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Red Bull baut Vettel-Auto

Von Peter Hesseler
Red Bull-Teamchef Christian Horner

Red Bull-Teamchef Christian Horner

Der Einsatzwagen von Red Bull Racing für 2010 wird laut Teamchef Christian Horner auf den deutschen Shooting-Star zugeschnitten. Dies und mehr im grossen Interview.

Im Interview Christian Horner erklärt der Teamchef von Sebastian Vettel und [*Team 123 Red Bull Racing*], vor dem Grossen Preis von Deutschland am 12. Juli auf dem Nürburgring die Lage im Team der Stunde. Der Brite nimmt Stellung zur Wettbewerbsfähigkeit des Autos, seiner Fahrer und zur langfristigen Rolle des Heppenheimers in seinem Rennstall.


Herr Horner, für den Grossen Preis von Grossbritannien wurde der Red-Bull-Renault massiv umgebaut. Und Ihr Team landete mit [*Person 274 Sebastian Vettel*] und [*Person 275 Mark Webber*] einen souveränen Doppelsieg. Können Ihre Fahrer für den Deutschland-GP wieder technische Neuerungen erwarten?

Horner: Nur in sehr geringem Umfang. Die Entwicklungen für das Rennen in Silverstone waren doch schon sehr üppig. Nun bringen wir immerhin einige kleinere aerodynamische Neuteile, die wir im spanischen Idiada getestet und für gut befunden haben.

Der Red Bull-Renault läuft vor allem in den schnellen Kurven gut, aber ist das Auto auch in den langsamen und mittelschnellen Passagen auf dem Nürburgring stark genug?

Horner: Wir waren in Silverstone in allen Streckenabschnitten die Schnellsten, und erstmals in diesem Jahr auch im langsamsten Sektor, was bisher die Domäne der Brawn-Mercedes war.

Kann Red Bull Racing die führenden Brawn-Mercedes trotz 25 Punkten Rückstand von Sebastian Vettel auf Jenson Button im Titelrennen noch abfangen?

Horner: Wir haben in England an einem Wochenende als Team neun Punkte aufgeholt, Vettel in der Fahrerwertung sieben. Wir werden also weiter versuchen, grosse Stücke vom Rückstand wegzufahren.

In der Eifel ist es tendenziell kühler, was Ihrem Auto behagt. Aber die vielen Rennen danach spielen meist bei grosser Hitze, die Red Bulls Reifenverschleiss erhöhen. Beunruhigt sie das?

Horner: Nicht im geringsten. Es ist ein altes Märchen, dass die Hitze unsere Reifen killt. In Bahrain, wo es heiss war, waren wir gut. In Barcelona auch. Wir sind wirklich gelassen hinsichtlich dieses Wettbewerbsaspekts.

Sie klingen ja echt begeistert vom Auto. Sehen Sie denn gar keine Schwachpunkte mehr?

Horner: Also unsere Techniker, angeführt von Adrian Newey, sind nie glücklich. Die machen immer noch mehr Druck für Verbesserungen.

Und was haben Sie auf Fahrerseite seit dem England-GP verbessert?

Horner: Sie scherzen. Der Doppelsieg hat bestätigt, dass wir mit Sebastian und Mark Webber die stärkste Fahrerpaarung im Feld haben. Und beide Fahrer sind sehr zielgerichtet und ehrgeizig. Die haben anständig gelebt und trainiert.

Erstaunlich, für Vettel, mit seinen 22 Jahren?

Horner: Ja, aber so ist Sebastian eben, ein seriös arbeitender junger Mann. Dem vertrauen wir voll. Wir wissen einfach, dass er sich mit dem beschäftigt, was ihm gut tut. Und dass er hart arbeitet.

Wäre Kontrolle nicht besser?

Horner: Nein, sicher nicht. Der ist schon so lange Profi und im Geschäft und macht immer seinen Job. Ausserdem hat er einen sehr guten Trainer.

Vettel wird von Red Bull mit enormen PR-Aufgaben belastet. Stört Sie das nicht?

Horner: Nein. Red Bull ist in dieser Hinsicht besser als jedes andere Team. Schauen Sie doch doch mal McLaren-Mercedes an. So wie die wollen wir unsere Fahrer (Lewis Hamilton und Heikki Kovalainen, die Red.) nicht verarbeiten. Die Red-Bull-Programme werden ausserdem so gestaltet, dass sie unseren Jungs Spass machen.

