3. Training Belgien: Wieso schwächelt Mercedes?
Weltmeister Sebastian Vettel war bei der Generalprobe vor dem Qualifying der schnellste Mann auf der Piste
Die Formel-1-Piloten nutzten die letzten 60 Trainings-Minuten vor dem Qualifying zum grossen Preis von Belgien, um ihre Fahrzeug-Abstimmungen zu verbessern. Das Training startete auf trockener Piste und kaum hatte die Boxenampel auf Grün geschaltet, machten sich die ersten Piloten an die Arbeit.
Marussia-Neuling Jules Bianchi war der Erste auf der Strecke, dahinter folgten Lotus-Pilot Romain Grosjean, Sauber-Neuling Esteban Gutiérrez, Bianchis Teamkollege Max Chilton und Kimi Räikkönen. Der Finne setzt im Gegensatz zu seinen Titelrivalen keinen frischen Motor für die Hatz auf der Ardennen-Achterbahn ein.
Kein passives DRS im Einsatz
Zu Beginn bekamen die Zuschauer am Circuit de Spa-Francorchamps viele stehende Räder zu sehen. Der ehemalige GP-Pilot und heutige TV-Experte Anthony Davidson erklärt: «Wir sehen viele Fahrer mit rauchenden Rädern. Das liegt daran, dass die Wagen nun mit weniger Sprit an Bord unterwegs sind und sich die Windrichtung geändert hat. Die Fahrer müssen sich zuerst wieder an diese Situation gewöhnen.»
Beide Lotus-Piloten rückten – genauso wie das Sauber-Duo – ohne das passive DRS aus. Das Team aus Enstone verzichtete auch darauf, den Low-Downforce-Heckflügel ans Auto zu schrauben – genauso wie Ferrari. Mercedes entschied sich anders und liess beide Silberpfeile mit dem neuen Heckflügel auf die Strecke.
Das McLaren-Duo und die Tücken der Technik
McLaren-Star Jenson Button musste sich gedulden, weil an seinem MP4-28 ein Problem mit der Hinterradaufhängung behoben werden musste. Zudem sorgte die Elektronik für tiefe Sorgenfalten in der Box des Briten. Und damit nicht genug: Der Weltmeister von 2009 beschädigte sich die Planke (vorgezogener Teil des Unterbodens) am Übergang zum Unterboden. Die Reparatur nahm 18 Minuten in Anspruch. Die McLaren-Ingenieure nutzten die Gelegenheit, um die Gurneys (kleine Abrisskanten, der Name geht auf den Erfinder Dan Gurney zurück) an Buttons Heckflügel zu entfernen. Aber auch danach war er nicht zufrieden: «Das Auto fühlt sich kaum anders an, wir erhalten nicht, was wir uns von diesem Wechsel versprochen haben», klagte er, nachdem er den Heckflügel mit weniger Abtrieb ausprobiert hatte.
Hoher Reifenverschleiss bei Ferrari
Auch die Geduld von Buttons Teamkollege Sergio Pérez wurde auf die Probe gestellt. Der Mexikaner, der mit weniger Abtrieb unterwegs war als sein Nebenmann, beschädigte seinen Renner bei einer Probefahrt. Unterboden und Planke mussten ersetzt werden, was wertvolle 15 Minuten dauerte. Auch Räikkönen ruinierte sich seinen Unterboden und liess Eingangs der Start-Ziel-Geraden ein Teil seines Lotus auf der Strecke liegen.
Die Ferrari-Fahrer Felipe Massa und Fernando Alonso berichteten über Funk, dass sie mit der Balance ihrer Renner zufrieden sind. Der Reifenverschleiss auf der härteren Reifenmischung sei aber zu hoch. Kurz darauf bogen beide rote Renner an die Box ab, um die weicheren Walzen aufziehen zu lassen. Alonso absolvierte den Heimweg im Schleichgang. Davidson kommentierte lachend: «Es ist schon witzig, wie das Hirn funktioniert. Das Erste, worauf ich dann achte, ist: sind alle vier Reifen noch okay?»
Mercedes mit mehr Sprit im Tank?
Am Ende war wie schon im zweiten Training Tags zuvor Weltmeister Sebastian Vettel der schnellste Mann auf der Piste. Nur 0,105 Sekunden langsamer umrundete Alonso den belgischen Traditionskurs. Den dritten Platz sicherte sich Vettels Teamkollege Mark Webber. Mit einer beeindruckenden Zeit von 1:48,776 min sicherte sich Toro-Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne, der mit einer asymmetrischen Frontflügel-Konfiguration unterwegs war, den vierten Platz.
Das Mercedes-Duo reihte sich weiter hinten ein: Nico Rosberg drehte die neuntschnellste Runde, Ungarn-Sieger Lewis Hamilton musste sich gar mit Platz 12 begnügen. Die Experten rätselten über die Gründe dafür: Entweder waren die Mercedes-Piloten mit mehr Sprit im Tank unterwegs – denn 10 Kilogramm Treibstoff machen hier ganze acht Zehntelsekunden pro Runde aus – oder die Ingenieure schickten die Beiden angesichts des erwarteten Regens mit mehr Abtrieb auf die Piste.