Kimi Räikkönen: «Ewig kann Glück nicht währen»
Die Lotus-Piloten Romain Grosjean und Kimi Räikkönen im Nahkampf
Schon nach wenigen Runden rauchte es aus der Vorderradbremse von Lotus-Star Kimi Räikkönen wie aus dem Schornstein einer alten Dampflokomotive. Ex-GP-Pilot Martin Brundle: «Der schwarze Kohlefaserstaub deutete auf übermässigen Verschleiss der Bremsscheiben hin.» Unser Technikexperte Gary Anderson ergänzt: «Lotus hat für dieses Rennen die Bremsbelüftung optimiert. Die Toleranzen bei diesen hochkomplexen Verschalungen und Belüftungen werden immer kleiner. Da reicht ein kleines Trümmerteil von der Bahn oder Reifenabrieb der Gegner, um die Temperaturen in kritische Bereiche zu schiessen.» Nach einigen Runden jedoch schienen sich die Probleme von selber erledigt zu haben. Woher kam die Wunderheilung?
Nochmals Martin Brundle: «Wenn der Wagen mit weniger Sprit an Bord leichter wird, dann haben auch die Bremsen weniger zu tun. Überdies kann der Fahrer mit dem Verstellen der Bremsbalance auf solche Probleme reagieren.»
Der Hauptdarsteller selber, Kimi Räikkönen, meinte: «Ja, es gab zu Beginn des Rennens Probleme mit den Bremsen, aber wir hatten das im Griff. Scheinbar ...»
In der 25 Runde – Kimi lieferte sich ein Duell mit Felipe Massa um Rang 7 – griff der Finne in der Busstop-Schikane den Brasilianer an. Kimi fuhr seltsam geradeaus, dann bog er gleich Richtung Box ab: «Bremsversagen, ich komme herein!»
Gary Anderson lag mit seiner Einschätzung richtig: Die Lotus-Techniker vermuten, dass ein Abreissvisier die Bremsbelüftung verstopfte, bevor es wieder davonflatterte. Die Bremsscheibe erholte sich zu einem gewissen Masse, war aber schon zu stark verschlissen, um die ganze Renndistanz durchzuhalten.
Später sagte der Weltmeister von 2007: «An diesem Punkt war ans Weiterfahren nicht zu denken. Beklagen kann ich mich nicht. Die Standfestigkeit meines Autos war vorbildlich. Ich wusste, dass mein Glück nicht ewig währen würde, dass es irgendwann einmal mich treffen würde, und dieser Tag war eben heute.»
Damit ging eine unglaubliche Serie zu Ende: 38 Mal in Folge tauchte Kimi als gewertet im Klassement eines Grand Prix zurück, letzter Ausfall vor Belgien 2013 – Hockenheim 2009, wegen eines defekten Kühlers im Ferrari. 27 Mal in Folge war Kimi überdies unter die besten Zehn vorgestossen, auch diese Serie ist dahin.
In der WM ist der Finne von Rang 2 auf Rang 4 zurückgefallen. Aber WM-Leader Sebastian Vettel schreibt seinen Kumpel noch nicht ab: «Klar sind mehr als 60 Punkte Rückstand eine Menge, aber wir haben noch sehr viel mehr Punkte, die man gewinnen kann, insofern schreibe ich auch Kimi im Kampf um die WM nicht ab.»
Schwerer als der Ausfall von Kimi wiegt die Tatsache, dass Lotus hier einfach nicht schnell genug gewesen ist. Alan Permane, der leitende Ingenieur: «Wir waren im Qualifying zu langsam und im Rennen auch. Ich hoffe, dank neuer Teile wird es in Monza besser laufen.»