Mann auf dem Podest in Le Mans (wo man ihn zunächst wegen seiner Jugend gar nicht antreten lassen wollte), jüngster Sieger der Targa Florio.
Längst sah ihn Enzo Ferrari als kommenden Weltmeister. In seinem dritten Grand Prix, auf der ehrfurchtgebietenden Bahn von Spa-Francorchamps, wäre er Dritter geworden, musste aber seinen Platz an Team-Leader Phil Hill preisgeben.
Enzo Ferrari hat es sich nie verziehen, dass er Ricardo für den ersten Mexiko-GP von 1962 die Freigabe erteilte, einen Lotus zu lenken. Im Training bei diesem nicht zur WM zählenden Rennen stürzte der junge Rodríguez in der überhöhten Peraltada-Kurve zu Tode.
Er war noch nicht mal 21 Jahre alt.
Pedro, knapp zwei Jahre älter, war der Besonnene. Schnell galt er als Weltklasse-Sportwagenfahrer, mit Ferrari, Ford und vor allem im Porsche 917 war er an gewissen Tagen nicht zu schlagen.
In der Formel 1 stimmte oft das Timing nicht. Er fuhr Cooper, als der britische Rennstall schon im Niedergang war (gewann aber in Kyalami 1967 seinen ersten Grand Prix), er fuhr Ferrari 1969, in einem schlechten Jahr der Italiener, dann wechselte er zu BRM, während Ferrari 1970 wieder Erfolg hatte.
In Belgien 1970 eroberte Pedro seinen zweiten GP-Sieg.
1971 kam er bei einem Sportwagenrennen im privaten Ferrari 512 von Herbert Müller auf dem Norisring ums Leben. BRM verlor innerhalb weniger Monate beide Star-Fahrer, zuerst Pedro, dann Jo Siffert.
Ein Rivale der Brüder war Moisés Solana. Nur zwei seiner acht Grands Prix fuhr er nicht in Mexiko (nämlich in den USA), über Rang 10 im Heimrennen 1964 kam er nicht hinaus. Der Hauptgrund lag am mittelprächtigen Material. Solana war der erste Formel-1-Fahrer, der mit der Startnummer 13 ausrückte und war überdies ein Weltklassespieler im Wurfsport Jai-Alai. Solana starb bei einem Bergrennen in Mexiko 1969 in einem CanAm-McLaren.
Héctor Rebaque kaufte sich zunächst bei Hesketh 1977 einen Sitz, trat 1978 und 1979 in privat eingesetzten Lotus-Rennern an, ab 1980 war er Stallgefährte von Nelson Piquet bei Brabham. 1981 wurde er WM-Zehnter (Bestes Ergebnis: Vierter in San Marino, Deutschland und den Niederlanden), aber Ende der Saison wollte Sponsor Parmalat einen Italiener im Rennwagen. Mit knapp 27 trat Rebaque zurück, nachdem die IndyCar-Karriere nicht wie erhofft verlaufen war.
Sergio Pérez und Esteban Gutiérrez sind Vertreter der Kart-Kids-Generation, beide aus dem Förderprogramm der Escudería Telmex, Pérez war überdies Mitglied der Ferrari-Fahrerakademie (ein Abkommen, das mit seinem McLaren-Vertrag 2013 beendet wurde), Gutiérrez wurde Ferrari-Testfahrer (was ihm für 2016 ein Cockpit im neuen Haas-Team einbrachte).
Pérez und Gutiérrez machten sich schon als Teenager einen Namen. Sergio kam blutjung nach Deutschland, dann nach England, wo er Formel BMW, dann Formel 3 fuhr. 2008 hätte er einen Formel-1-Honda testen sollen, doch die Japaner verliessen die GP-Bühne, und der Test fiel ins Wasser.
Gute Leistungen von Pérez in der GP2 führten zu einem Vertrag bei Sauber. Sergio bedankte sich mit drei Podesträngen (Zweiter in Sepang, Dritter in Kanada, Zweiter in Monza). Das McLaren-Jahr war ein Desaster. Sergio wechselte nach nur einem Jahr zu Force India, wo er in Bahrain 2014 und Sotschi 2015 jeweils Dritter wurde.
2020 gewann Pérez für Racing Point den Sakhir-GP, danach holte ihn Red Bull Racing als Stallgefährten von Max Verstappen. Sergio bedankte sich mit dem Sieg beim Strassenrennen von Baku 2021, 2022 triumphierte er in Monaco, im gleichen Jahr in Singapur, 2023 in Saudi-Arabien und danach ein zweites Mal in Baku. Aber das ist bis heute sein letzter Sieg.
Gutiérrez wurde vom Sauber-Testfahrer 2013 zum Einsatzfahrer befördert, konnte aber nur in Japan punkten und wurde Ende 2014 ausgewechselt. Er ging zu Ferrari, das zum Sprungbrett seiner zweiten GP-Karriere werden sollte. Aber die Leistungen bei Haas überzeugten nicht, der Mexikaner erhielt Ende 2016 keinen Vertrag mehr. Danach sass er im Simulator von Mercedes. Aber der Rennzug der Formel 1 war längst weitergedampft.
Bilanz: Von sechs Mexikanern haben fünf gepunktet (nur Solana nicht), drei haben beste Rennrunden gezeigt (Pedro Rodríguez, Sergio Pérez und Esteban Gutiérrez), zwei standen auf dem Podest (Pérez und Pedro), zwei konnten gewinnen: der unvergessene Pedro Rodríguez und Pérez. Pérez ist ist 2022 WM-Dritter geworden und 2023 gar WM-Zweiter. Mehr geht nicht.
Sergio, inzwischen 39 Mal auf dem Siegerpodest, träumt weiter davon zu erreichen, was Pedro versagt geblieben ist – Triumph beim Heim-GP in Mexiko-Stadt. Gut möglich, dass 2024 seine letzte Chance ist.