Haug: Ein Rücktritt war es nicht
Haug nimmt nach 22 Jahren Abschied
Was war es denn nun: ein Rücktritt oder eine Entbindung von seinen Aufgaben?
Wir haben unterschiedliche Darstellungen zum gestern verkündeten Ausscheiden von Norbert Haug bei Mercedes. Und obwohl es, ähnlich wie in einer Ehe, letztlich völlig unerheblich ist, wer geht und warum (der Volksmund nennt das: Klatsch), ist der Verlauf einer Partnerschaft nie völlig geklärt ohne diese letzte Gewissheit.
Aufsichtsrat Niki Lauda erklärte, er sei überrascht gewesen vom Rücktritt Haugs, wie alle anderen Anwesenden der gestrigen Vorstandssitzung.
Die vergleichsweise schnell gelieferte und wohl temperierte Hauspost von Mercedes legt die Vermutung nahe, dass nicht alle im Konzern überrascht waren. Mit der Formulierung einer «einvernehmlichen Einigung» wird darin suggeriert, dass es eben genau das war, ein gemeinsamer Entschluss. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass ein gemeinsamer Entschluss nie vollkommen gleichzeitig getroffen werden kann.
Eine einvernehmliche Einigung impliziert vielmehr in aller Regel, dass nun passiert, was die Konzern-Spitze geplant hat: die Ablösung des Motorsportchefs. Und sie impliziert weiter, dass Norbert Haug weich fallen und nicht gegen diese Entscheidung vorgehen wird (etwa im Sinne eines Abfindungskampfs, was unter Mercedes-Niveau und dem Haugs wäre).
Nach 22 Jahren von seinen Aufgaben abgelöst zu werden, ist keine Schande, sondern ein Verdienst.
Verdienste hatte auch Jean Todt bei Ferrari. Wir erinnern uns deshalb an dieser Stelle an den Abschiedsbrief von Luca Di Montezemolo für den scheidenden Chef bei Ferrari Ende 2007. Das war ein Arschtritt.
Die Art, wie es nun zwischen Mercedes und Haug passierte und nach aussen dargestellt wurde, war sauber. Damit können beide Seiten gut leben.