2. Training Silverstone: Mercedes mit Problemen
Lewis Hamilton drehte im Nachmittagstraining auf dem Silverstone Circuit die schnellste Runde – obwohl er die letzte halbe Stunde verpasste
Die Williams-Mechaniker hatten über Mittag ganze Arbeit geleistet und den Motor an Valtteri Bottas’ FW36 ausgewechselt, sodass der Finne gleich zu Beginn des Nachmittagstrainings ausrücken konnte. Felipe Massa, der seinen Dienstwagen am Morgen noch in die Reifenstapel gesetzt und dabei erheblich beschädigt hatte, musste sich hingegen gedulden. Immerhin blieb das Chassis des kleinen Brasilianers beim Abflug unversehrt, doch die erste halbe Stunde fand ohne den zweiten Williams-Renner auf der Strecke stastt.
Gedulden musste sich auch Formel-1-Champion Sebastian Vettel, an dessen Auto noch eifrig geschraubt und geklebt wurde, als die Boxenampel schon auf grün gesprungen war. Der Red Bull Racing-Pilot befand zum Start des Trainings noch nicht einmal in der Box des Weltmeisterteams, sondern sass noch seelenruhig in der Energy Station.
«Das muss was Grösseres gewesen sein», rätselte denn auch Marc Surer. Der ehemalige GP-Pilot und Formel-1-Experte des TV-Senders Sky Sport 1 fügt an: «Offensichtlich musste auch der Unterboden abmontiert werden. Aber so ist das heutzutage nun einmal, die Autos sind sehr kompliziert geworden.» Kurz darauf war klar: Ein Bremsproblem vorne rechts sorgte für die Verspätung. Knapp 20 Minuten nach dem Trainingsstart konnte sich der Heppenheimer, der gestern seinen 27. Geburtstag feierte, endlich eine Rundenzeit notieren lassen.
Wind sorgt für Probleme
Vettel war nicht der Einzige, der Probleme bekundete. Auch Sauber-Pilot Adrian Sutil musste Schwerstarbeit im Cockpit leisten, um seinen Renner auf der Strecke zu halten. Surer kommentierte: «Das ist das typische Bild bei Sauber, das Heck bricht immer noch aus. Auf dieser Strecke braucht man aber ein enormes Vertrauen ins Auto, damit man mit mehr als 200 km/h in die Kurven fährt – etwa in der Copse-Kurve, die man mit unglaublichen 280 km/h anfährt. Da muss man wissen, was das Auto macht.»
Ein Grund für das Übersteuern dürften die Windverhältnisse gewesen sein, die sich seit dem ersten Training am Morgen verändert hatten. Am Nachmittag hatten die Piloten Rückenwind, weshalb die Autos zum Übersteuern neigten. Force India-Pilot Nico Hülkenberg, der am Morgen zugunsten von Testfahrer Daniel Juncadella hatte aussetzen müssen, beschwerte sich über Boxenfunk: «Ich habe starkes Übersteuern, die Strecke hat mehr Grip, aber jetzt bricht das Heck überall aus.»
Auch McLaren-Pilot Jenson Button, der zu Trainingsbeginn das Tempo vorgab, beschwerte sich über die Hinterreifen. Surer erklärte: «Das scheint das Hauptproblem von allen Piloten zu sein. Die Hinterreifen scheinen nicht auf Temperatur zu kommen. Wir dürfen nicht vergessen, sie sind jetzt mit der härtesten Slick-Mischung unterwegs.»
Romain Grosjean: «Sehr, sehr schlecht»
Noch deutlichere Worte fand Romain Grosjean, der in den Funk schimpfte: «Es ist wirklich schlecht, wirklich sehr, sehr schlecht.» Als sein Renningenieur nachfragte, ob er damit die Fahrzeugbalance auf der Bremse oder etwas anderes meine, lautete seine Antwort: «Ich meine alles!»
Ex-GP-Pilot Anthony Davidson weiss: «Das ist ungefähr das Letzte, was du hier in Silverstone haben willst. Du weisst in diesem Moment als Fahrer nie, wie viel Druck du beim kommenden Bremsmanöver benutzen darfst. Was mir auffällt – Romain Grosjean hat solche Probleme öfter als Pastor Maldonado. Warum das so ist, weiss ich auch nicht.»
Kurz darauf pflügte sich Grosjean in der Luffield-Kurve durch das Kiesbett. Hinterher steuerte der französisch-schweizerische Doppelbürger gleich die Box an. «Das Auto muss dringend von allen Steinchen und dem aufgewirbelten Dreck gereinigt werden», weiss auch Surer.
Zeitenjagd auf der weicheren Reifenmischung
Nach der ersten halben Stunde rückte das Mercedes-Duo auf der weicheren Reifenmischung aus. Dabei war Lewis Hamilton der Schnellere – wie schon auf den härteren Reifen konnte er seinen Teamkollegen Nico Rosberg um zwei Zehntelsekunden distanzieren.
Auch Ferrari-Star Fernando Alonso konnte sich auf den Medium-Reifen verbessern. Der Weltmeister von 2005 und 2006 geriet auf seiner schnellen Runde in den Verkehr und blieb damit fast sieben Zehntel langsamer als der Spitzenreiter. Weltmeister Vettel zog mit, verpasste die Bestzeit seines Teamkollegen Daniel Ricciardo nur um knapp eine Zehntel und blieb damit mehr als eine Sekunde langsamer als die Silberpfeil-Piloten.
Lewis Hamilton mit Problemen!
Auch in der letzten halben Stunde war viel los: Kaum hatten sich die Formel-1-Stars der Rennsimulation zugewendet, rollte Hamilton aus. Der Weltmeister von 2008 funkte enttäuscht an die Box: «Der Motor ist ausgegangen.» Nachdem sich Surer den Ausfall nochmals angeschaut hatte, erklärte auch er: «Da geht das ganze Auto einfach aus. Es sieht also nicht nach einem Motorschaden aus, sondern nach einem Systemausfall.»
Auch Marcus Ericsson musste seinen Dienstwagen abstellen. Der Caterham-Pilot aus Schweden rollte in der alten Boxengasse aus. Toro Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne musste seinen Dienstwagen wegen eines losen linken Vorderrades abstellen. Und bei Bottas löste sich in den letzten Minuten des Trainings die Motorverkleidung ab.
Weil sich das gesamte Feld auf die Rennsimulationen konzentrierte, änderte sich an der Spitze der Zeitenliste nichts mehr. Hamilton blieb der Schnellste vor Rosberg, Alonso, Ricciardo, Vettel, Bottas, Button, Kevin Magnussen, Kimi Räikkönen und Jean-Eric Vergne. Massa, Daniil Kvyat, Esteban Gutiérez, Pastor Maldonado, Romain Grosjean, Sergio Pérez, Nico Hülkenberg, Adrian Sutil, Kamui Kobayashi, Max Chilton, Ericsson und Jules Bianchi, der von einem Batterie-Problem eingebremst wurde, komplettierten die Zeitenliste.