David Coulthard: «Lewis Hamilton braucht Wirbel»
David Coulthard war von Lewis Hamiltons Einstellung beeindruckt
David Coulthard ist beeindruckt. Der frühere Formel-1-Pilot aus Schottland hat in 246 Grands Prix fast alles gesehen, was man als Rennfahrer sehen kann. Der Ex-Pilot von Williams, McLaren und Red Bull Racing war auch einer jener, die nach dem Monaco-GP-Wochenende Lewis Hamilton kritisierten – als sein Landsmann nach dem umstrittenen Qualifying in Monte Carlo und dem Triumph seines Stallgefährten Nico Rosberg schmollte. Nun aber ist David voll des Lobes.
«Alles schien sich gegen Lewis verschworen zu haben. Er musste einige Niederlagen gegen Rosberg einstecken, das Qualifying in England war ein Schlag ins Wasser. Für die britischen Fans schien sich ein weiteres Desaster anzukündigen – Andy Murray war in Wimbledon gescheitert, Mark Cavendish musste bei der Tour de France aufgeben. Also sehnten sie sich so fest nach einem Erfolg von Lewis beim Heimrennen in Silverstone. Die Chancen standen nach der Trainingsschmach nicht gut. Ich machte mir am Samstagabend Sorgen um ihn, für mich hatte er eine exzellente Gelegenheit einfach weggeworfen.»
Aber dann kam alles anders.
David Coulthard weiter: «Mir kommt es oft so vor, als brauche Lewis Hamilton ein wenig Wirbel, um über sich hinauszuwachsen. Wie er die Niederlage im Training verdaut hat und dann im Rennen auftrumpfte, das beweist, welch grosser Champion er ist. Der Druck war gross. Ich weiss das, denn ich bin oft hier gefahren und war glücklich genug, 1999 und 2000 gewinnen zu können. In Silverstone zu siegen, ist für mich bis heute ein Highlight meiner Karriere, und ich bin sicher, das geht Lewis auch so.»
«Als ich Lewis dann bei der Fahrerparade sah, die Art und Weise, wie er mit den Fans umging, da spürte ich, dass etwas in der Luft liegt. Er hatte ganz offenbar seine Enttäuschung verdaut und wirkte so unglaublich positiv. Er schien den Ansporn der ganzen Fans wie ein Schwamm aufzusaugen.»
David Coulthard in seiner Kolumne für den «Daily Telegraph» weiter: «Lewis’ Dad Anthony hat bei der BBC etwas ganz Wichtiges gesagt: 'Lewis ist der nette Junge von nebenan, sehr offen, manchmal stolpert er über die eigene Ehrlichkeit – denn Menschen benutzen sie gegen ihn.' Ich selber finde, Lewis ist ein miserabler Schauspieler, was du siehst, ist Sache. Und wenn man den ganzen Lifestyle, den Privatflieger, die VIP-Freundin, das alles also weglässt, dann ist der Mensch im Kern noch immer der Gleiche. Er ist sauschnell, er ist ehrlich – und im Moment ist er wieder glücklich.»
«Ich fand es auch schön, wie er die Tradition in Silverstone ehrte und darüber maulte, wo der Gold-Cup sei ...»
«Für seinen WM-Kampf ist Silverstone ein elementares Rennen gewesen. Lewis wusste ganz genau, dass er sich etwas einfallen lassen muss, um den Schwung von Nico zu brechen. Jetzt noch ein Sieg in Deutschland, dann führt er wieder die WM an. Die notwendige Selbstsicherheit hat er in Silverstone getankt, an seinem Speed hat sowieso nie jemand gezweifelt, das Lächeln ist zurück in seinem Gesicht. Mehr hätte er sich vom Heimrennen nicht erträumen können.»