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Vor dem Montreal-GP: Wo ist der nächste Skandal?

Kolumne von Mathias Brunner
Er hat den Glauben an die Formel 1 noch nicht verloren

Er hat den Glauben an die Formel 1 noch nicht verloren

Vor Formel-1-WM-Lauf Kanada: Der GP-Sport wird es wieder schaffen, aus falschen Gründen Schlagzeilen zu machen.

Das Fahrerlager von Montreal am Mittwochmittag (Lokalzeit): Herrlicher Sonnenschein, am Horizont ziehen jedoch erste Wolken auf. Das gilt nicht nur im meteorologischen Sinne: Heute Nacht wird es anfangen zu regnen, und die Formel 1 wird es garantiert wieder schaffen, sich zielsicher in den Fuss zu schiessen.

Ich meine: Kann man die Reifentest-Affäre um Pirelli, Mercedes-Benz, Ferrari und die FIA noch dümmer handhaben? Der ganze Test und sein Nachbeben sind der reinste Kommunikations-GAU – ein schönes Beispiel für miserables Krisen-Management von hinten bis vorne, und ich spreche von allen Beteiligten.

Die Formel 1 könnte so schön sein, mit packendem Geschehen auf den Rennbahnen, mit Fans auf den Tribünen, welche mit viel Herzblut dabei sind, gerade hier in Kanada.

Statt dessen gerät der Sport immer wieder aus den falschen Gründen in die Schlagzeilen.

Keine unterschriebene Formel-1-Verfassung (das so genannte Concorde-Abkommen).

Rechtliche Probleme für Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone in Deutschland (mit unabsehbaren Folgen für den Sport).

Ego-Ringkampf zwischen Ecclestone und dem FIA-Präsidenten Jean Todt.

Tief zerstrittene Rennställe, alle nur auf den eigenen Vorteil bedacht, statt ein grösseres Bild im Auge zu behalten.

Überteuerte Turbo-Motoren für 2014.

Tauziehen um das Testprogramm für die kommende Saison.

Noch immer kein Vertrag für Alleinausrüster Pirelli.

Zu wenig Gehör für jene Menschen, die alles hier überhaupt erst möglich machen – die Fans.

Das sind elementare Probleme der Formel 1, die angepackt gehörten.

Statt dessen verzetteln sich die Beteiligten in Kleinkram und stilisieren Nichtigkeiten zum Ereignis hoch, welche die Medien bitteschön willfährig nachkauen sollen.

Ein paar Beispiele gefällig?

«Sergio Pérez geniesst die volle Unterstützung von McLaren.» (Ja, was denn sonst? Sollen sie den bisweilen etwas grenzwertig agierenden Mexikaner fallen lassen?)

«Sam Michael: McLaren macht Fortschritte.» (Eine Binsenweisheit: auch Marussia macht Fortschritte. Wer sich in der Formel 1 nicht ständig verbessert, kann einpacken.)

«John Watson sagt: Lewis Hamilton muss sich zusammenreissen.» (Bei allem Respekt für «Wattie», aber glaubt Watson bei vollem Ernst, dass der knuddelige Roscoe den Rennfahrer Hamilton von seinem Job abhält?)

«Eric Boullier steht hinter Romain Grosjean.» (Siehe Pérez.)

«Nico Rosberg: Montreal wird hart für die Reifen.» (Welches Rennen nicht?)

«Vijay Mallya erwartet, dass Konkurrenz härter wird.» (So eine Überraschung! Und wir hatten geglaubt, dass die Gegner Sutil und Di Resta künftig höflich vorbeiwinken.)

«Van der Garde fühlt sich in Montreal wie zuhause.» (Das ist schön. Das tun wir auch. Aber wir schreiben deswegen nicht gleich eine Meldung.)

Nein, ich würde gerne Schlagzeilen lesen wie:

«Bernie Ecclestone: So holen wir mehr Fans zu den Rennen»

«Rennställe einigen sich auf Budget-Deckelung»

«Formel 1: Neuer Pirelli-Vertrag unterzeichnet»

«Jean Todt: Die nächsten Schritte der FIA»

Über die Formel 1 wird immer mehr geschrieben, aber der Informationsgehalt ist mässig, einschliesslich der formulierungsmässigen Laufflächen-Ablösung «um ehrlich zu sein» (to be honest) – das weckt bei mir immer den Eindruck, als ob bei allen anderen Aussagen gelogen wurde, dass sich die Balken biegen.

Und das wäre, wenn ich es genau bedenke, in der Formel 1 eigentlich ganz normal.

To be honest.

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