Christian Horner: «Mercedes-Aussage überzeugt nicht»
Die Formel-1-Welt wartet gespannt auf das Urteil aus Paris. Nach mehr als sieben Stunden Verhandlung gestern an der Place de la Concorde werden die Richter Edwin Glasgow, als Präsident des Tribunals, Laurent Anselmi (Monaco), Chris Harris (USA), Patrick Raedersdorf (Schweiz) sowie Tony Scott-Andrews (Grossbritannien) heute ihr Urteil verkünden. Die Urteilsfindung war gewiss nicht einfach. Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing, hat vor Wochen den Stein ins Rollen gebracht: Aufgrund von Protesten seitens RBR und Ferrari hatte FIA die Untersuchung gegen Mercedes und Pirelli überhaupt erst eingeleitet. Der Autoverband wirft dem Rennstall und dem Reifenhersteller vor, ihre dreitägigen Tests in Barcelona mitte Mai (nach dem Spanien-GP) sei nicht erlaubt gewesen. Unseren Kollegen von «Sky Sports» hat er nach der Anhörung ein Interview gegeben.
Christian, konnten dich die Argumente von Mercedes überzeugen?
Eigentlich nicht, aber das ist Sache des Tribunals. Sie haben nun alle Fakten vorliegen, und wir vertrauen darauf, dass sie die passende Entscheidung fällen.
Der Mercedes-Anwalt ist der Meinung, eine Verwarnung wäre Strafe genug, schliesslich handle es sich nur um ein geringfügiges Vergehen. Wärst du eher für eine andere Strafe?
Es ist nicht unsere Sache, dazu Äusserungen zu machen. Aber wer das Sportgesetz bricht, sollte auch eine Strafe erhalten, die mit dem Sport zu tun hat.
Mercedes hat die Verteidigungs-Strategie darauf gestützt, dass es sich um einen Pirelli-Test gehandelt habe, nicht um einen Test des Rennstalls.
Es sollte jedem klar sein – wann immer man mit einem Formel-1-Auto testen geht, dann lernt man etwas, ganz besonders, wenn mit einem aktuellen Wagen gefahren wird. Da spielt es überhaupt keine Rolle mehr, welche Reifen am Fahrzeug montiert waren.
Ist die FIA selber auch zu beschuldigen? Hat man Mercedes mit seiner Antwort bezüglich des Tests in die Irre geleitet?
Es gibt schon einen gewissen Grad an Doppeldeutigkeit, aber ich finde die Regeln glasklar. Alle Rennställe kennen diese Regeln, sie investieren viel Zeit darauf, zusammen mit dem Autoverband diese Regeln zu entwerfen.
Mercedes hat als Strafe vorgeschlagen, vom Nachwuchsfahrer-Test verbannt zu werden. Was hältst du davon?
Sie sind ihre Nachwuchsfahrer-Tests sowieso bereits eher mit Senioren gefahren. Vom Nachwuchsfahrer-Test verbannt zu werden, ist keine besondere Strafe.
Was wäre denn eine faire Strafe?
Nochmals: das liegt im Ermessen des Gerichts. Das Problem dabei ist: Wird eine Geldbusse verhängt, dann haben einfache Testfahrten ein Preisschild erhalten. Der Kern der Sache ist doch: darf man testen oder eben nicht? Gut, auch Ferrari hat getestet, allerdings mit einem 2011er Fahrzeug, was gemäss Reglement erlaubt ist. Jetzt ist es wichtig, dass wir Transparenz und Klarheit darüber erhalten – und davon konnte beim Mercedes-Test wohl keine Rede sein. Wir haben damals gegen Mercedes einen Protest deponiert, weil sie unserer Meinung nach die Regeln verletzt haben. Die Anhörung verlief fair, alle konnten ihre Standpunkte darlegen. Nun liegt der Ball bei den Richtern.