Lewis Hamilton in Singapur: Triumph der Gerechtigkeit
Yes! Lewis Hamilton feiert seinen Sieg in Singapur
Mit 22 Punkten Rückstand ging Lewis Hamilton in den Singapur-GP, mit drei Zählern Vorsprung hat er den Stadtstaat verlassen – besser hätte es für den Weltmeister von 2008 nicht laufen können. Vor dem Rennen hatte der Mercedes-Star gegrübelt: «Noch einen Ausfall wie in Australien, Kanada und Belgien kann ich mir nicht leisten. Die Ausgangslage für Nico und mich für diesen Singapur-GP ist komplett verschieden – scheidet er aus, kann ich wieder rankommen. Scheide ich aus, ist der WM-Zug für mich vielleicht abgedampft.»
Nun jedoch liegt Lewis Hamilton erstmals seit Mitte Mai wieder in Führung der Formel-1-WM 2014. Damals ging er mit dem vierten Sieg in Serie mit 100:97 nach vorne. Kleine Fussnote: Noch jeder Fahrer, der in einer Formel-1-Saison vier Rennen in Folge gewinnen konnte, wurde im gleichen Jahr Weltmeister ...
Gegen aussen spricht Hamilton brav über den entgangenen Doppelsieg und davon, dass nicht alle im Team happy sind. Aber er weiss auch: der Ausfall seines Stallgefährten und WM-Rivalen Rosberg ist ein Fall von ausgleichender Gerechtigkeit. «Ich bin drei Mal ohne Punkte geblieben, Nico nur einmal», hatte er in einem Interview vor dem Nachtrennen festgehalten.
Auch die Stimmung im Fahrerlager widerspiegelt diesen Eindruck: die meisten fanden es schade, dass wir um ein tolles Duell geprellt worden sind, aber dafür beginnt der WM-Zweikampf wieder bei Null.
Zum Thema Glück oder Pech sagt der vierfache Weltmeister Sebastian Vettel stellvertretende: «Ich bin davon überzeugt, dass sich das im Laufe einer Saison immer ausgleicht.»
Hamilon übt sich dennoch in Demut. Der Engländer nach seinem 29. GP-Sieg: «Ich sitze jetzt nicht hier mit einem Gefühl der Erleichterung. Denn ich jage schon fast das ganze Jahr Nico hinterher, und jedes Mal, wenn ich das Gefühl hatte, dass ich auf gutem Weg bin, ist mir wieder etwas auf den Kopf gefallen. Ich weiss: ein Problem mit der Standfestigkeit, das kann jederzeit wieder passieren, auch mir. Diese Furcht fährt immer an Bord mit.»
Nach Ausfällen aufgrund von technischen Defekten steht es nun 2:2 – Hamilton hatte ein Problem mit dem Motor in Melbourne, in Montreal führten Schwierigkeiten mit der Energierückgewinnung zur Überlastung der Bremsen; Rosberg hatte Getriebeschaden in Silverstone und Elektrikdefekt in Singapur.
Was in der Punktetabelle nicht zu sehen ist: dass Lewis in Hockenheim und auf dem Hungaroring von ganz hinten losfahren musste – und beide Male noch Dritter wurde. Wo wäre er wohl gelandet, hätte er im Training keine technischen Probleme gehabt? In Hockenheim war es ein Bremsdefekt, in Ungarn ein Motorbrand.
Was in Singapur auch auffiel: Nach dem Riesenwirbel um die Kollision in Belgien und einer eher verkrampften Stimmung in Belgien scheint sich die Stimmung zwischen Hamilton und Rosberg normalisiert zu haben. Natürlich geht es noch immer um den Titel, und der Druck wird nicht geringer. Es ist auch durchaus damit zu rechnen, dass es erneut scheppern wird, und dann geht das ganze Geschrei von vorne los. Aber dennoch wirkte Rosberg nicht so bedrückt wie in Monza und Hamilton war sowieso das ganze Singapur-Wochenende riesig drauf.
Hamilton kann nun sieben Siege vorweisen, Rosberg vier. Rosberg hat hingegen sieben zweite Ränge, Lewis nur deren zwei. Keiner der beiden ist je schlechter als auf Platz 4 ins Ziel gekommen (Rosberg in Ungarn).
Der Eindruck drängt sich auf: an rohem Speed ist Hamilton überlegen, der konstantere Mann hingegen ist Rosberg.
Und wer ist nun Favorit?
Lewis Hamilton lacht: «Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich will einfach an jedem Wochenende das Maximum herausholen. Und in Singapur ist mir das gelungen.»