Schumacher: Ohne Helm tot, bleibende Schäden?
Michael Schumacher
Der siebenfache Formel-1-Champion Michael Schumacher liegt seit gestern Sonntag in der Uniklinik von Grenoble im künstlichen Koma. Vor dem Krankenhaus sind Dutzende von Übertragungswagen aufgefahren, Fans des Rennfahrers beten vor dem Spital für ihr Idol. Das weltweite Interesse am Gesundheitszustand des 91fachen GP-Siegers ist riesig.
Erstmals nun haben die Ärzte anlässlich einer Pressekonferenz über den Zustand des früheren Ferrari- und Mercedes-Fahrers informiert: Die Ärzte bestätigen – alles ist noch schlimmer als befürchtet. Michael Schumacher hat gravierende Verletzungen des Gehirns erlitten und schwebt in akuter Lebensgefahr.
Zur Erinnerung: Michael Schumacher war kurz nach 11 Uhr gestern Sonntag im Skigebiet von Méribel zwischen zwei markierten Pisten zu Fall gekommen und mit dem Kopf an einen Felsen gestossen. Die französischen Rettungskräfte reagierten schnell und effizient. Wenige Minuten nach dem Unfall waren die ersten beiden Spezialisten vor Ort, sie alarmierten umgehend den Rettungs-Helikopter. Schumacher war nach dem Unfall anfangs bei Bewusstsein, wirkte aber fahrig und konnte nicht alle Fragen der Rettungskräfte beantworten, anschliessend verlor er das Bewusstsein. Keine Stunde nach dem Unfall (kurz vor 12.00 Uhr) wurde Schumacher bereits im Krankenhaus von Albertville-Moutiers untersucht, von dort wurde er eine weitere Stunde später in die Uniklinik von Grenoble verlegt.
Michael Schumacher erlitt bei seinem Sturz in den französischen Alpen ein schweres Schädel-Hirntrauma. Der Aufprall muss bei hoher Geschwindigkeit passiert sein, so die Überzeugung der Ärzte. Sein neurologischer Zustand war bei der Einlieferung ins Krankenhaus schlimm, gemäss den Ärzten lag er im Koma und musste sofort operiert werden. Schumacher erlitt Blutergüsse und Prellungen im Hirn, die Ärzte sprechen von «diffusen, bilateralen Verletzungen». Das heisst: verbreitete Verletzungen im Hirnbereich.
Die französischen Spezialisten erklären, dass Schumacher ohne Helm den Unfall kaum überlebt hätte. Aber selbst mit Helm seien die Verletzungen sehr gravierend. Abgesehen vom Schädelhirn-Trauma gibt es keine weiteren Verletzungen. Schumacher war offenbar mit der rechten Schädelseite aufgeprallt.
Schumachers Lage ist gemäss den Ärzten «überaus ernst». Professor Stéphan Chabardès: «Herr Schumacher wurde in kritischem Zustand bei uns eingeliefert und bleibt in diesem Zustand. Ein erster Scan seines Kopfs hatte ergeben, dass es zu einer Blutung im Schädel gekommen war, dazu zu Prellungen des Gehirns und diffusen Ödemen, also verbreiteten Schwellungen aufgrund von angesammelter Flüssigkeit. Eine sofortige Operation war unumgänglich.»
Über den Krankheitsverlauf, allfällige bleibende Schäden oder die Genesung können die Ärzte derzeit nicht sagen.
Professor Jean-François Payen, leitender Anästhesist: «Herr Schumacher wird im künstlichen Koma und im Zustand der Hypothermie gehalten, der Körper wird also gekühlt. Unser Ziel besteht darin, so viele äussere Stimuli als möglich zu vermeiden, um das Gehirn so gut es geht mit Sauerstoff zu versorgen. Wie lange der Patient in diesem Zustand belassen werden muss, ist heute nicht abzuschätzen. Wir haben uns vor dieser Pressekonferenz auch darüber abgesprochen, keinerlei Aussagen über einen Heilungsprozess zu machen. Dazu ist es viel zu früh. Wir müssen seinen Zustand ständig überwachen. Wir wissen, was wir uns von der Operation und der weiteren Behandlungsmassnahmen erwarten, dennoch wollen wir uns nicht über die Erfolgsaussichten äussern.»
Aus Respekt für die Familie Schumacher sprechen die Ärzte nicht über Einzelheiten der Verletzungen. Ein weiterer Eingriff ist derzeit nicht geplant.
Der deutsche Spezialist Dr. Christoph Specht schätzt bei den Kollegen von n-tv die Lage so ein: «Diese Worte der französischen Spezialisten machen mir grosse Sorgen. Wir sprechen also nicht nur von Hirnschwellungen, sondern von weiter reichenden Verletzungen, von Hirnprellungen. Ich schätze derzeit die Wahrscheinlichkeit für Folgeschäden als sehr gross ein, selbst wenn wir natürlich hier im spekulativen Bereich sind und jede Gehirnverletzung anders verläuft. Das macht es ja auch so schwierig abzuschätzen, was mit dem jeweiligen Patienten passiert. Was aber jetzt schon sicher ist: Das wird ein sehr langer Heilungsprozess. Wir sprechen da nicht über Tage und Wochen.»
Dr. Spechts Arbeitskollege Dr. Denis Safran sagt im französischen Fernsehen: «Die kommenden Tage sind entscheidend. In einer solchen Situation kann sich der Zustand des Patienten sehr schnell in die eine oder in die andere Richtung verändern. Sollte sich der Zustand von Michael Schumacher verschlechtern, dann kann es sehr schnell gehen. Je länger sich der Zustand von Schumacher nicht verschlimmert, desto eher spielt die Zeit für ihn.»