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Sebastian Vettel: «Singapur, das ist reine Hassliebe»

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel konnte 2011 und 2012 (Foto) in Singapur gewinnen

Sebastian Vettel konnte 2011 und 2012 (Foto) in Singapur gewinnen

Der dreimalige Formel-1-Champion über die Anforderungen der Singapur-Nächte, das Ferrari-Duo Räikkönen/Alonso und den Schritt in die Turbo-Ära 2014.

Sebastian Vettel federt heran, die Haare frisch geschnitten – um bei einem Thema zu bleiben, das unmittelbar nach der Sommerpause in Belgien grösser würde als dem Champin lieb war. Er wird ein wenig wie Tim von Tim & Struppi, und so ganz unangemessen ist der Vergleich nicht: auch die weltberühmte Comicfigur ging als unheimlich neugierig auf die Welt und erfolgsorientiert durchs Leben, erkennen Sie darin einen gewissen Rennfahrer?

Sebastian, welches ist von den beiden Strassenkursen von Monaco und Singapur der Schwierigere?

Generell sind Strassenkurse sehr technisch und anforderungsreich. Die Piste von Singapur ist markant länger, sowohl Strecke als auch Rennlänge. Dann fahren wir natürlich im Dunkeln. Nicht zu vergessen die höhere Lufttemperatur- und -feuchtigkeit – alles in allem verlangt einem Singapur schon mehr ab.

Wie macht sich für den Fahrer der Unterschied zwischen Tages- und Kunstlicht bemerkbar?

Zunächst einmal ist es wirklich hell genug, so dass man gut sieht, wo man hinfährt. Aber es ist für die Augen schon anders. Man merkt, dass man noch konzentrierter fährt und noch mehr auf Details achtet. Denn obschon es zwar hell genug ist, so ist Tageslicht eben doch nicht zu ersetzen. Am Schluss merkt man dann, dass man müder ist.

Du kennst Kimi Räikkönen und Fernando Alonso gut. Was hältst du von der nächstjährigen Ferrari-Fahrerpaarung?

Es liegt nicht an mir, ein Urteil darüber abzugeben, ob das nun die richtige Wahl ist oder nicht. Es gibt sicher, bei Ferrari gab es jede Menge guter Gründe, so zu handeln. Sonst hätten sie es ja nicht getan. Ich kenne Kimi natürlich besser als Fernando. Er ist sehr geradeheraus, mit ihm erhält man einen umkomplizierten, politisch desinteressierten Stallgefährten. Für Kimi ist das eine feine Sache, ein Schritt nach vorne.

Ferrari hat sich für zwei erfahrene Piloten entschieden, Red Bull Racing nicht. Ist das nicht ein Nachteil für euch?

Das glaube ich nicht. Ausserdem macht ja bekanntlich Übung den Meister, und da gehört auch den Jungen eine Chance. Wir machen für 2014 einen so grossen Schritt von den Autos her, da bin ich nicht davon überzeugt, dass die Erfahrungen mit den bisherigen Fahrzeugen eine so grosse Rolle spielen. Wichtiger erscheint mir: Wie entschlossen ist ein Pilot, wie sehr ist er gewillt, sich ins Zeug zu legen, um Auto und Team vorwärts zu bringen? Wie stark bringt er sich im Rennstall ein? Wie oft sitzt er im Simulator? Ich finde, es kommt mehr darauf an. Dennoch: Ferrari hat mit Alonso und Räikkönen eine exzellente Fahrerfrage, das wird eine harte Nuss zu knacken.

Wird Kimi nachgeben, wenn es mit Fernando hart auf hart geht?

Leute, die sich durchgesetzt haben, verlieren nicht gerne. Kimi wird auf alles pfeifen und stehenlassen und für sich schauen – wie andere Siegertypen auch.

Gehört es zu einer grossen Karriere, dass man sich an der Seite eines anderen Champions bewährt hat?

Nun, es kann ja sein, dass Daniel Ricciardo nächstes Jahr Weltmeister wird. Hm, dann würde ich allerdings ziemlich dumm dastehen. Allerdings würde ich somit 2015 an der Seite eines Weltmeisters fahren! Aber ernsthaft: Es wird immer Vergleiche und Theorien darüber geben, wie stark ein gewisser Fahrer wirklich gewesen ist, gemessen daran, wer an seiner Seite fuhr. Aber ich fand nicht, dass ich an der Seite von Mark Webber leichtes Spiel hatte, selbst wenn er nicht Weltmeister geworden ist.

Wir kennen das von Schumi her: Wenn ein Fahrer etwas oft gewinnt, dann wird das für manchen Zuschauer eintönig, und der Sieger erhält vielleicht nicht jene Anerkennung, die ihm eigentlich gebührt. Ist das für dich frustrierend?

Man muss mit dieser Situation umzugehen lernen. Es gibt ja auch Positives: Wir haben beispielsweise eine viel breiter Fanbasis als früher. Aber es stimmt schon: Ich weiss, dass einige etwas müde sind, uns gewinnen zu sehen, aber wir selber sind weiter siegeshungrig. Bei uns hat sich der Grundgedanke nie geändert: Wir nehmen Erfolg nicht als selbstverständlich und treten jedes Mal mit dem gleichen Ehrgeiz an.

Mit welcher Einstellung bist du nach Singapur gekommen?

Ich will gewinnen. Ich liebe diese Strecke. Es ist aber eigentlich eine Hassliebe. Es ist eine unheimliche Herausforderung, also umso süsser, wenn du siegen kannst. Aber es ist auch ein überaus hartes Stück Arbeit. Es muss alles stimmen, schon im Qualifying. Das Rennen ist ein echter Marathon, eines der anstrengendsten Rennen des Jahres. Das manchmal Seltsame: Obschon wir ja erst zum sechsten Mal hier sind, fühlt sich Singapur für alle als GP-Klassiker an.

Von wem erwartest du am meisten Gegenwehr?

Mercedes wird stark sein, die wurden meiner Meinung nach in Monza unter Wert geschlagen. Lewis und Nico selber sind auf Strassenkursen immer besonders stark.

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