Fernando Alonso: «Rang 2 schmeckt mir wie ein Sieg»
Vor einem Jahr lag Fernando Alonso gegen Sebastian Vettel mit rund 40 Punkten im Vorsprung, nun liegt er um rund 40 zurück (gut, es sind 36) – eigentlich hätten wir einen Alonso in tiefer Sorge erwartet. Statt dessen federt ein gut gelaunter Spanier heran.
«Nach dem verpatzten Qualifying tut das gut», sagt der Formel-1-Champion der Jahre 2005 und 2006. «Ich habe gestern ja gesagt, dass wir im Rennen stärker sein würden als im Qualifying, das hat sich im Grand Prix bestätigt. Dieser zweite Rang schmeckt wie ein Sieg.»
«Das ist ein versöhnliches Ende für ein Wochenende, das für uns nicht gut angefangen hat. Das Rennen hat überdies Spass gemacht, mit den intensiven Duellen mit Mark und Lewis.»
GP-Sieger Johnny Herbert lobt: «Dieses Rennen hat einmal mehr bewiesen, warum wir so viel von Fernando Alonso halten. Wie er sich unwiderstehlich nach vorne getankt hat, scheinbar ohne Fehler, das macht einfach Spass zu sehen.»
Alonso entledigte sich des viel zu zögerlichen Bottas noch in der ersten Runde, der vor ihm fahrende Webber bog früher zum ersten Reifenwechsel ab, lag dann aber wieder vor Fernando. Nach der 40. Runde hatte Alonso vom Getriebe-Studium eines Red-Bull-Racing-Autos genug und ging vorbei.
«Ich war schneller als Webber und dann auch später als Hamilton, aber mit den heutigen Fahrhilfen kann man nicht nur gut angreifen, man kann sich auch gut verteidigen. Über meine Duell-Partner kann ich nichts Schlechtes sagen: das ist wahrer Motorsport! Denen kennst du vertrauen, auch wenn man mit 320 Sachen nebeneinander herfährt.»
Seinen früheren McLaren-Stallgefährten Lewis Hamilton rang Alonso in drei Angriffen nieder. Dabei flogen auch einige Karbonteile vom Frontflügel des Mercedes davon, aber Fernando kritisiert mit keiner Silbe den Engländer.
Aber nochmals: 36 Punkte ...
Fernando zuckt mit den Schultern: «In Sachen WM bleiben wir auf Schlagdistanz, gleichzeitig hat unser direkter Rivale Kimi Räikkönen Boden verloren, das ist auch nicht zu verachten. In der WM liegt noch alles drin, wir stehen erst am Ende des ersten Saison-Drittels, selbst wenn Sebastian an diesem Tag nicht zu packen war.»
Wo wäre Alonso mit einem tadellosen Qualifying gelandet?
«Unmöglich zu sagen», antwortet der Spanier. «Aber Punkte holst du am Samstag sowieso keine. Klar ist es angenehmer, aus der ersten Startreihe loszufahren statt aus der dritten, aber ich könnte jetzt wirklich nicht behaupten, dass mich das den Kanada-Sieg gekostet hat.»
«Unsere Schwachstelle bleibe das Qualifying – wir müssen den Speed im Training verbessern, um uns für die Rennen in eine bessere Position zu bringen. Nur wenn wir das schaffen, können wir die WM-Hoffnung gegen Vettel am Leben erhalten.»
Einfach wird das auch in England nicht. Ist es dort nicht oft auch kalt? Also herrschen dort nicht Bedingungen, welche dem Ferrari (und dem Lotus) nicht munden?
Fernando schüttelt den Kopf: «Nein, Silverstone, das ist ein ganz anderes Paar Schuhe als Monte Carlo oder Montreal. Wir haben eine andere Pistenoberfläche in England und ein anderes Pisten-Layout, das bedeutet, dass ganz andere Kräfte auf die Reifen wirken. Ich mache mich in Sachen Konkurrenzfähigkeit für England keine Sorgen.»
Wann beginnt sich Alonso denn dann Sorgen zu machen?
Fernando beginnt zu lächeln: «Wenn wir 85 Punkte Rückstand haben.»