Trotzdem wird der Hype um Vettel in Deutschland auf dem Nürburgring einen neuen Höhepunkt erreichen.

Horner: Davor ist mir nicht bange. Wir werden ihn nicht mit Terminen überfrachten. Er wird sich auf das Rennen vorbereiten können wir auf jedes andere.

Wie viel Potenzial steckt noch in ihm drin?

Horner: Das ist noch viel Potenzial, er ist noch so jung und an einem relativ frühen Punkt seiner Karriere. Er wird sich allein dadurch verbessern, dass er ständig Erfahrung sammelt und Kenntnisse, etwa technischer Art, dass seine Lernkurve noch für einige Zeit beständig nach oben zeigen wird.

Von seiner mangelnden Erfahrungen abgesehen: Was kann er noch verbessern?

Horner: Seine Witze, die sind manchmal echt schlecht.

Sie fuhren in der ersten Saisonhälfte mit Vettel stets aggressive Strategien, in Silverstone erstmals nicht. Er fuhr mit viel Benzin los und gewann. Ist das jetzt der neue Weg?

Horner: Das Tempo ist es, was die Strategie bestimmt. Wir hatten in England so viel mehr Tempo als die Gegner, dass wir uns das erlauben konnten. Wir werden in der Qualifikation in Abschnitt 1 und 2 auf dem Nürburgring sehen, was im Auto steckt. Und dann vor dem dritten Abschnitt entsprechend tanken.

In Barcelona haben Sie erklärt, dass Vettel die Nummer 1 im Team sei und dieses um ihn herumgebaut und strukturiert werden würde, so wie Renault um Fernando Alonso oder früher Ferrari um Michael Schumacher. Vorige Woche sagten Sie dann überraschend: Es gibt keine Nummer 1 bei Red Bull Racing. Was denn nun?

Horner: Die Situation ist so, dass beide unsere Fahrer mit absolut identischen Material ausgerüstet und gleichermassen unterstützt werden. Aber mit der Art, wie Sebastian fährt, ist es logisch für ein Team, sein Auto seinem Stil entsprechend zu entwickeln. Und das wird unweigerlich passieren. Der RB6, der Red Bull für nächstes Jahr, wird stark durch die Art geprägt sein, wie Sebastian fährt. Zum Glück fährt Mark Webber ähnlich, was die Entwicklungsaufgabe für das Team erheblich erleichtert.

Wenn es keine Nummer 1 bei Red Bull gibt, herrscht bei Ihnen offener Wettbewerb?

Horner: Ja, erst wenn einer unserer Fahrer in der WM ab einem bestimmten Zeitpunkt reelle Titelchancen hat und der andere nicht mehr, wird der mit weniger Punkten eine eher unterstützende Rolle auszufüllen haben. Aber jetzt ist dazu zu früh, denn Webber und Vettel trennen nur 3,5 Punkte bei neun ausstehenden Rennen.

Und dieser Fahrplan wird gelten, ganz gleich wer von beiden am Tag X vorne liegt?

Horner: Ja. Beide Fahrer sind schliesslich Red-Bull-Angestellte. Sebastian war in der ersten Saisonhälfte etwas unglücklich, da er in Melbourne, in Sepang und in Monaco eine Menge Punkte liegen liess, während Webber einen konstanten Lauf hatte. Diese Dinge balancieren sich aus, aber zeigen, dass es falsch wäre, zu früh auf einen Kandidaten zu setzen.

Werden Sie beide Fahrer behalten?

Horner: Sebastians Vertrag läuft bis Ende 2010. Mark Webbers Vertrag läuft theoretisch Ende dieses Jahres aus. Aber er fährt hervorragend. Wir sind sehr glücklich mit ihm. Die Saison ist erst zur Hälfte vorbei, deshalb sind wir noch nicht in Verhandlungen für 2010.

Sie sollen für 2010 an Mercedes-Motoren interessiert sein.

Horner: Ich denke wir haben einen laufenden Vertrag mit Renault. Und der läuft aus. Die bieten einen fantastischen Service. Aber es ist offensichtlich unsere Aufgabe, alle möglichen Optionen auszuschöpfen.

Interview: Peter Hesseler

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